Aus einer Initiative von Leistungssportlern entstand die Kinderhilfe Organtransplantation e.V. Die Helfer haben meist einen persönlichen Bezug zur Transplantationsmedizin, sind zum Teil selbst Organempfänger.
Aktuell warten in Deutschland etwa 800 Kinder und Jugendliche auf ein Spenderorgan. Oftmals geht es um angeborene Fehlbildungen, die nur mit einer Transplantation behandelt werden können. Spenderherzen und -lungen werden ständig benötigt. Das Warten uf Spender belastet die Patienten und gerade auch ihre Familien. Doch auch das Leben nach der Transplantation ist kein Zuckerschlecken. Ein Organtransplantierter bleibt ein Leben lang Patient, muss ständig Medikamente nehmen, fachärztlich betreut werden, auf besondere Hygiene achten. Eine große Herausforderung für die ganze Familie. So wie im Fall des zweijährigen Ben (Name geändert). Eine Lungentransplantation rettete sein Leben. Wegen seiner Krankheit muss das Kind oft in die Klinik. Die Mutter begleitet ihn. Derweil kümmert sich der alleinverdienende Vater zu Hause um die drei Geschwister. Ohne unbezahlten Urlaub geht das nicht. Neben der psychischen Belastung leiden Bens Eltern unter finanziellen Sorgen. Und ist Ben in der Klinik, entfällt für ihn auch noch das monatliche Pflegegeld. Bens Eltern wären nie auf die Idee gekommen, um Hilfe zu bitten. Erst Klinikmitarbeiter wiesen sie auf die Kinderhilfe Organtransplantation e.V. (KiO) hin. Nun sind wenigstens die finanziellen Sorgen kleiner geworden.
KiO unterstützt organkranke Kinder und deren Familien vor und nach einer Transplantation. „Wir bieten Hilfe schon in der Wartezeit", sagt Reinhard Gödel, erster Vorsitzender der KiO. Gödel ist selbst Organempfänger. „Seit neun Jahren lebe ich mit der Niere meiner Frau", sagt der Vereinsvorsitzende. Ihm gehe es sehr gut. „Nach der Transplantation sind Sie nicht gesund, aber gerettet." Viele Vorstandsmitglieder haben wie Gödel einen persönlichen Bezug zur Transplantationsmedizin. Antje Gutsche, geschäftsführendes Vorstandsmitglied, weiß dabei aus eigener Erfahrung, was betroffene Familien durchmachen: Sie ist Mutter eines herztransplantierten Kindes.
Die KiO organisiert zum Beispiel Freizeiten für betroffene Familien, meist als verlängerte Wochenenden. Psychologische Betreuung ist immer mit dabei. „Die Eltern finden Beratung, und sie können auch mal loslassen", so Gödel. Der Austausch mit Gleichgesinnten ist für viele Familien eine große Hilfe. Manchmal werden auch Karten für ein Fußballspiel organisiert, um kleinen Fans eine große Freude zu machen. „Thomas Müller gehört zu unseren Botschaftern", sagt Reinhard Gödel und verrät: „Da ist auch schon mal ein kurzes Treffen möglich."
Einkommensschwache Familien können von der KiO auch finanzielle Unterstützung erhalten. „KiO hilft, wo Krankenkassen, Ämter und Versicherungen die Tür zu machen." Gödel erklärt: „Meist entstehen durch die notwendige ärztliche Versorgung Zusatzkosten." Alleine die Fahrten zur weit entfernten Spezialklinik können richtig ins Geld gehen, da sie in der Regel nicht vollständig erstattet werden. Manchmal muss ein Elternteil den Job aufgeben, um das Kind besser versorgen zu können. „Oftmals muss die Wohnung ausgebaut werden", so der Vorsitzende. Transplantierte brauchen eine optimale Hygiene zu Hause. Erst recht bei Schimmel in der Wohnung ist eine gründliche Sanierung unabdingbar.
Auch psychologische Unterstützung ist in vielen Fällen wichtig, damit die Kinder die Belastungen durch die bedrohliche Krankheit, die zermürbende Wartezeit verarbeiten können. Auch das gespendete Organ als vollwertigen Teil des eigenen Körpers zu akzeptieren, fällt manchen schwer. Bei Lebendspenden kann dem Patienten ein Abhängigkeitsgefühl zu schaffen machen. Wenn aus Kostengründen immer mehr Stellen im psychosozialen Bereich der Kliniken abgebaut werden, wissen Eltern oft nicht, wo sie weitergehende Hilfen bekommen können. Hier sind die Experten der KiO mit Rat und Tat zur Stelle.
Die KiO wurde 2004 vom Verein „Sportler für Organspende e.V." ins Leben gerufen. Vorstandsmitglied Hans Wilhelm Gäb gehört zu den KiO-Gründern. Und zu den erfolgreichsten deutschen Tischtennisspielern. Gäb errang mit Borussia Düsseldorf in den 50ern und 60ern mehrere Meisterschaften. Eine lebensbedrohende Erkrankung überstand er 1994 durch eine Lebertransplantation. Danach gründete Gäb den Verein „Sportler für Organspende" (VSO) und später die KiO. Auch Hartwig Gauder, 1980 Olympiasieger im Gehen, zählt zu den Gründern und Vorstandsmitgliedern beider Vereine. Nach einer lebensbedrohlichen Virusinfektion benötigte Gauder 1997 ein Spenderherz, womit er 1999 den New York Marathon lief. Durch die Arbeit beim VSO wurde den Sportlern klar, dass Kinder und Jugendliche, besonders auch deren Familien, eine besondere Hilfe benötigen. Bis heute ist die KiO der einzige spezielle Verein für organtransplantierte Minderjährige und ihre Angehörigen.
Derzeit werden rund 120 Familien durch betreut. Neben transplantierten Patienten betreut der Verein zuweilen auch Spenderfamilien. Menschen, die ihr Kind verloren haben. Ihnen tut es meist gut, von erfolgreich geretteten Kindern zu erfahren, die durch die gespendeten Organe einst verstorbener Kinder heute leben dürfen. Die ehrenamtliche Arbeit für KiO kann ganz schön hart sein. Reinhard Gödel berichtet: „Neulich haben wir eine Familie betreut, deren Kind noch zu leicht für die Operation war. Noch vor dem Erreichen des gewünschten Gewichts ist es gestorben."
Jährlich kommt ein Spendenvolumen von bis zu 500.000 Euro zusammen. Partner wie der FC Bayern München, der Arzneimittelhersteller Ursapharm und die Victor’s Hotelgruppe unterstützen die KiO durch regelmäßige Benefitz-Aktionen. Oder die Partner bieten sich selbst für KiO-Hilfaktionen an wie etwa die erlebnispädagogischen Seminare für Kinder und Jugendliche im Victor’s Residenz-Hotel Teistungenburg. Seit 2014 ist der FC Bayern München offizieller KiO-Pate. Das hat eine lange Tradition: Franz Beckenbauer und Karl-Heinz Rummenigge gehören ebenfalls zu den Gründern des VSO. Die KiO-Patenschaft wiederum wird heute von Paul Breitner betreut.
Homepage der KiO: www.kiohilfe.de