Sie hat sich gegen starke Männerkonkurrenz im Kampf um die CDU-Spitze durchgesetzt. Sie gilt als ausgesprochen zielstrebig. Doch wie ist sie wirklich, und wie wirkt Annegret Kramp-Karrenbauer? Drei erfolgreiche Frauen aus dem Saarland schildern ihre Eindrücke jenseits der Politik.
Ihre politische Karriere ist geprägt durch Willensstärke: Mit nur 38 Jahren wird AKK, wie Annegret Kramp-Karrenbauer inzwischen kurz genannt wird, zur ersten weiblichen und jüngsten Innenministerin der Republik. Nur ein paar Jahre später übernimmt Kramp-Karrenbauer erneut die weibliche Vorreiterrolle und wird als Ministerpräsidentin erste Frau an der Spitze des Saarlandes. Sie geht, trotz mahnender Worte seitens der Bundeskanzlerin aufs Ganze und entscheidet sich im Jahr 2012 für die Auflösung der saarländischen Jamaika-Koalition. Ein riskanter Schritt, der sich für die Politikerin jedoch voll auszahlt: Mit den umstrittenen Neuwahlen gewinnt die Saar CDU an Stimmen und AKK an bundesweiter Sympathie und an Ansehen.
Als Politikerin gilt AKK als sehr überlegt, ihr Führungsstil als unaufgeregt und durchsetzungsstark zugleich. Eine Frau, die eben „weiß, was sie kann, was sie will und was sie werden wird", wie ihre gleichnamige Biografie verrät. Aus diesem Grund küren sie die Frauenzeitschriften zu einem modernen weiblichen Vorbild. Doch wie schaut es mit der Person AKK aus? Wie zeigt sich die mögliche Kanzlerkandidatin in ihrem privaten Umfeld? Ist sie auch jenseits des politisches Parketts eine „starke Frau", und wenn ja, woran macht das ihr Umfeld fest?
„Eine post-feministische Frau"
„Unter der Bezeichnung einer ‚starken Frau‘ versteht natürlich jeder etwas anderes", sagt Modedesignerin und Wahlsaarländerin Laura Theiss. „Für mich ist eine starke Frau eine Frau, die ihr Leben selber bestimmt. Eine post-feministische Frau, die auch mal ein farbenfrohes Kleid anzieht und sich nicht hinter einem Dresscode aus Anzügen versteckt, die über Blondinen-Witze lachen kann und die Stärke besitzt, auch schwache Momente zu haben."
Zum ersten Mal begegneten sich die beiden Frauen bei einer Kulturveranstaltung. „Wir trafen uns rein zufällig im Theater und später bei der Konzertreihe ,Klassik Open Air‘ in Homburg." Die offene Art von Kramp-Karrenbauer spricht Laura Theiss sofort an. „Sie tritt sehr selbstbewusst auf und hat gleichzeitig ein freundliches und herzliches Wesen. Sie geht auf die Menschen zu und hat die Gabe, jedem sehr persönlich zu begegnen."
Die beiden Frauen kommen schnell ins Gespräch, tauschen sich über Alltägliches aus. Theiss, selbst Mutter eines Sohnes, bewundert vor allem die Fähigkeit AKKs, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. „Das kann sie wirklich toll, ihre Familie und Karriere managen", erzählt Theiss weiter. „Es ist nicht einfach, eine ,Working Mom‘ zu sein und parallel so eine steile Karriere aufzubauen. Schließlich gibt es keine Anleitung, wie man CDU-Chefin wird. Ich glaube, es gehören viel Fleiß, Patriotismus und Können dazu, und Kramp-Karrenbauer kann sich gut durchsetzen. Dennoch bleibt sie dabei immer authentisch. Das macht sie auch meiner Meinung nach zu einer modernen, starken Frau."
