Rot ist die Farbe der Liebe – in Namibia färbt der rote Sandstein die Landschaft. Schnell lernen Reisende dieses abwechslungsreiche Land mit seinen freundlichen Menschen und wunderbaren Tiere zu lieben. Bei einer 20-tägigen Reise bleiben auf der mit Highlights gespickten Route keine Wünsche offen.
Dieses Rot ist einfach unglaublich! In Namibia färbt es die Sandböden der Kalahari. Für noch mehr Rottöne sorgt die Morgen- und Abendsonne. Dann glüht die Wüste, dann erstrahlen die Felsen. Selbst die grauen Dickhäuter erröten in diesem animierenden Licht.
Das Leitungswasser ist gefahrlos trinkbar. In den Städten wird es gereinigt, die Lodges haben eigene Brunnen. Dort kommt das frische Nass aus der Tiefe. Damit wir bei längeren Touren nicht dürsten, hat Reiseleiter Hannes de Vries einen großen Wasserkanister im Safari-Truck.
Die Lodges erstaunen ebenfalls. Einige ähneln Luxushotels, so die Kalahari Anib Lodge, unsere erste Bleibe. Später überraschen die Mokuti und die Twyfelfontein Lodge, in deren Nähe sich die berühmten, bis zu 10.000 Jahre alten Felsgravuren der Sal (Buschmänner) befinden, ein Unesco-Weltkulturerbe.
Einige Lodges haben eigene Führer, die die Gäste begleiten und vieles erklären. Den lustigen Gelasius von der Erongo Wilderness Lodge werde ich bestimmt nicht vergessen. Als es steil wurde, hat er mir seine kräftige Hand gereicht. Auch gemütliche einfachere Unterkünfte erleben wir, jedoch alle mit Pool, alle picobello sauber und mit schmackhafter Küche. Der Tourismus ist für Namibia ein bedeutsamer Wirtschaftsfaktor. So erklärt sich das.
Alles weitere erklärt Hannes. Der hat den Boden im Blick und entdeckt die Verstecke der Skorpione und den winzigen Trichter des Ameisenlöwen, der auf die hineinrutschende Beute lauert. Auch weiß Hannes anhand der Spuren sofort, welche Tiere hier wann gelaufen sind. Schon als kleiner Junge hat er sich in der Wüste herumgetrieben und mitunter im Freien geschlafen. Anfangs hätte sich seine Mutter Sorgen gemacht, später wusste sie, der kommt wieder heim. Nun sorgt er bestens für die Gäste.
Die Kalahari ist eine Dornstrauch-Savanne
Eines wird schnell klar: die Kalahari ist keine Sandwüste, sondern eine sogenannte Dornstrauch-Savanne und außerdem die Heimat der Kameldornbäume. Ihre Blätter sind die Lieblingsspeise der Giraffen. Und der Kamele? „Die gibt es hier nicht. Die Einheimischen nennen die Giraffen Kamelpferde", lacht Hannes.
Zu seinen Lieblingsplätzen gehört der unter Naturschutz stehende Köcherbaumwald, dessen bis zu 300 Jahre alte Bäume inmitten von Felsen wie Kandelaber gen Himmel ragen. Ihr Inneres ist watteweich, sodass die Einheimischen einst Aststücke als Köcher für ihre Pfeile benutzten.
Rot schimmern die pittoresken Baumkronen im Abendlicht. Kleine Tiere, wie rundliche Häschen, suchen sich noch schnell einen Sonnenplatz. Klippschliefer sind es, und sie werden unsere Lieblinge. Als die Sonne sinkt, stehen die Köcherbäume wie Scherenschnitte vor dem noch hellen Himmel. Ein mystischer Ort.
Dieser Eindruck verstärkt sich bei einer Nacht unterm Sternenzelt im Namib Rand Naturreservat. Ein Camping-Herd mit Töpfen und Pfannen, ein Klapptisch, Stühle und ein Chemie-Klo werden von Helfern ins Nowhere transportiert. Sie bauen auch Zelte auf, falls es kalt oder windig werden sollte. Wenn wir in Deutschland Sommer haben, ist in Namibia Winter. Dennoch scheint auch dann die Sonne voller Kraft.
Schon prasselt das Feuer, und Hannes kocht ein Dreigangmenü. Das gibt Kraft für die Wanderung zum „Musikberg". Wer die richtigen Stellen findet, kann den Steinen Töne entlocken oder über die klobigen Felsen zum Gipfel klettern, ein gutes Training für das baldige Erklimmen der großen Dünen von Sossusvlei. Schon ihr Anblick ist atemberaubend schön, orangerot leuchten sie uns entgegen. Wie Ameisen stapfen bereits Menschen aus aller Welt immer am Grat entlang auf der 120 Meter hohen „Düne 45" empor.
Der weiche Sand macht das Bergauf anstrengend. Zwei Schritte vor, einer zurück, eine Echternacher Springprozession nach namibischer Art. Die „Düne 45" ist jedoch nur das Einsteigermodell. Die nächste Herausforderung ist der 325 Meter hohe „Big Daddy".
