In „Destroyer" verkörpert die australische Schauspielerin und Oscarpreisträgerin Nicole Kidman eine vom Leben erschöpfte Polizistin. Für diese Rolle hat sie jeglichen Hollywood-Glamour abgelegt und zeigt endlich wieder eine große Leistung.
Am Anfang ihrer Karriere war Nicole Kidman eine durchschnittliche Jungschauspielerin mit Sommersprossen, etwas ungebändigtem Haar und einer Hauptrolle in einer australischen Fernsehserie. Das war in den frühen 80er-Jahren – und es ist bemerkenswert, wie weit es die heute 51-Jährige gebracht hat. Nach ihrem Filmhit „Todesstille" (1989) wechselte sie nach Hollywood, heiratete Superstar Tom Cruise und bekam einige Filmrollen, die ihrem Talent nicht ganz gerecht wurden. Erst nach ihrer Scheidung von Tom Cruise gewann die Karriere von Nicole Kidman an Tempo. Für ihre Hauptrolle in „The Hours" (2002) wurde sie mit einem Oscar ausgezeichnet. Dann, selbst auf dem Film-Olymp angekommen, geriet Kidmans Karriere ins Wanken. Ihr gelang es nicht, weitere starke Rollen zu ergattern. Das ist nun vorbei. In „Destroyer" zeigt Nicole Kidman, dass sie noch immer eine der Großen des Kinos ist.
Die Geschichte: Ein Mord ist geschehen, und Polizistin Erin Bell (Nicole Kidman) wird zum Tatort gerufen. Dort würde jeder der Polizisten gern einen großen Bogen um sie machen, sieht sie doch aus wie eine zerlumpte Verliererin statt wie eine professionelle Ermittlerin. Dennoch: Ein Blick auf das Opfer, und sie weiß, wer der Mörder ist. Denn sie bemerkt am Toten rote Markierungen. Sie beweisen die Mitgliedschaft des Opfers in der Bande, die Erin einst verfolgt hat.
Eine Rückblende: Erin ist Anfängerin, sie sieht jünger aus, ist weniger verschlossen und ist voller unbekümmertem Enthusiasmus. Mit Kollege Chris (Sebastian Stan) arbeitet sie undercover, um eine gewalttätige Gruppe von Bankräubern zu stellen. Aber das Projekt geht schief, und Chris wird getötet. Erin schwört Rache und jagt Silas (Toby Kebbell), den psychotischen, sadistischen Anführer der Bande. Nun scheint der Verbrecher wieder in der Stadt zu sein, die Zeichen am Mordopfer beweisen dies. Erin stellt sich der Gefahr.
Gegenwart und Rückblenden
Es muss für Nicole Kidman eine Befreiung gewesen sein, als ihr der Part in „Destroyer" angeboten wurde. Die Schauspielerin legte jeglichen Starglamour ab, um Erin als verblassenden Schatten eines einst kriminalistischen Talents zu zeigen. Erin ist eine gebrochene, innerlich wie äußerlich zerstörte Frau, die durch ihr Leben stolpert wie eine Untote. Ihr Gesicht ist verwüstet, als ob es in einem Ozean voller Schmerzen ertrunken wäre. Ihre Augen sind leer und durchscheinend, ihre Lippen sind ausgetrocknet. Ihr Gang ist so schleppend, als ob die Frau zermalmt zu werden droht – wie ein Packpferd, von jahrelangem Missbrauch geschunden. Auch scheint es, als habe Erin sich mit reichlich Alkohol absichtlich geschadet.
Mit der Erkenntnis, dass sie die Chance hat, das Drama ihrer Vergangenheit endgültig zu klären, erwachen in Erin die Lebensgeister, wenngleich nur sehr langsam. Erin nimmt die Spur ihres Peinigers auf – und droht erneut zu scheitern. Nicole Kidman als Erin zu sehen ist Freude und Qual zugleich. Nach den Hochglanzfrauen in Flops wie „Nine" (2009), „Grace von Monaco" (2014) und „Königin der Wüste" (2015) beweist Kidman erneut ihre Schauspielstärke, die gerechtfertigterweise mit einer Nominierung für den Golden Globe 2019 geehrt wurde. Aber so schleppend sich Erin vor allem in der ersten Hälfte von „Destroyer" durch die Szenen stolpert, so mühsam ist es zuweilen, ihr zuzusehen. So führt ihre Durchsuchung in die Villa eines schäbigen Strafverteidigers, was in einer brutalen Konfrontation endet. Wahrscheinlich war in einem Film noch nie eine Seifenschale zu sehen, die auf so schreckliche Weise als Knüppel benutzt wurde.
Ihre Lebensgeister erwachen langsam
Auch dass das Drehbuch mit Rückblenden spielt und Sackgassen zulässt (und damit wohl das wahre Polizistenleben zeigt) macht „Destoyer" bisweilen etwas zäh.
Vielleicht ist das der Grund, weswegen der Film ohne eine Oscar-Nominierung geblieben ist. Doch Nicole Kidman zeigt, dass sie ein echter Filmstar ist und bügelt so manche Schwäche aus – bis zu einem Finale, das den Zuschauer ebenso verblüfft wie atemlos machen wird.