Bald ist es wieder so weit: Das alte Jahr geht, das neue Jahr wird begrüßt. Silvester ist weltweit eine der größten, buntesten und ausgelassensten Feierlichkeiten. Da es Silvester naturgemäß nur einmal im Jahr gibt, suchen manche Menschen an diesem Tag etwas ganz Außergewöhnliches.
„Silvester 2018 wird für uns die absolut geilste Sause unseres Lebens", sagt der Kölner Druckingenieur Karl-Heinz Wigger grinsend. „Da doppelt besser hält, feiern wir in diesem Jahr gleich zweimal." Damit das klappt, haben der 63-Jährige und seine gleichaltrige Frau Ulrike rund 15.000 Euro in eine Luxusreise investiert. „Wir haben mehrere Jahre gespart, um uns das leisten zu können", gesteht Wigger und greift zu einem ganzen Stapel Flugtickets, die er sich ausgedruckt hat. „Ich habe sämtliche Reiseunterlagen gleich drei Mal ausgedruckt, damit ja nichts verloren geht."
In der Tat: Bei Wiggers Reise könnte man leicht den Überblick verlieren. Denn die verschiedenen Flüge führen nicht nur kreuz und quer über die Welt, sondern ebenso kreuz und quer über Datumsgrenzen hinweg. Da ist Organisation gefragt. Der Reihe nach. „Los geht es am 29. Dezember", erzählt Wigger. „Da steigen wir in Frankfurt am Main in den Flieger." Punkt 13.35 Uhr soll der Jumbojet der Lufthansa Richtung Japan abheben. Nach gut elf Stunden landet die Maschine in Osaka. Dort ist dann bereits der 30. Dezember.
Alles etwas verwirrend? Vom Nullmeridian durch Greenwich in London wird die Uhrzeit rund um den Globus berechnet. Richtung Westen wird es immer früher, Richtung Osten immer später. Ein Beispiel: Ist es in London gerade 12 Uhr Mittag, ist es etwa in Wien schon eine Stunde später, also 13 Uhr. Westlich der britischen Hauptstadt, etwa auf den Azoren ist es zur selben Zeit 9 Uhr, in New York erst 5 Uhr an der US-Westküste erst 2 Uhr und auf Amerikanisch-Samoa ist der neue Tag noch gar nicht angebrochen. Die internationale Datumsgrenze verläuft übrigens im Pazifik.
26 Stunden Flug, zweimal die Sektkorken knallen lassen
„Das ist ganz schön kompliziert", weiß Karl-Heinz Wigger und lächelt. „Aber genau dieses Zeitprinzip macht es uns möglich, zweimal auf das neue Jahr anzustoßen." In Osaka in Japan geht das freilich nicht. Zur Erinnerung: Dort wird ja bei der Landung der Wiggers gerade der 30. Dezember sein. „Deshalb geht es für uns am Abend weiter nach Auckland in Neuseeland. Da sitzen wir dann noch einmal fast elf Stunden im Flieger." Wenn die Wiggers in Auckland landen ist dort 11.25 Uhr am 31. Dezember. „Dann geht es vom Flughafen erst mal ins Hotel, um ein wenig zu schlafen. Den Abend und das neue Jahr begrüßen wir dann in Neuseeland in einem schicken Club." Dort stehen dann ein Vier-Gang-Menü, Livemusik und ein atemberaubendes Feuerwerk auf dem Programm. Wigger: „Da werden wir bis in die frühen Morgenstunden die Sektkorken knallen lassen können. Keine Sorge, bis zur nächsten Feier ist dann noch mehr als genug Zeit." Nach einer Übernachtung und einem guten Frühstück wird das Ehepaar wieder ins Taxi Richtung Flughafen steigen. Am Nachmittag heben sie dann mit einem Dreamliner, einer Boeing 787, von Air Tahiti Nui Richtung Datumsgrenze ab. Das Gute daran: Während in Neuseeland das neue Jahr längst begonnen hat, steckt Tahiti noch in den Vorbereitungen für einen gelungenen Silvesterabend. „Wenn wir landen, ist alles vorbreitet, wir können uns im Hotel noch frisch machen und etwas Leckeres essen, bevor dann das zweite Feuerwerk beginnt." Genauere Pläne für die zweite Feier haben die Wiggers aber noch nicht: „Wir wollen Silvester auf Tahiti einfach irgendwo unter einer Palme genießen."
Und noch etwas steht für die Wiggers fest. „Wir werden nach den beiden Partys und den mehr als 26 Stunden in Flugzeugen ganz schön fertig sein", vermutet Karl-Heinz-Wigger. „Deshalb gönnen wir uns anschließend eine Woche Entspannung auf Tahiti, bevor es zurück nach Deutschland geht. Aber: Das wird der Trip unseres Lebens!"