Beim Abstieg beziehungsweise Runterrutschen landen wir schließlich im „Tal des Todes", wo abgestorbene Bäume an wasserreichere Zeiten erinnern. Wie schmal wirkte zuvor schon der Fischfluss, der sich in 550 Meter Tiefe durch den gewaltigen, von ihm geschaffenen Fish River Canyon schlängelt, den zweitgrößten der Welt.
Mit Wasser sparsam umzugehen, lernen auch die Besucher. Denn eines ist unübersehbar – die Wüste wächst und kommt den Atlantik-Städten Walvis Bay und Swakopmund immer näher. Die Bewohner scheinen sich jedoch keine Sorgen zu machen.
Vor allem Swakopmund wirkt lebhaft und farbenfroh. Die Bauten aus der Kolonialzeit sind gut restauriert und tragen noch die deutschen Namen plus Jahreszahl. Namibia war von 1884 bis 1919 Deutsch-Südwestafrika. Zahlreiche Gebäude stehen inzwischen unter Denkmalschutz.
Aus dem Militärkrankenhaus, errichtet 1902, wurde das Hotel Prinzess, aus der schlossartigen Kaserne von 1904 eine Jugendherberge. Das Brauhaus offeriert unter anderem Grillhaxe mit Sauerkraut und Semmelknödeln sowie Leberkäse mit Spiegelei und Bratkartoffeln, und in Raith’s Bakery stehen Schokoladen-Croissant, Mohnkuchen und Apfelstrudel auf den Schildern. So lecker wie einst bei Oma schmeckt der Käsekuchen.
Relikte aus der Kolonialzeit
Dieser gelassene Umgang mit den Relikten aus der teils blutbefleckten Kolonialzeit prägt auch die sehenswerte Ausstellung im Museum nahe dem Leuchtturm. Afrikanisches und Deutsches hat hier Platz, genau wie in Keetmanshoop weiter südöstlich. In der dortigen, zum Museum umfunktionierten Missionskirche informieren Tafeln über die Nama (früher Hottentotten genannt) und Hereros. Daneben deutsche Hinterlassenschaften, wie Geschirr, Kleidung, Gewehre und Nähmaschinen.
Solche Nähmaschinen sind offenbar unkaputtbar und noch in Benutzung. Im Norden, wo die Hereros wohnen, arbeitet gerade eine fröhliche Frau in einer offenen Ladenzeile mit einem Singer-Handkurbel-Modell. Ihr schickes Kleid und den kessen Hut hat sie damit gefertigt. Die Nachbarinnen sind ebenfalls fein herausgeputzt. Als ihnen die Missionare Kleider verordneten, haben die Hereros das Beste daraus gemacht.
Anders die Himba-Frauen. Nach wie vor sind sie barbusig, um stets ihre Babys stillen zu können. Die Ringe um ihre Fußgelenke geben Auskunft darüber, wie viele Kinder sie haben. Kopf und Körper schmücken sie intensiv und keineswegs für die Touristen, denen sie jedoch gern gutes Kunsthandwerk anbieten. Wer etwas kauft, darf sie auch fotografieren.
Bei der Zwergfellrobben-Kolonie am Kreuzkap und vor allem im Etosha-Nationalpark sind die Kameras dann im Dauereinsatz. Das Fahrzeug verlassen darf dort niemand, doch in unserem Safari-Truck lässt sich das Dach anheben und erleichtert das Beobachten und Bildermachen. Antilopen und Zebras ziehen umher, Elefanten stapfen durchs Gras und überqueren sogar die Straße. Die dünnen Springböcke machen ihrem Namen alle Ehre. Schnell müssen sie sein, denn ein Leopard lauert schon im Gebüsch. Am meisten tut sich an den Wasserlöchern. Die großen Giraffen halten Ausschau, auch die Impalas haben ihre Aufpasser. Bei jedem Verdacht stieben sie furchtsam davon. Ein hungriger Löwe lässt sich zwar nicht blicken, doch selbst die Elefanten geleiten ihre Kleinen wachsam zum Trinken, ohne die anderen Tiere zu verdrängen.
Ähnlich verhalten sich die Breitmaulnashörner nahe der Waterberg Wilderness Lodge. Im Gegensatz zu den Spitzmaulnashörnern sind sie von friedlicher Natur und offensichtlich an Menschen gewöhnt. Ihre Hörner wurden gestutzt, um sie vor skrupellosen Wilderern zu schützen. Aus gleichem Grund kappt man die Stoßzähne der Elefanten. Solche Sorgen haben die frechen Paviane nicht. Die turnen nur wenige Meter entfernt flink umher. Bevor wir den Bus oder das Zimmer verlassen, müssen wir die Fenster schließen. „Die fressen alles, auch Zahnpasta", warnt Hannes. Die niedlichen Klippschliefer täten das nicht, die sind reine Vegetarier. Vielleicht suchen sie sich in der Abendsonne einen Felsenplatz auf dem rot leuchtenden Waterberg-Plateau.