Mit seinem achten Studioalbum „Simulation Theory" verbeugt sich das britische Trio Muse vor all den großartigen Meisterwerken des stilbildenden Jahrzehnts der Popkultur. Bereits das erste Stück „Algorithm" könnte mit seinem stampfenden Bass und der Chiptune-Melodie, die direkt aus einem C64-Spiel stammen könnte, als Titelmusik der Netflix-80er-Hommage „Stranger Things" dienen. Sogar das Plattencover stammt vom gleichen Künstler, der auch am Design der Serie arbeitete.
„Something Human", am Ende der stressigen letzten Tour geschrieben, erinnert mit seiner sanften Rhythmus-Gitarre und der wunderschönen Melodie an „A little respect" von Erasure. „Thought Contagion" lässt in Video und Refrain die „Lost Boys" aus ihrer Gruft steigen. Mit „Pressure" schafft das eifrige Trio das Kunststück, ein im 50er-Jahre-Rock angesiedeltes Stück so klingen zu lassen, als hätte man es in den 80ern aufgezeichnet und per „Zurück in die Zukunft"-DeLorean in die Jetztzeit geschickt, wo es noch immer frisch und unverbraucht klingt. Auch sonst mischen Sänger Matthew Bellamy, Bassist Chris Wolstenholme und Schlagzeuger Dominic Howard munter Stile, Genres und Hommagen, wie es ihnen gerade passt – wie ja eigentlich immer. So setzen sie Gitarren-Scratching neben Rap-Einlagen und lassen die Synthesizer so eingängig fiepen, wie es wohl niemand mehr gemacht hat, seit Chris Hülsbeck die Melodie zu „The Great Giana Sisters" programmierte.
Den Alternative-Einschlag mit fetzigen Gitarren und irren Bassläufen, der Muse Anfang des Jahrtausends in die großen Stadien katapultierte, fahren sie weitgehend zurück. Bei zwei Tracks saß sogar R’n‘B-Produzent Timbaland an den Reglern.
Nach rund 25 Jahren Bandgeschichte schaffen es die Drei also noch immer nicht, wie eine Simulation ihrer selbst zu klingen – sondern innovativ, neugierig und sich selbst durch eigenständige Musik stimulierend. Die zugehörigen bonbonfarbenen Videos kann man sich übrigens auf retrogradevideo.com alle kostenlos anschauen – stilecht in VHS-Videokassetten-Optik.