Mit Fernando Alonso (37/McLaren) verliert die Formel 1 nächste Saison einen Charakterkopf der alten Garde. Er wird ersetzt durch den Jungspund Carlos Sainz (24). Bei Ferrari beerbt Charles Leclerc (20) den Finnen Kimi Räikkönen (38), der zu seinen Anfängen in der Königsklasse des Motorsports zurückkehrt. FORUM gibt einen Überblick über den aktuellen Stand der Cockpitverteilung 2019.
Selten dreht sich das Fahrerkarussell für eine neue Saison so lange wie in diesem Jahr. Im Sommerloch, in der rennfreien Zeit, der sogenannten Silly Season, fing es in der Gerüchteküche an zu köcheln. Das Personal-Domino nahm Fahrt auf. Seit dem Paukenschlag, den Red-Bull-Pilot Daniel Ricciardo (29) mit seinem Wechsel zum französischen Werksrennstall Renault als neuer Teamkollege des Deutschen Nico Hülkenberg (31) auslöste, fing es an, in der „Küche" zu brodeln. Es ist die größte Überraschung auf dem Formel-1-Transfermarkt. Das Fahrerkarussell kam mit diesem Sensationswechsel und weitreichenden Folgen richtig in Schwung und ist zum Anhalten noch nicht bereit. Es folgten viele Puzzlestücke, zu viele Varianten und Variablen gerieten aus den Fugen. Widmen wir uns zunächst den besetzten Cockpits und gesetzten Piloten.
McLaren-Honda
Der 37-jährige Doppelweltmeister Fernando Alonso (2005, 2006) hat dem britischen Rennstall aus Woking gekündigt. Nach 17 Jahren in der Formel 1 sucht der Spanier in der nächsten Saison eine neue Herausforderung. Es sei Zeit für ein neues Abenteuer, teilte der 32-malige Grand-Prix-Sieger mit. Mit dann 38 Jahren versucht der Altmeister aus Oviedo 2019 sein Glück in der amerikanischen Indy-Car-Serie, nachdem es in der Formel 1 auch in seinem vierten Jahr mit McLaren-Honda nicht nach Wunsch läuft. Ein Nachfolger für Alonso wurde schnell gefunden. Carlos Sainz beerbt seinen spanischen Landsmann. Der 24-Jährige, noch in Diensten von Renault, erhält einen McLaren-Vertrag mit mehrjähriger Laufzeit.
Während Alonso von sich aus kündigte, wurde dem zweiten McLaren-Fahrer Stoffel Vandoorne (26) gekündigt. Der Belgier konnte die Erwartungen nicht erfüllen und erhielt schon in Hockenheim den blauen Brief. „Wir haben nicht den Erfolg erreicht, den wir uns erhofft hatten", gesteht Vandoorne. 2013 war der Belgier in das „Young Driver Programme" von McLaren aufgenommen worden, wurde 2014 zum Testfahrer, gewann 2015 überlegen die GP2 Series und wurde 2016 McLaren-Reservefahrer und 2017 Teamkollege von Alonso.
Als Vandoornes Nachfolger befördert McLaren seinen Junior-Fahrer Lando Norris. Der 18-jährige Brite, derzeit in der Formel 2 aktiv, ist bereits seit 2017 Teil des McLaren-Juniorprogramms, war zunächst vor allem als Test- und Simulator-Fahrer im Einsatz. In Spa und Monza durfte er aber auch schon erste Trainingseinsätze im Rahmen der GP-Wochenenden absolvieren. Das neue McLaren-Fahrer-Duo 2019 heißt also Carlos Sainz/Lando Norris.
