Warum der Herbst für uns Frauen ein echtes Problem ist
Neulich stehe ich am Kleiderschrank und habe ein Déjà-vu. „Ich habe keine Übergangssachen!", höre ich mich rufen. Jedes Jahr das gleiche Elend, wenn die Temperaturen sich auf dieses ungnädige Niveau zwischen „Es ist nicht mehr warm" und „Es ist aber auch noch nicht kalt" einpendeln. Und diese eine Frage sich drohend über mir zusammenbraut: Was ziehe ich an?
Ich scanne meinen Schrank ab und greife nach einer Bluse mit langen Ärmeln. Hmm, wirklich schon lange Ärmel fürs Büro? Vielleicht zu warm? Die Bluse ist ansonsten relativ dünn. Könnte gehen. Dazu die passenden Pumps. Kritisch beäuge ich die Schuhe. Die sind vorne offen. Das ist jetzt zu kalt! Mist. Alles wieder in den Schrank.
Ich ziehe einen blauen Pullover raus. Kurz mal fühlen. Zu dick, da schwitze ich garantiert. Zurückgelegt. Blick auf die Uhr, 7.28 Uhr. Mein Mann sitzt seit einer gefühlten Stunde schon am Frühstückstisch. Und zwar komplett fertig für die Arbeit. Männer haben es da irgendwie leichter. Ich meine, beobachtet zu haben, dass er seine Lederjacke das ganze Jahr über anhatte.
Ich schnappe eine meiner Lieblingshosen – und schnaufe. Die ist nur dreiviertel lang. Da kann ich keine Socken drunter ziehen, würde ziemlich dämlich aussehen. Aber ohne Socken kann ich doch jetzt nicht mehr raus! Oder geht das noch?
7.43 Uhr. Während ich ein Dankesgebet zum Himmel schicke für die Erfindung der Gleitzeit, greife ich in einem Anfall von Übermut zu einem meiner schönsten Kleider. Halblange Ärmel. Ich überlege. Da muss aber jetzt eine dünne Strumpfhose drunter. Aber welche Schuhe? Da stehen fein aufgereiht – Sommerschuhe auf der einen, Herbst- und Winterschuhe auf der anderen Seite. Es gibt nichts dazwischen! „Ich muss dringend Übergangsschuhe kaufen", rufe ich in Richtung Esszimmer. Keine Reaktion.
8.05 Uhr. Jetzt langt’s mir. Ich zerre einen ganzen Stapel Shirts aus dem Schrank, werfe ihn aufs Bett. Dann folgt ein Schwung Pullover, ein paar Blusen fliegen hinterher. „Ich hab nichts zum Anziehen!", schluchze ich. Okay, jetzt mal ganz ruhig bleiben. Jeans gehen immer. Von ganz unten wühle ich aus dem Hosenstapel eine dunkelblaue Jeans heraus, die ich für gut befinde. Puh! Aber was oben drauf?
Blick zur Uhr. 8.10 Uhr. Ich entscheide mich für eine Bluse aus einem mitteldicken Stoff mit Dreiviertel-Ärmel. Bin gerade ein Fan dieser Armlänge geworden! Denn kurze Ärmel wären jetzt zu luftig, lange Ärmel zu warm. Brauche ich schon ein Unterhemd? Bei den Schuhen verliere ich jetzt doch die Nerven und ziehe Sneaker an, obwohl die aus dünnem Stoff sind. Immerhin kann ich darin Socken tragen.
8.17 Uhr. Keine Zeit für Frühstück mehr. Ich wusele um den Esstisch rum, an dem mein Mann gemütlich seine x-te Tasse Kaffee trinkt. „Hast du jetzt was gefunden?", höre ich ihn mitleidig fragen. Grinst der etwa? Ich reiße den Garderobenschrank auf. Herr im Himmel, welche Jacke soll ich jetzt anziehen? Der rosa Trench ist zu dünn. Der kurze Blazer auch.
Ich laufe in den Keller, wo die Winterjacken hängen. Der grüne Parker ist zu dick, dahinter hängen meine Steppjacke und der Wollmantel. Das geht doch alles noch nicht! „Ich habe keine Übergangsjacke!", schreie ich nach oben. Als ob mein Mann eine herzaubern könnte! „Hier, Schatz, Simsalabim, deine Übergangsjacke! Und die passt auch noch komplett auf alles!" Wie habe ich das denn eigentlich im vergangenen Jahr gemacht? Wo bitte schön sind meine Übergangssachen vom vorigen September?
Ich laufe wieder nach oben und stelle mir vor, wie ich zur Designerin umschule und mit einer eigenen Kollektion aus grandiosen Übergangskleidern ein Vermögen mache. 8.30 Uhr. Ich muss jetzt los, Gleitzeit hin oder her. „Zieh doch deinen Trench an!", sagt mein Mann. Ich schnaube verächtlich. Da sieht man mal wieder, dass Männer keine Ahnung von den Problemen der Frauen haben!
In einem Akt der Verzweiflung greife ich dann doch zum Trench, renne noch mal ins Schlafzimmer, zerre eine Weste aus dem Schrank und zieh die unter die Jacke. Obwohl ich dieses Gewurschtel hasse. Aber so kann es gehen. Ein schnelles „Tschüss, Schatz" und weg. Später schicke ich noch eine Whatsapp an meinen Mann. „Komme heute später. Gehe noch shoppen." Bestimmt grinst der jetzt schon wieder …