Die SPD zieht mit Bundesjustizministerin Katarina Barley an der Spitze in den Europawahlkampf. Der langjährige saarländische Abgeordnete Jo Leinen muss um den Wiedereinzug ins Europaparlament bangen.
Herr Leinen, Listenplatz 20 bei der Europawahl ist keine wirkliche Garantie für Sie, nach dem 26. Mai in Straßburg noch dabei zu sein.
Aber Listenplatz 20 ist auch nicht so schlecht. Bei der letzten Europawahl sind 27 Kandidaten und Kandidatinnen der SPD aus Deutschland ins EU-Parlament eingezogen. Ich gehe einfach mal davon aus, dass wir auch bei der anstehenden Europawahl wieder ein Ergebnis von um 27 Prozent schaffen, und dann wird auch das Saarland mit mir weiterhin eine Stimme im EU-Parlament haben. Aber wir dürfen ja auch nicht vergessen: Heiko Maas ist unser Außenminister. Also die saarländischen Belange werden in Europa gut vertreten.
Es gibt die Faustformel: Ein Prozent im Ergebnis ist ein Listenplatz bei der Europawahl, derzeit liegt die SPD zwischen 14 und 16 Prozent in den Umfragen. Mit Platz 20 ist ihr Einzug mehr als unsicher. Wieso sind Sie jetzt überhaupt nach hinten gerückt?
Das war eine Entscheidung des Parteitages. Durch die Neusortierung der Listenplätze ist die gesamte Arithmetik ins Rutschen gekommen, nun leider zum Nachteil des Saarlandes. Bei der Neuordnung ging es um Mann/Frau, Jung/Alt und Ost/West, und so bin ich von unserem Stammplatz 16 auf den 20. gerutscht. Aber das heißt für uns: Wir müssen uns ranhalten. Denn bei dieser Europawahl geht es nicht nur für die SPD um alles, sondern wir Europäer müssen unsere Gemeinschaft gegen die Populisten verteidigen. Europa hat momentan eine Menge Feinde, gegen diese müssen wir uns nun ordentlich aufstellen.
Wobei ja der recht desolate Zustand der SPD im Bund nun nicht gerade eine große Wahlkampfhilfe ist. Eher steht ja zu befürchten, dass Ihnen die innerparteilichen Reformdiskussionen den Wahlkampf verhagelt?
Da ist sicherlich bei uns noch eine Menge Luft nach oben, aber wir Sozialdemokraten sind in uns ja in allen Fragen zur Europapolitik einig. Also von dieser Seite habe ich die wenigsten Befürchtungen. Viel mehr Sorgen macht mir, dass der Europawahlkampf wieder durch ein deutsches Sommertheater über Grenzkontrollen für Migranten und das ganze Flüchtlingsthema völlig überlagert wird. Dann bekommen wir nämlich Schwierigkeiten, die tatsächlich wichtigen Themen, wie zum Beispiel soziale Gerechtigkeit in ganz Europa, in den Vordergrund zu stellen. Wir dürfen eines ja nicht vergessen: mitten in den Europawahlkampf fällt der Brexit, dieses Thema wird ohnehin schon dominieren.