Die Debatte um die Bahn, Feinstaubgrenzwerte, Treibhausemissionen und Tempolimit zeigt: Das Umdenken beginnt. Auch beim öffentlichen Personennahverkehr in Deutschland.
In den Medien, in der Politik, auf der Straße, am Stammtisch − überall wird derzeit viel Feinstaub aufgewirbelt. Zeit, sich um einen nachhaltigeren, klimaschützenden öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zu kümmern. Die Gründe dafür liegen allerdings nicht nur in der Emissionsdebatte, sprich in der Gesundheit der Bevölkerung und einer sauberen Umwelt, sondern auch in dem schwer fassbaren Begriff der Lebensqualität. Die soll in Städten mit weniger Verkehr, besserem öffentlichen ÖPNV höher sein. Im vergangenen Jahr wurden Wien und Zürich zu den beiden Städten mit der höchsten Lebensqualität gewählt. Auf Rang vier: München. Ein wichtiger Einflussfaktor für das Ranking ist unter anderem der öffentliche Nahverkehr: In Wien legen die Bürger 38 Prozent ihrer Wege im öffentlichen Nahverkehr zurück – eine extrem hohe Prozentzahl im Vergleich zu anderen Städten. 27 Prozent sind es in Berlin, 21 Prozent in München, in Ludwigshafen 19 Prozent, in Stuttgart 14,8 Prozent, zehn Prozent in Münster – dort wiederum wird dafür das Fahrrad deutlich öfter genutzt. Berlin will 28 Milliarden Euro bis 2035 investieren, um sein Transportproblem im öffentlichen Nahverkehr zu lösen. Seit Jahren setzt die Berliner Verkehrsgesellschaft alte S-Bahn-Waggons aus DDR-Zeiten ein, um dem Ansturm Herr zu werden.
Was für einen „grüneren" ÖPNV zu tun ist? Natürlich, Investitionen tätigen. Eine gute halbe Million Euro und mehr kostet derzeit beispielsweise ein Elektrobus, der meist in Osteuropa oder Asien hergestellt wird. Daimler ist mit seinem Modell Citaro nun in die Produktion von E-Bussen eingestiegen. Nachdem Modelle aus EU-Nachbarländern den Markt dominieren, steigen nun auch verstärkt große deutsche Hersteller ein.
Die Zeit ist reif, der Markt vergrößert sich. Von 17.000 Omnibussen im öffentlichen deutschen Nahverkehr sind derzeit nur knapp 600 elektrisch. Doch immer mehr deutsche Städte testen Elektrobusse. Und immer wieder gibt es Rückschläge: In Trier musste ein Elektrobus ins Depot, weil der Fahrer – im Winter – die Heizung angestellt hat. Prompt lief die Batterie leer und der Bus beschleunigte kaum noch. Also sind viele dieser Busse immer noch mit Dieselmotoren – für Klimaanlage und Heizung – ausgestattet. Es bleibt noch viel zu tun, Stellschrauben gibt es zahlreiche. Zum Beispiel einen kostenlosen Nahverkehr ohne Tickets. Aber ist dies angesichts der Verkehrsprobleme in vielen Großstädten wirklich die Lösung? Luxemburg testet es als erstes Land der Welt. Andernorts gibt es nur einzelne kostenlose Strecken oder Testläufe wie ab Ende 2019 in Augsburg. Die estnische Hauptstadt Tallinn erlaubt registrierten Einwohnern der Stadt, den Nahverkehr kostenlos zu nutzen. Dort haben sich Staus seither verringert. Was für einen „grüneren" ÖPNV noch zu tun ist? Umdenken. Ein Linienbus stößt 75 Gramm Treibhausgase pro Person pro Kilometer aus, ein Auto durchschnittlich 139. Trotzdem bleiben die Hürden im Kopf hoch, vor allem für Autofahrer. Kostenloser Nahverkehr ist ebenfalls kein Argument für viele, umzudenken und umzusteigen, haben Soziologen der TU Darmstadt im vergangenen Jahr herausgefunden. Sie halten höhere Kraftstoffpreise für effizienter – und Tempolimits.