Mit Haifischen kennt er sich bestens aus. Schlagerstars und -sternchen haben schon bei ihm genächtigt. Erholungssuchende schwärmen von seiner behaglichen Wellness-Oase. Politiker und Wirtschaftsunternehmen schätzen seine Schulungsräumlichkeiten. Die Rede ist von Gerold Weingärtner, dem Hotelier vom Bostalsee. Dieser Tage feierte er seinen 70. Geburtstag.
Die Schlange der Gratulanten war lang. Kein Wunder, hat der zielstrebige Vermarkter der saarländischen Vorzeige-Ferienregion doch im Laufe seines Berufslebens für viel Furore rund um den Bostalsee gesorgt. Gerold Weingärtner ist es zu verdanken, dass das idyllische Kleinod im angrenzenden Luxemburg, in Island und nicht zuletzt innerhalb Deutschlands als Ferienort bekannt wurde.
Eigentlich sollte Gerold Weingärtner in die Fußstapfen seines Vaters Erhard und seines Großvaters Heinrich treten und den familieneigenen Bäckerbetrieb übernehmen. Nach erfolgreichem Abschluss der Bäckerlehre und nicht minder erfolgreichen Expansionen des Familienbetriebes kündigten sich 1972 jedoch wegweisende Veränderungen im Leben von Gerold Weingärtner an. Von einem Maggi-Vertreter hörte er, dass es wohl Pläne gäbe, einen Stausee in Bosen zu verwirklichen. Der couragierte Jungunternehmer zögerte daraufhin nicht lange, erwarb ein Grundstück –
das heutige Gelände des Seehotels – und wollte ein Café errichten, aus dem dann ein Hotel mit Fremdenzimmern wurde. Fünf Jahre, bevor der Stausee gebaut wurde! Wenn das nicht mutig zu nennen ist.
Sein Instinkt riet ihm, Fremdenzimmer und Seminarräume dazu zu bauen. 1977 stand das Hotel, erste Übernachtungsgäste konnten in dem bis dato touristisch wenig erschlossenen Gebiet begrüßt werden.
Unterstützt wurde Gerold Weingärtner in den Anfangsjahren von seiner ersten Frau Brigitte und ganz besonders von seiner Mutter Lore, die bis zu ihrem Tod 1998 als Seniorchefin ihrem Sohn den Rücken stärkte.
Neben den ursprünglich 46 Betten bot das „Seehotel Weingärtner" zwei Kegelbahnen und eine Disco-Bar, Tagungs- und Feierräumlichkeiten mit 280 Sitzplätzen und eine Sonnenterrasse mit über 100 Sitzplätzen.
„Bereits in den frühen 80er-Jahren mussten wir erweitern", erinnert sich der Hotelgründer. „Wir bauten großzügig an, vergrößerten die Zimmeranzahl und Restaurantplätze und richteten eine Diskothek ein: die legendäre ‚Hailife-Bar‘. Die Gäste tanzten sozusagen auf einem Aquarium, in dem Leoparden-Haie und Ammenhaie – per Flugzeug eingeflogen aus dem Pazifik – schwammen. „Bis 1992 war die ‚Hailife-Bar‘ der Publikumsmagnet für unser Hotel und auch für die Region. Jugendliche aus aller Welt strömten zu uns. Sogar US-Streitkräfte aus Ramstein hielten ihren Unterricht in Meeresbiologie bei uns ab. Manfred Sexauer, der berühmte Moderator der Disco Top Ten, war oft bei uns zu Gast und brachte jede Menge Stars ins Seehotel. Am Wochenende tanzten bis zu 1.200 Besucher in unserer Disko, dabei waren auch Go-Go-Girls, die den Gästen kräftig einheizten", erinnert sich Gerold Weingärtner.
