Die kommenden US-Kongresswahlen sind traditionell eine Abstimmung über die Politik des Präsidenten. Donald Trump formt sie zu einem Kulturkampf. Für ihn zählt nur eines: gewinnen.
Ein Land, in Hass vereint. In den USA wird am 6. November der Kongress neu gewählt: alle 435 Repräsentanten, ein Drittel der Senatssitze (33) sowie Gouverneure der Bundesstaaten – traditionell eine Abrechnung der Wähler mit der aktuellen Führungsfigur im Weißen Haus. Im Repräsentantenhaus wie im Senat halten die Republikaner derzeit die Mehrheit. Um das Repräsentantenhaus zu gewinnen, müssten die Demokraten 25 Sitze hinzugewinnen. Die Statistikseite Realclearpolitics.com sieht die Demokraten hierbei fast überall im Vorteil. Doch der Vorsprung lag schon einmal höher in diesem Jahr und dürfte sich weiter verringern, je näher der Wahltermin rückt. Im Senat müssten die Demokraten nur zwei Sitze mehr erringen. Doch die Chancen dafür sind gering, selbst der linksliberale Überraschungskandidat Beto O’Rourke aus Texas liegt gegenüber dem republikanischen Senator Ted Cruz derzeit hinten.
Demokraten leicht im Vorteil
Beflügelt durch die Einsetzung eines zweiten konservativen Richters am Obersten Gerichtshof innerhalb kürzester Zeit schart sich die Partei nun um Donald Trump. Dieser trommelt rücksichtslos und aggressiv dafür, seine komfortable Mehrheit in den beiden Häusern des Kongresses zu halten und den tiefen Graben zwischen progressiven und konservativen Amerikanern weiter zu vertiefen. Doch der Widerstand im demokratischen Lager wächst. Er ist ein Rassist, rufen seine Gegner, er will eine Mauer zu Mexiko, unterschrieb den „Muslim Ban" und war nicht in der Lage, die rechte Gewalt in Charlottesville glaubhaft zu verurteilen. Er ist amoralisch, schreibt ein unbekannter Autor, womöglich ein Insider im Weißen Haus, in der „New York Times". Diese hat nun auch recherchiert, dass Trump seinem Vater bei Steuervermeidung und Betrug half – ein Krimineller. Er demütigt seine Gegner, wo er kann. Diejenigen, die nicht gegen ihn gewinnen, sind alle Loser. Er ist ein Narzisst, attestieren ihm Psychologen per Ferndiagnose. Er ist ein offenkundiger Lügner, ein Spalter. Er ist ein Frauenhasser. Um es kurz zu machen: Für viele, auch für uns Deutsche, ist der Mann moralisch eine Katastrophe. Aber eine Frage bleibt: Ist dieser böse alte Mann im Weißen Haus gefährlich?