Übrigens: Wer nicht ganz so viel Geld hat, der doppelte Neujahrsanfang funktioniert auch in Europa, zum Beispiel in der Zwillingsstadt Haparanda-Tornio in Lappland. Die Stadt liegt direkt an der finnisch-schwedischen Grenze. Weil Finnland Schweden eine Stunde voraus ist, kann man auch hier zwei Mal feiern. Dafür muss man nur eine Brücke überqueren.
Von zwei Silvesterfeiern hält Anja Wahl gar nichts. „Ich und mein Freund suchen Silvester einen ganz anderen Kick", sagt die 35-Jährige. Anja und ihr Freund Sören (38) wollen die Neujahrsparty „zügellos" genießen und feiern im Berliner Swingerclub „Zügellos". Der Club liegt mitten in einem Wohngebiet im eher biederen Bezirk Steglitz. „Hier soll Silvester voll die Post abgehen", erzählt Anja Wahl. „Wir beide wollten schon immer mal in einen solchen Club." Die letzten Jahre hätten die Beiden im Berliner Technoclub „Berghain" gefeiert. Dort gebe es aber mehrere Probleme: „Angeblich ist das ‚Berghain‘ ja einer der bekanntesten, offensten und angesagten Clubs der Welt. Aber vieles ist hier sehr durchschnittlich." In den Gängen und auf den Tanzflächen türmten sich oft „spießige" Touristen. „Die Leute da sind mit unserer offenen Art nicht zu recht gekommen." Das soll sich nun ändern. „Wir haben uns ganz bewusst für einen Swingerclub entschieden, wir suchen den prickelnden erotischen Kick." Um Sex mit anderen gehe es dabei vordergründig nicht. „Wir lieben es einfach, uns zu zeigen und das sollte im ‚Zügellos‘ möglich sein." Was die Beiden dort genau erwartet, ist allerdings noch unklar.
Zügellos feiern im Swingerclub
Auf der Homepage des Clubs heißt es nur: „Mit unserem außergewöhnlichen Silvester-Buffet, Dekorationen und stimmungsvoller Musik verwandeln wir den heutigen Abend in eine Mischung aus Silvesterparty und erotischem Swingerclubabend." Weitere Details sind nicht zu erfahren. Ein Interview lehnten die Betreiber auf FORUM-Anfrage ab. „Da wird es heiß her gehen", glaubt Anja Wahl. „Details sind doch völlig egal." Das „Zügellos" ist nicht der einzige Club in Berlin, der zu Silvester eine Sexparty veranstaltet. Überall im Internet findet man einschlägige Angebote. Das Interesse scheint groß zu sein. „Wir haben uns schon Anfang August um Tickets bei mehreren Swingerclubs bemüht", erzählt Anja Wahl. „Viele waren schon ausgebucht." Wer sich für die etwas andere Silvestersause im „Zügellos" interessiert: Solofrauen zahlen 50 Euro, Paare 100 Euro und Solomänner 150 Euro. Im Preis sind neben Erotik ein Büfett und alle Getränke enthalten. Ein kleines Feuerwerk zum Jahreswechsel soll es auch geben.
Rund 2.000 Kilometer südlich von Berlin, auf der Insel Mallorca, verzichtet man in diesem Jahr auf Raketen und Knaller. „Baden statt Böllern", so das Motto für die Party auf der Eventfinca Mallorca in Porto Colom im Südosten der Insel. Betreiber Jens Becher: „Bei uns gibt es in diesem Jahr eine ganz coole Feier." Erst werde auf der Finca geschlemmt und getanzt, kurz nach 23 Uhr gehe es dann per Bus zu einer kleinen Bucht in der Nähe. „Unsere Gäste werden Augen machen: Da haben wir eine weitere Disco direkt am Strand aufgebaut. Becher: „Silvester gehen wir dann alle zusammen ins Wasser." In roter Unterwäsche versteht sich, das ist in Spanien Tradition.
Wer nicht gleich im Ausland feiern will, kann auch in Deutschland feiern: Warum zu Silvester nicht in die Sterne schauen oder sich in andere Galaxien entführen lassen? In einigen Sternenwarten kann man am Silvesterabend einen Jahresausklang der besonderen Art erleben. So bietet die Sternenwarte in Bremen ein Silvester-Special an, in Berlin gibt es sogar Musik.
Außergewöhnlich feiert man im Ostseebad Göhren auf Rügen. Hier starten Bewohner und Gäste wie die Piraten ins neue Jahr: Das traditionelle StrandkorbSilvester beginnt schon am 30. Dezember und soll mit Lagerfeuer-Romantik an die Zeit der Piraten erinnern.
Wer am 31. Dezember noch den Kochlöffel schwingen will, sollte an diesem Tag nach Köln. Dort gibt es in der Chiara Kochschule am Rheinauhafen einen Silvester-Kochkurs. Mitten in Köln wird hier nicht nur gefeiert, sondern ein Fünf-Gang-Menü gezaubert. Gerichte unter anderem: Garnele, Koralle und Maispoularde mit Shiitakepilzen.