Tatsächlich bricht AKK die klassische Rollenverteilung innerhalb ihrer Familie schon früh auf. Wenn sie mal wieder auf einer Geschäftsreise ist, kümmert sich ihr Ehemann Helmut um die gemeinsamen Kinder. Eine ziemlich ungewöhnliche Konstellation, wenn man bedenkt, dass sie aus einer traditionellen katholischen Familie kommt.
„Sachlich, fair, herzlich"
„Es Anne" – wie sie von Menschen, die ihr nahestehen, genannt wird – wurde im Jahr 1962 in Völklingen geboren und wuchs mit fünf weiteren Geschwistern in Püttlingen auf. Ihr Vater ist Sonderschullehrer, ihre Mutter eine Hausfrau, die den Haushalt schmeißt und sich um die Kinder kümmert. Als ihr geliebter Vater an Leukämie stirbt, bricht für die damals 21-jährige AKK eine Welt zusammen. Zu diesem Zeitpunkt ist sie mitten in ihrem Studium der Politik- und Rechtswissenschaften. Dieser Verlust lässt sie schneller erwachsen werden, wie sie rückblickend in vielen ihrer Interviews betont. Im Jahr 2000 verliert AKK ihren Bruder. „Als mein ältester Bruder an einem Hirntumor gestorben ist, war das für meine Mutter ein unglaublicher Schicksalsschlag", erzählt sie in einem Interview mit der „Bild". „Für mich war es eine sehr zwiespältige Zeit: Ich war gerade neu im Landtag. Politisch war das eine meiner glücklichsten Momente, weil wir nach Jahren der Opposition wieder die Regierung übernommen hatten. Privat war es einer der schwierigsten. Das macht misstrauisch, weil man erlebt, dass das Schicksal um die Ecke kommt und zuschlägt. Aber es macht auch demütig und dankbar für die guten Dinge im Leben."
Diese Wertschätzung macht auch unter anderem das Wesen AKKs für die ehemalige saarländische Theater-Generalintendantin Dagmar Schlingmann aus. „Ich habe Annegret Kramp-Karrenbauer über meine Arbeit am Saarländischen Staatstheater kennengelernt, da sie von 2007 bis 2009 das Amt der Kulturministerin innehatte. Auch in ihrer Zeit als Ministerpräsidentin hatten wir immer wieder Kontakt zu Theater-Themen, und ich habe dabei viel Wertschätzung erfahren." Schlingmann erlebt AKK als eine Person, die die Fähigkeit hatte, ihren Gesprächspartnern „auf Augenhöhe" zu begegnen. „Dabei ist sie nicht nur stets sachlich und fair aufgetreten, sondern konnte auch ausgesprochen herzlich sein. All diese Eigenschaften zeugen für mich von großer persönlicher Stärke."
Diese Meinung teilt auch Christine Simon, Geschäftsführerin von der Walor Stahlbau und Montage GmbH. „Eines der Gespräche, bei dem ich sie hautnah erleben durfte und welches mir in positiver Erinnerung geblieben ist, war, als die Wirtschaftsjunioren Saarland mit Frau Kramp-Karrenbauer in den angeregten Dialog kamen." Zur Sprache kamen Themen wie die Grundstruktur und das Risikobewusstsein junger Unternehmer im Saarland. Dabei erlebte Simon AKK als eine sehr fleißige, bodenständige Frau. „In ihrer politischen Karriere war sie bereits mehrfach Vorreiterin für uns Frauen", schildert Simon ihre Eindrücke. „Zudem vereint sie viele Eigenschaften, die für Führungskräfte essenziell sind: Ausdauer, Verantwortungsbewusstsein und Durchsetzungsvermögen. Darüber hinaus ist Kramp-Karrenbauer als Mutter dreier Kinder ein Vorbild für Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Ich finde ihren Werdegang sehr beeindruckend und habe mich für sie gefreut. Denn trotz ihrer Strahlkraft bleibt sie ‚unsere AKK‘, die nicht vergisst, wo sie herkommt."