Milliarden von Dollar hat der Investor und Groß-Spender George Soros inzwischen in seine Bürgerrechtsstiftungen gesteckt. In Ungarn galt sein Engagement als zu politisch, er wurde zum „Staatsfeind Nummer eins". Jetzt gibt es einen Neuanfang in Berlin.
Die Stiftung des US-Milliardärs George Soros hat nach den Anfeindungen in Ungarn ihre Arbeit in Berlin aufgenommen. 80 Mitarbeiter und ihre Familien seien von Budapest mit umgezogen, sagte der Direktor des neuen Hauptstadt-Büros, Goran Buldioski, in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. Am Schluss sollten etwa 150 Leute hier arbeiten. „Wir freuen uns, dass unser Berliner Büro zusammen mit London, New York und Washington ein Schwerpunktbüro für unsere Stiftungen sein wird."
Der gebürtige Ungar George Soros, der die Verfolgung durch die Nazis als Kind in einem Versteck überlebte, unterstützt mit seinen Open-Society-Foundations Bürgerrechtsprojekte in aller Welt. In Ungarn war der 88-Jährige seit Längerem Ziel scharfer Angriffe der Regierung des rechtsnationalen ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán. Dieser beschuldigt ihn, die „Masseneinwanderung" von Muslimen nach Europa zu organisieren.
„Das repressive politische Klima in Ungarn hat es uns unmöglich gemacht, dort sicher und effektiv zu arbeiten", sagte Buldioski. In dem Land würden die demokratischen Werte der EU hart auf die Probe gestellt. „Aber das gibt uns die große Chance, unsere Arbeit in unserer neuen Heimat Berlin fortzusetzen und auszubauen."
Im Alltagsgeschäft wird sich seinen Angaben zufolge zunächst nicht viel ändern. Von Berlin aus sollten weiter zivilgesellschaftliche Strukturen innerhalb und außerhalb Europas unterstützt und gefördert werden – bei Demokratie und Rechtsstaatlichkeit und bei der Umsetzung von Menschenrechten, Gleichberechtigung und digitalen Bürgerrechten.
Die Hoffnungen richten sich auf neuen Standort
„Auf mittlere und längere Sicht hoffen wir, dass unser Berliner Büro innerhalb der Open-Society-Familie eine eigene Identität entwickelt, die von der Stadt und den Menschen hier geprägt wird", sagte Buldioski. Der gebürtige Mazedonier arbeitet seit 13 Jahren für die Soros-Gesellschaft, zuletzt als Leiter des Stiftungsprogramms für Europa.
Als Standort in Berlin nutzt die Stiftung zunächst gemeinsam mit anderen Arbeitsräume am Potsdamer Platz eines sogenannten Coworking-Unternehmens. „Das gibt uns Zeit, uns zurechtzufinden und in der Stadt anzukommen, ehe wir unsere endgültige Bleibe finden", sagte der Direktor. Die Stiftung habe schon seit Jahren gute Kontakte mit zivilgesellschaftlichen Organisationen in Deutschland und hoffe, diese zu vertiefen und neue aufzubauen.
Eigenen Angaben zufolge sind die Open-Society-Foundations mit einem jährlichen Budget von gut einer Milliarde Dollar (etwa 866 Millionen Euro) der international größte private Geldgeber für Menschenrechtsinitiativen.
Orbán hatte Soros zum „Staatsfeind Nummer eins" erklärt. Seine Fidesz-Partei versucht, die von dem liberalen Philanthropen unterstützten kritischen Zivilorganisationen durch neue Gesetze ihrer Arbeit einzuschränken. Nach Parteilinie gilt das Grundprinzip: Politik sollen die Politiker machen, Stiftungen und Organisationen sollen karitativ tätig sein. Viele der politisch tätigen Einrichtungen haben deswegen das Gefühl, in Richtung Illegalität gedrängt zu werden. Das EU-Parlament hat wegen dieser und anderer Einschränkungen ein Rechtsstaatsverfahren gegen Ungarn in Gang gesetzt.