Dem Satiriker Christian Y. Schmidt ist ein irres Buch gelungen. Darin erzählt er die fiktive Geschichte eines Daniel S. Dessen Leben spielt sich zwischen Hongkong, Berlin, den USA und Mexiko ab. Schon zu Beginn erheitert Schmidt den Leser, als er Daniel S. an der Beerdigung des Jugendfreundes Viktor teilnehmen lässt: „Immer wenn ich von einem Todesfall erfuhr, jubilierte in mir etwas: Wie schön, den hast du jetzt auch überlebt." Als Grab-Beigabe wirft jemand einen Lachsack auf den Sarg, worauf eine Schlägerei entsteht.
Daniel S. begibt sich auf Spurensuche, will sich an die wilden 70er-Jahre erinnern, was ihm kaum gelingt. Ein Mann in der Midlife-Crisis, der seine Fundamente sucht. Er gehörte zu einer Gruppe junger Dadaisten, die eher postpubertäre Kleinkriminelle waren. Bei der Suche taucht eine Frau auf, an die er sich nicht erinnern kann. Menschen werden ausgetauscht und verschwinden. Zeichen verraten, dass er bald sterben wird. Schmidt, Autor unter anderem für „Titanic", die „Zeit" und die „taz", erlaubt sich mit kraftvoller Sprache morbide Witze. Dieser Roman ist aus zwei Gründen empfehlenswert. Erstens wegen der Fabulierkunst. Zweitens als Warnung an alle, die so etwas auch mal erleben möchten. Permanent geht es um Drogen und exzessiven Alkohol-Konsum.
Daniel S. nannte sich einst „Richard Huelsenbeck" – nach einem der Gründer des Dadaismus. Mit Ende des Ersten Weltkrieges verfasste Huelsenbeck ein Manifest gegen die Kunst. Dadaismus sollte keine Kunst sein, was sich nicht verhindern ließ. Wer zum Beispiel die Kollagen der Berlinerin Hannah Höch betrachtet, ahnt, wie Grenzen gesprengt wurden.
Die geistigen Ketten des Kaiserreichs zu sprengen, dazu bedurfte es der Mittel, die das Bewusstsein erweitern sollen. Schmidt lässt Daniel Halluzinationen erleben. Ähnlich den „Phantastischen Gedichten" des Richard Huelsenbeck: „Auf den Telegraphen sitzen die Kühe und spielen Schach. So melancholisch singt der Kakadu unter den Röcken der spanischen Tänzerin."