Nirgendwo sind so viele Kombis unterwegs wie in Deutschland. Einer, der recht selten im Straßenbild auftaucht, ist der Fiat Tipo Kombi. Unterm Strich erwartet seine Fahrer ein solides und ansehnliches Auto.
Wer auf Prestige weniger Wert legt und lieber ganz viel Auto für relativ wenig Geld favorisiert, sollte sich mit dem in Bursa gebauten Kompaktmodell beschäftigen. Uns ist jedenfalls kein Konkurrenzmodell bekannt, bei dem die Preisliste so niedrig beginnt. Selbst voll ausgestattet kommt der Tipo-Fahrer kaum über die 20.000-Euro-Grenze. Der Wagen, den es unter demselben Namen zwischen 1988 und 1995 schon mal gab, kann aber durchaus in der Premium-Liga des Segments mithalten.
Das fängt schon mit dem Innenraum an. Der ist, wie die Marketing-Spezialisten so schön sagen, „wertig". Das gilt sowohl für das Armaturenbrett als auch für das restliche Interieur. Der Fahrersitz ist auch für große Chauffeure leicht in eine optimale, fahrsichere Position zu bringen. Auf ihm finden Fahrer bis zu einer Größe von fast 1,90 Meter Platz. Auch die restlichen Sitze bieten ausreichend Komfort und vor allem Platz. Hier geht es bis zu einer Körpergröße von 1,80 Meter ebenfalls recht bequem zu. Verantwortlich hierfür ist die kastenförmige Konstruktion des hinteren Wagenteils.
Ein anderes Thema ist die in vielen Automodellen ebenso wie in Billigfliegern oft mangelnde Beinfreiheit. Die können wir beim Tipo sogar genau beziffern. Für Fahrer und Beifahrer liegt sie bei 1,07 Meter und auf den hinteren Sitzen bei 93,4 Zentimetern. Damit landet zumindest die Holzklasse in der Luft klar abgeschlagen.
Viel Beinfreiheit für Fahrer und Beifahrer
Ansonsten geht es in dem Wagen zwar auch nicht luxuriös, aber immerhin gediegen zu. Die Materialien sind auf einem guten Niveau, die beiden Rundinstrumente bestens ablesbar und die Funktionstasten und Knöpfe komfortabel bedienbar. Ein großes Display sorgt bei den Komfort-Features für besten Überblick. Auch da gibt es also nichts zu meckern, und der Wagen hält dem Vergleich mit teurerer Konkurrenz locker stand. In jedem Fall muss die vorbildliche Rundumsicht erwähnt werden, die heutzutage leider in den wenigsten Autos zu finden ist. Auffällig sind auch die angenehm großen Türen, die einen komfortablen Einstieg ermöglichen. Sie sind allerdings in engen Parkhäusern vor allem neben einem SUV eher hinderlich.
Das äußere Erscheinungsbild ist erfreulich konventionell, aber gleichwohl nicht altbacken. Auf jeden Fall hebt es sich deutlich und angenehm von den aktuellen gestalterischen Irrwegen ab, die immer häufiger das Straßenbild prägen, egal um welchen Hersteller es sich handelt ‒ die Palette reicht da vom Smart Fortwo bis zum Rolls-Royce Cullinan.
Der vordere Teil des Tipo macht sogar einen richtig dynamischen Eindruck, ohne dabei auf Schwellkörper und sonstigen Schnickschnack zu setzen. Der hintere Teil ist nicht weiter erwähnenswert, was aber wohl der Funktionalität und dem Komfort im Innenraum geschuldet ist. So ist der Kofferraum mit 550 Litern erfreulich aufnahmefähig.
Unseres Wissens gibt es außer dem VW Golf Variant und dem Dacia Logan Kombi im C-Segment kein Auto, das diesen Wert übertrifft. Die Rücksitzlehne ist geteilt umlegbar und macht das Auto mit einer Kapazität von 1.650 Litern zum Kleintransporter. Ein höhenverstellbarer Ladeboden erleichtert zudem das Packen.
Für den Kombi gibt es fünf Motorisierungen, drei Benziner und zwei Dieselaggregate. Sie leisten zwischen 95 und 120 PS. Wir fuhren den stärksten, einen 1,6-Liter-Turbo mit 120 PS. Damit waren wir mit dem fast 1,4 Tonnen schweren Volkskombi auch mittelschwer beladen, gefühlt durchaus flott unterwegs. Sportwagenwerte erwartet wohl auch niemand, der sich solch ein Vernunftauto anschafft. Die Antriebseinheit bietet ebenfalls keinen Grund zur Klage.
Das Fahrverhalten ist neutral und unproblematisch, egal ob leer oder beladen. Der größte Kritikpunkt dürfte wohl der relativ hohe Verbrauch zumindest des ebenfalls getesteten Benziners sein. Er liegt bei rund acht Litern.
Fazit: Der Fiat Tipo ist kein Traumauto, mit dem sein Fahrer in der Reihenhaussiedlung glänzen kann, er ist aber ein preiswertes, solides und ansehnliches Alltagsauto für fast jede Gelegenheit.