Schon seit Jahren arbeiten Wissenschaftler an Alternativen zu Spenderorganen. Am spektakulärsten erscheint die Methode des US-Amerikaners Anthony Atala: Lebende Organe aus dem 3D-Drucker. Bald will er in Berlin menschliche Haut herstellen.
Widerspruchsregelung hin oder her: Selbst wenn alle Menschen bereit zur Organspende wären, könnte der Bedarf von organkranken Patienten nicht gedeckt werden. Zu gering ist die Anzahl derer, die als Spender infrage kommen, wenn sie sterben. Biologen und Mediziner forschen daher fieberhaft an Alternativen. So wie Shai Meretzkie mit seiner Firma Bonus BioGroup in Israel. Aus Stammzellen von Patienten, die sie aus dem Fettgewebe filtern, züchten seine Laboranten Knochengewebe zum Einpflanzen. Vorteil: keine Abstoßungsreaktionen, da körpereigene Zellen. Hoffnung für Krebspatienten und Unfallopfer? Derzeit laufende klinische Studien an 30 Patienten sollen es zeigen, ob die Methode in der Praxis funktioniert.
Größere Organe lassen sich noch nicht drucken
Einen Schritt weiter ist der Gewebeforscher Anthony Atala: Er kann Gewebe innerhalb weniger Stunden drucken. Am Wake Forest Institute for Regenerative Medicine in North Carolina stellte er schon vor Jahren künstliche Organe im Labor her. 2006 setzte er einem Patienten eine künstliche Harnblase ein. Seine jüngste Technik-Entwicklung klingt dabei wie ein Auszug aus einem Science-fiction-Roman: Organe aus dem 3D-Drucker. Das Gerät lässt Organe Zellschicht für Zellschicht entstehen. Sogar feine Blutgefäße kann der Drucker erzeugen. Atala befüllt den Drucker mit sogenannter Bio-Tinte. Ein gummiartiges, biologisch abbaubares Material bildet dabei ein Gerüst. Es wird mit einem Hydro-Gel gefüllt, das die Gewebezellen enthält. Diese gewinnt Atala aus Stammzellen. Aus der Fruchtblase von Schwangeren oder, besonders gut, aus körpereigene Zellen des Patienten, damit wie ein Spenderorgan abgestoßen wird.
Muskeln und Knochen wurden im Tierversuch bereits getestet. Auch eine kleine Ratten-Niere kam schon aus dem Drucker. Nach sieben Stunden – viel schneller als eine normale Laborzüchtung. Die gedruckte Niere produzierte Urin. Große menschliche Organe klappen aber noch nicht. Haut dagegen sei einfacher, weil sie so dünn sei, so Atala. Auch Mitbewerber haben damit Erfolg: TeVido BioDevices aus Texas zum Beispiel druckt Hautgewebe für Unfallopfer und Brustwarzen für Brustkrebs-Patientinnen. Atalas Drucker soll nach Angaben des Forschers noch präziser arbeiten – das mit der Niere kriegt bisher nur er hin. Aber eben erst in Rattengröße.
Mit menschlicher Haut aber will er demnächst in Berlin loslegen. Dies hatte er bereits 2016 auf dem Hauptstadtkongess Medizin und Gesundheit angekündigt. Geplant ist die Kooperation mit einem Klinikverbund. Die Gespräche laufen, aber es ist darüber hinaus noch nichts Offizielles zu erfahren. „Die Haut, die wir herstellen, könnte zum Beispiel Verbrennungsopfern helfen. Oder Patienten nach einem Unfall", so Anthony Atala. Das BG-Klinikum Unfallkrankenhaus Marzahn hat bereits Interesse an der Kunst-Haut angekündigt. Auch die BG-Klinik Ludwigshafen, wie Marzahn auf Brandopfer spezialisiert, dürfte sich über derlei Gewebe freuen. Wann es soweit sein wird, ist noch unklar. Immerhin: Eine Anthony Atala Holding GmbH wurde diesen Oktober in Berlin bereits registriert.