Die Londoner Hochzeitsgesellschaft sitzt in einer tunesischen Oase fest. Marc und Kelly hatten ihre Freunde – Banker, Trader, Finanzmanager und -berater – zur Feier eingeladen. Die unbezahlte Rechnung für das Luxusresort kletterte über Nacht auf einen Betrag über den ihres Londoner Reihenhauses, das zu 80 Prozent der Bank gehört. England erklärt den Staatsbankrott. Die Banken sind insolvent. Es fiepen noch die Smartphones und überbringen einem nach dem anderen die Kündigung. Dann ist Schluss. Die Telefongesellschaften kappen die Verbindung. Das Smartphone landet im Pool, den die Gäste nicht mehr benutzen dürfen. Zu essen bekommen sie auch nichts mehr, so will es die Hotelchefin, die festgestellt hat, dass die Konten der Gäste gesperrt sind. Was wird geschehen? Werden sich die jungen Leute, die beruflich mit Unsummen jonglieren und ein Leben in Luxus gewöhnt sind, dieser Lage souverän und solidarisch stellen? Oder erleben wir ein infernalisches Tabula rasa jenseits zivilisatorischer Errungenschaften?
Der Buchtitel verheißt den „Frühling der Barbaren". Jonas Lüscher erzählt in diesem Roman eine packende Geschichte auf bös-komische Weise und auf hohem stilistischem Niveau. Die Lektüre gibt Raum zum Nachdenken über die Auswüchse des Kapitalismus und der Finanzwirtschaft inklusive deren gesellschaftlichen Deutungshoheit. „Wo das Geld ist, ist die Wahrheit" heißt es an einer Stelle. Ergibt sich daraus, bei ungleicher Verteilung von Geld, die ungleiche Verteilung von Wahrheit? Lüscher beobachtet nicht nur das Gebaren einer hedonistisch jungen Generation, er stellt mit deren Eltern auch das Jung- und Altsein kontrastierend gegenüber.
Preising, ein Schweizer Unternehmer lernt Pippa, die Mutter der Braut, bei seinem Eintreffen in der Oase kennen, er rutscht in die Ereignisse hinein und berichtet Jahre später dem Ich-Erzähler „eine Geschichte voller unglaublicher Wendungen, abenteuerlicher Gefahren und exotischer Versuchungen". Ein wunderbar kluges und unterhaltsames Buch!