„Ich bin einfach Mädchen für alles"
Auch in Sachen Eigen-Marketing für sein Hotel betrieb der umtriebige Saarländer einfallsreich Akquise: „Zu einer unserer ersten Tourismusmessen in Luxemburg fuhren wir mit 1.200 selbst gemachten Petit Fours aus unserer hauseigenen Konditorei und 60 Flaschen Champagner. An unserem Messestand haben wir großzügig unsere Köstlichkeiten und dazu Visitenkarten von unserem Hotel verteilt." Ein Einsatz, der sich lohnte. Ein Jahr später waren bereits über 1.000 Gäste aus Luxemburg zur Übernachtung in Bosen. Es kamen sehr viele Reisebusse nicht nur aus dem Großherzogtum, sondern auch aus Belgien und Hamburg an den Bostalsee zu dem freundlichen Hotelier, der seine Gäste so warmherzig empfängt, der so schöne Geschichten erzählen kann, und der so bodenständig hinter der Rezeption steht und mit anpackt, wenn Not am Mann ist. Letzteres hat schon für so manches Schmunzeln gesorgt. „Für mich ist es selbstverständlich, unseren Gästen auch die Tür aufzuhalten oder ihnen mit ihren Koffern zu helfen. Zwei ältere Damen, denen ich die Tür öffnete, meinten gütig lächelnd zu mir: ‚So einen netten Hausmeister haben wir ja selten gesehen.‘" Dass der Hotelchef persönlich vor ihnen stand, hätten sie nicht für möglich gehalten.
Schnell hatte Gerold Weingärtner auch Kontakte nach Ostdeutschland und nach Island geknüpft. Hilfreich hierbei waren Gräfin Sonja Bernadotte von der Insel Mainau im Bodensee, der damalige Flughafenchef Knut Hänschke und Ludwin Vogel von der Landesregierung. Mit ihnen reiste der findige Hotelier nach Reykjavik, Hamburg, Luxemburg, Cottbus. Auch hier half seine spezielle Methode, vor Ort bei potenziellen Touristen für sein Hotel zu werben. „Damals, vor über 40 Jahren, hat doch kein Mensch im Saarland Urlaub gemacht. Erst als ich ihnen von unserem schönen Bostalsee, den vielen Sehenswürdigkeiten rund um die Saar und nebenbei auch von unserem familiengeführten und zugleich weltoffenen Hotel vorgeschwärmt habe, wurde unsere Grenzregion zwischen Luxemburg und Frankreich attraktiv für Erholungssuchende."
Sein Geschäftssinn, seine Großzügigkeit, aber auch seine glaubhafte Liebe zu seiner Heimat machten das Seehotel berühmt. Dass sich der Bostalsee und mit ihm das Nordsaarland als Urlaubsziel so etabliert hat, kann sich Gerold Weingärtner als persönlichen Erfolg auf sein Revers heften.
Für seine beruflichen und menschlichen Talente wurde Gerold Weingärtner 1995 zum „Chevalier des Grandes Boutiliers de France" berufen und per Säbelschlag in die ehrwürdige Runde einer der renommiertesten Weinbruderschaften aufgenommen. Auch der Bruderschaft besonderer Feinschmecker, der „Chaîne des Rotisseurs", gehört er seit 1996 an.
Als 2006 das Wasser im Bostalsee abgelassen und die Staumauer saniert wurde, nahm die Zahl der Touristen gravierend ab. Das „Seehotel Weingärtner" geriet ins Trudeln. Hilfe kam 2009 von der Victors-Unternehmensgruppe, die das Hotel übernahm und kräftig in die Modernisierung investierte. Alle 100 Zimmer wurden auf den neuesten Stand gebracht, das Schwimmbad samt Beauty-Farm saniert, die Restaurants neu bestuhlt. An dem bewährten Management hingegen hielt die neue Hotelleitung fest, Gerold Weingärtner blieb Direktor des Hauses. Er ist weiterhin „der gute Geist", „die hilfreiche Hand", „der Kümmerer", an den sich Gäste, Mitarbeiter und Unternehmensführung vertrauensvoll wenden.
Zusammen mit Cindy Manfra, die anfänglich als Direktionsassistentin und nun als hauptverantwortliche Direktorin das Hotel leitet, bildet Gerold Weingärtner ein gutes Team, das sich bestens ergänzt.
Seine Zukunft sieht der frischgebackene 70-Jährige weiterhin im Seehotel. „Wenn ich fit bleibe, freue ich mich, morgens an der Rezeption die Gäste zu begrüßen und mich um ihr Wohlergehen zu kümmern. Ich mache auch mal Telefondienst, unterstütze den Küchenchef, indem ich ab und an einkaufen fahre, bin einfach das ‚Mädchen für alles‘. Wenn es sich ergibt, bleibe ich auch mal bis spätabends im Hotel. Das ist mein Lebensrhythmus. Karin, meine Lebensgefährtin, kennt das seit 18 Jahren." Ohne dieses Gefühl, einer sinnvollen Tätigkeit nachzugehen, wäre Gerold Weingärtner nicht glücklich. Und den Gästen im Seehotel, von denen manche schon seit 40 Jahren immer wieder an den Bostalsee kommen, würde auch ihr vertrautes Gesicht fehlen.