Der vor 40 Jahren verstorbene Peter Frankenfeld war der Vater der deutschen TV-Unterhaltung. Er verstand sich selbst niemals als Quizmaster, sondern als Entertainer, der auch als Komiker, Tänzer, Parodist, Imitator oder Conférencier eine Klasse für sich war.
Ein Wortspiel war das berufliche Lebensmotto von Peter Frankenfeld und auch der Titel einer seiner späteren TV-Unterhaltungssendungen: „Aller Unfug ist schwer". Es beschreibt auf treffende Weise die Mühen, die er auf sich nehmen musste, um professionell komisch zu sein und die Zuschauer mit Kalauern oberhalb der Gürtellinie über Jahrzehnte zum Lachen zu bringen – bei Bedarf in sämtlichen deutschen Mundart-Dialekten.
Im Unterschied zu den meisten Kollegen der Showmaster-Zunft pflegte er, die rund 15.000 Sketche seiner Karriere und die Moderationstexte seiner insgesamt rund 1.500 Radio- und Fernsehsendungen selbst zu schreiben. Von den unzähligen spontanen Späßen ganz zu schweigen, schließlich bewegte sich der Entertainer auf dem glatten Eis der Live-Übertragungen.
Seinem sprudelnden Ideenreichtum verdankt das heutige Fernsehen Formate wie Comedy- und Talent-Shows oder Unterhaltungs-Shows mit Spielrunden, die sich noch immer großer Beliebtheit erfreuen. „Es gibt wohl kaum etwas auf diesem Gebiet", so sein Adoptivsohn Thomas Frankenfeld in einem Beitrag für das „Hamburger Abendblatt", „das er nicht gemacht, und weniges, dass er nicht initiiert oder beeinflusst hat." Womit Peter Frankenfeld zwischen den 50er- und 70er-Jahren hierzulande als Fernsehstar einen derartigen Berühmtheitsgrad erlangen konnte, „dass man heute schon Thomas Gottschalk, Günther Jauch und Dieter Bohlen zusammenfassen müsste", sagt er, „um halbwegs einen Begriff davon zu bekommen."
„Egozentriker und Rechthaber"
Die Fernsehbosse hatten es im Umgang mit dem im Alter von 65 Jahren am 4. Januar 1979 viel zu früh verstorbenen TV-Urgestein, der die frühen Kollegen Hans-Joachim Kulenkampff und Hans Rosenthal klar in den Schatten gestellt und sich die Mattscheibe als persönliche Spaß- und Spielwiese in der Wirtschaftswunderzeit eroberte, nicht leicht. „P. F. war ‒ mindestens bei der Arbeit ‒ ein formidabler Egozentriker, ein Despot und Rechthaber", charakterisierte ihn dessen langjähriger Freund und Redaktions-Weggefährte Henri Regnier in einem „Zeit"-Nachruf. „Er hat uns erpresst und tyrannisiert, um seinen Willen durchzusetzen. Aber ‒ mit aller Überzeugung wird es jeder Beteiligte zugeben ‒ er hatte schließlich immer recht. Nichts ist beweiskräftiger als der Erfolg beim Publikum."
Seinen Künstlernamen legte sich Peter Frankenfeld erst im Alter von 25 Jahren zu. Geboren wurde er am 31. März 1913 als Willi Julius August Frankenfeldt in Berlin-Kreuzberg. Sein Vater Max war als Mechaniker tätig, seine Mutter Hedwig führte einen florierenden Tabakladen in Friedrichshain. Dorthin war die ursprünglich im benachbarten Rummelsburg wohnhafte Familie übergesiedelt. Die Realschule, in der er sich vor allem als Stimmenimitator der Lehrkräfte einen Namen gemacht und lediglich für Sprachen und im Zeichenunterricht ein gewisses Interesse offenbart hatte, schmiss er als Sekundaner im Alter von 16 Jahren. In seiner Freizeit hatte er seine Vorliebe für Zaubertricks und das Varieté entdeckt.
Nachdem er seinen Eltern die Info „Bin zur Fremdenlegion. Weint nicht!" hinterlassen hatte, brannte er mit einem in Berlin gastierenden Zirkus durch. Sein kleines magisches Repertoire konnte er nur kurz vorführen, da er vom Herrn Papa nach Hause zurückgeholt und in eine Lehre als Page zunächst im Hotel Adlon, danach im Hotel Esplanade gesteckt wurde. Nach seiner unschönen Entlassung sorgte der Vater für eine Anstreicherlehre, die der Filius jedoch bald zugunsten einer Arbeit bei einem auf die Herstellung von Reklametafeln und Schaufensterdekorationen spezialisierten Betrieb aufgab. Werbung schien ihm zu gefallen, weshalb er gemeinsam mit einem Schulfreund eine eigene Agentur für Reklameschilder gründete.