Ferrari
Der italienische Traditionsrennstall hat im vergangenen Jahr seinen Starpiloten Sebastian Vettel (31) mit einem Dreijahresvertrag bis einschließlich 2020 geködert. Der Deutsche hält den Italienern also noch zwei weitere Saisons die Treue. 2019 geht er mit der Scuderia (Rennstall) in seine fünfte Saison. Mit Vettels Antritt bei Ferrari in der Saison 2015 war Kimi Räikkönen schon eine Saison lang Ferrari-Pilot (2014 von Lotus kommend zu den Italienern gestoßen) und seitdem Teamkollege des Deutschen. Nach dieser Saison hat der Finne, mit 38 Jahren der Alterspräsident der Formel 1, 20-maliger GP-Sieger und 2007 letzter Ferrari-Weltmeister, nach acht Jahren (2007 bis 2009, 2014 bis 2018) seine Schuldigkeit getan. Nach fünf gemeinsamen Jahren als Teamkollegen wird 2019 ein neuer Vettel-Stallgefährte den zweiten Ferrari steuern. Und der heißt Charles Leclerc, kommt vom Sauber-Team und beerbt Vettels verlässlichen Freund Kimi. „Über die Jahre leistete Kimi mit seinen fahrerischen und menschlichen Qualitäten einen fundamentalen Beitrag zum Teamerfolg. Er hat eine entscheidende Rolle beim Wachstum des Teams gespielt und war gleichzeitig immer ein Teamplayer", bedankte sich Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene beim Finnen, auf dessen Biografie „The Unknown Kimi Räikkönen" (deutsch: Der unbekannte Kimi Räikkönen) von Autor Kari Hotakainen Gott und die Welt wie ein Flitzebogen gespannt ist. Nur so viel: Obwohl das Buch erst am 18. Oktober auf Englisch erscheint, enthüllt die bereits veröffentlichte Version spannende Geschichten. Sie handeln von einer Kindheit in ärmsten Verhältnissen bis hin zu Kimis wilden Alkohol-Eskapaden. So habe es bereits im Militärdienst Ärger gegeben, weil er zu spät und betrunken aufschlug oder der Truppe gleich ganz fernblieb. Auch als Profi sei er noch gut unterwegs gewesen. 2016 sei er sogar 16 Tage ununterbrochen betrunken gewesen, bevor er im Spanien-GP Dritter wurde. „Es hat mir in meiner Karriere nicht geschadet", heißt es in dem Buch. „Ich habe halt auch noch für die anderen getrunken", gesteht der „Iceman" ganz cool. „Heute bin ich nicht mehr hinter dem Alkohol her. Ich habe in meinem Leben genug gesoffen", bekennt der Liebling der Ferrari-Fans frank und frei.
Räikkönens Nachfolger, der Ferrari-Junior Charles Leclerc (20), ausgebildet in der Ferrari-Rennfahrerakademie, zeigte eine starke Debütsaison im Sauber-Boliden, angetrieben von einem Ferrari-Kundenmotor. Der talentierte Monegasse soll bereits noch zu Lebzeiten des im Sommer plötzlich verstorbenen Ferrari-Häuptlings Sergio Marchionne einen Ferrari-Vertrag unterschrieben haben. Deshalb sei Ferrari nicht nur vertraglich gebunden, sondern fühle sich auch moralisch verpflichtet, die letzte große Entscheidung des früheren Präsidenten zu respektieren, heißt es aus Ferrari-Kreisen. Mit dieser Entscheidung setzt der Renommier-Rennstall wieder voll auf die Jugend. Das letzte Jungtalent, das von Ferrari verpflichtet wurde, war 2006 der damals 26-jährige Brasilianer Felipe Massa. „Ein Traum wird wahr. Ich fahre für Ferrari im Jahr 2019. Ich werde Ferrari für diese Möglichkeit immer dankbar sein", schrieb Leclerc auf Twitter. Er richtete einen besonderen Dank an seinen verstorbenen Vater, diesem habe er alles zu verdanken, was nun passiert. „Ich werde so hart wie noch nie arbeiten, um euch nicht zu enttäuschen", kündigte der Monegasse an.