Nebenbei ließ er sich beim Expressionisten Willy Jaeckel in die Geheimnisse der Malerei einführen, sah sich zunehmend als bildender Künstler und konnte als Mitglied der „Neuen Berliner Sezession" 1938 sogar drei Gemälde für 1.000 Reichsmark verkaufen. Anlässlich der Eröffnung seines neuen Berliner Ateliers bot er seinen Gästen ein zweistündiges Unterhaltungsprogramm, bei dem er zeigen konnte, dass er bei seinen Besuchen von Varieté-Aufführungen in der Hauptstadt und beim privaten Unterricht bei der Tänzerin und Kabarettistin Valeska Gert einiges gelernt hatte. Vor allem Stepptanz, aber auch den Aufbau von Bühnenshows. Und natürlich, was die Arbeit eines perfekten Conférenciers ausmachte, der im Unterschied zu einem reinen Moderator auf der Bühne oder im Radio auch eigene Anekdoten, Witze, Gedichte oder auch Chansons vorzutragen pflegte. Ein solcher Conférencier wollte Frankenfeld werden, weshalb er Agentur und den Traum vom Malerleben hinter sich ließ und ins Berliner Kabarett der Komiker eintrat. Schon 1939 hatte er sich ein solches Renommee erworben, dass er gemeinsam mit dem Volksidol Hans Albers auf Varieté-Tournee mit einem seinerzeit als „Bunter Abend" bekannten Unterhaltungsprogramm samt Sketchen und musikalischen oder poetischen Darbietungen gehen konnte.
In Leuna erhielt Frankenfeld die Einberufung zur Wehrmacht, bei der er im Laufe der Zeit in seiner Funktion als Truppenunterhalter wegen regimekritischer Witze Probleme bekam und an die Ostfront versetzt wurde. Nach einer schweren Bein-Verwundung im April 1945 wurde er in ein Lazarett nach Marienbad gebracht, wo er in amerikanische Kriegsgefangenschaft geriet.
Das erwies sich im Nachhinein für ihn als großer Glücksfall. Er wurde von den Amerikanern nicht nur als Dolmetscher verpflichtet, sondern durfte als Mitglied des Special Entertainment Services bald schon in diversen US-Offiziersclubs als Zauberer und Entertainer auftreten.
Über die Zwischenstation Radio mit der ersten Sendung beim Hessischen Rundfunk unter dem Titel „Guten Morgen allerseits" im Jahr 1948 gelangte er zum neuen Medium Fernsehen und durfte schon am 26. Dezember 1952, nur einen Tag nach dem Start der ARD, sein TV-Debüt mit „Eine nette Bescherung" geben.
Entdecker von „Dinner for one"
Nachdem er seine Popularität mit der Hörfunksendung „Peters Bastelstunde" – der Urform aller hiesigen Nonsens-Produktionen – weiter gesteigert hatte, sorgte er im Fernsehen zunächst mit der Talent-Scouting-Show „Wer will, der kann" ab 1953 sowie vor allem mit der Publikumsspielshow „1:0" in den Jahren 1954 und 1955 für Furore. Dabei machte er seine karierte Jacke, die er allerdings nur bis 1961 tragen sollte, zu seinem persönlichen Markenzeichen. Von Anfang an war seine Volkstümlichkeit sein eigentliches Erfolgsrezept. Nie ließ er sich von den Publikumskandidaten, die durch Abschießen und Auffangen eines Kinder-Propellers ausgewählt wurden, aus der Ruhe bringen. Er agierte wie ein souveräner Dompteur in der Manege und vertraute einfach auf seine verbale Schlagfertigkeit und Geistesgegenwart.
Spätestens mit der vom neuen TV-Sender ZDF zwischen 1964 und 1970 in 76 Folgen ausgestrahlten Spielshow „Vergissmeinnicht" rund um die Postleitzahlen, die 34 Millionen Mark zugunsten der „Aktion Sorgenkind" einbringen sollte, erreichte Peter Frankenfelds Bekanntheitsgrad in der Republik den von Bundeskanzler Konrad Adenauer. Als die Erfolgsshow trotz Quotenrekorden von bis zu 78 Prozent von neuen ZDF-Programm-Machern als „zu altbacken" eingestellt wurde, zog sich Frankenfeld enttäuscht, schmollend und trostsuchend bei seiner Ehefrau Lonny Kellner, die er 1956 geheiratet und die ihre eigene überaus erfolgreiche Karriere als Schlagersängerin zugunsten ihres Mannes aufgegeben hatte, in sein luxuriöses Wedeler Anwesen zurück.
Nach einem abermaligen Wechsel an der ZDF-Programmspitze traten die neuen Verantwortlichen reumütig den Gang nach Canossa an und verhalfen Frankenfeld mit der mit Sketcheinlagen garnierten Musikrevue „Musik ist Trumpf" ab 1975 zu einem viel umjubelten TV-Comeback. Bis zu seinem Tod infolge einer Virusinfektion sollte Frankenfeld, der 1968 auch mal einen Ausflug auf die Zürcher Schauspielbühne in Max Frischs „Biographie. Ein Spiel" oder 1965 auf die Filmleinwand in dem Streifen „Wunschkonzert" unternommen hatte, die samstägliche Wunschkonzert-Gala leiten. Nicht zuletzt verdanken wir Frankenfeld auch die Entdeckung des legendären „Dinner for One" – dem Silvester-Dauerbrenner. Er hatte die skurrile Geschichte dem Publikum erstmals 1963 vorführen lassen.