Mercedes
Der deutsche Werksrennstall unter britisch-österreichischer Führung gab bereits im Rahmen des Deutschland-GP auf dem Hockenheimring die Vertragsverlängerung mit seinen beiden Fahrern Lewis Hamilton (33, Großbritannien) und Valtteri Bottas (29, Finnland) bekannt.
Red Bull-Renault
Der Niederländer Max Verstappen (20) ist nach dem Abgang seines Teamkollegen Daniel Ricciardo (zu Renault) der Anführer im „Bullen-Stall". Der 22-jährige Franzose Pierre Gasly aus Red Bulls B-Team Toro Rosso wird befördert und übernimmt ab 2019 den Platz von Ricciardo.
Toro Rosso-Honda
Für den zum A-Team Red Bull beförderten Pierre Gasly soll Heimkehrer Daniil Kvyat (24) ins Cockpit. Der aktuelle Fahrer Bendon Hartley (28) ist ein Wackelkandidat. Spekulationen auf den Sitz des Neuseeländers hat Sebastien Buemi (29) angeheizt. Der Schweizer war jüngst bei einer Sitzprobe bei seinem Ex-Team Toro Rosso gesehen worden.
Racing Point-Mercedes
Bei dem einst insolventen Rennstall Force India ging es drunter und drüber. Erst als der kanadische Milliardär und Mode-Tycoon Lawrence Stroll mit einem Konsortium unter seiner Führung den Rennstall gerettet hat, trat das Team in Spa als wiederbelebtes Team mit neuen Besitzern und dem neuen Namen „Racing Point Force India" (kurz: Racing Point) an. Tatsächlich aber hat sich am Kern des Teams nichts geändert. Management, Ingenieure und Fahrer bleiben gleich. Der Mexikaner Sergio „Checo" Perez (28) fährt seit 2014 für Force India mit Mercedes-Kundenmotor. Dank seiner mexikanischen Millionen-Mitgift ist der 28-Jährige auch für 2019 gesetzt. Teamkollege Esteban Ocon (21, Frankreich) wird wohl über die Klinge springen (müssen). Es liegt auf der Hand, dass Papa Stroll als neuer Force-India-Häuptling Sohnemann Lance (20), derzeit Williams-Pilot, 2019 in seinem Team unterbringen will.
Sauber-Ferrari
Die schwedischen Besitzer pochen auf ihren aktuellen Piloten Marcus Ericsson (28). Darüber hinaus kehrt der von Ferrari geschasste Kimi Räikkönen zu seinen Anfängen in der Königsklasse des Motorsports zurück und tauscht das Cockpit zum Saisonende mit Charles Leclerc. Bei Sauber hatte der 38-Jährige seine Formel-1-Karriere 2001 begonnen. Nun erhält er dort einen Zweijahresvertrag. „Die Verpflichtung von Kimi Räikkönen ist eine tragende Säule, um mit unserem Team signifikante Fortschritte zu machen", sagte Sauber-Teamchef Frederic Vasseur. „Kimis Talent und seine Erfahrung werden uns helfen, das Auto und das Team zu entwickeln."
Williams-Mercedes
Beim britischen Traditionsrennstall wird die russische SMP-Bank das Cockpit ihres Landsmanns Sergey Sirotkin (23) weiterhin absichern. Milliardärssohn Lance Stroll (20) wird sich wohl auf den Sprung zu Papas Team Racing Point Force India bereitmachen. In diesem Fall wäre der Pole Robert Kubica (33) erste Wahl für den Sitz des Kanadiers. Das bestätigte Teamchefin Claire Williams. Zuvor wurden Esteban Ocon und Formel-2-Spitzenreiter George Russell (20) für den zweiten Williams-Sitz gehandelt.
Haas F1-Ferrari
Nach derzeitigem Stand würden die aktuellen Fahrer Romain Grosjean (22, Frankreich) und der Däne Kevin Magnussen (25) auch 2019 für das US-amerikanische Team mit Ferrari-Antrieb ins Lenkrad greifen.
Fazit
Es gibt zu wenig Cockpits für zu viele Piloten.