In David Lowerys bildintensiver und balladesker Gaunerkomödie „Ein Gauner & Gentleman" fängt Hollywood-Legende Robert Redford in seiner angeblich letzten Filmrolle als berühmt-berüchtigter Ausbrecherkönig der USA erst richtig an.
Dieser gealterte, geschmeidige Altkater lässt das Mausen um die Moneten nicht: Nur Bares ist Wahres, harte US-Dollars seine Lebensmaxime. Nicht aber als sinisterer Hedgefonds-Manager aus der Wall Street oder geleckter Immobilienmakler, der Luxus-Schnäppchen für Milliardäre in der Park Avenue vermittelt. Nein Forrest Tucker (Robert Redford) ist ein ehrenwerter Gangster mit exquisiten Manieren. Von den US-amerikanischen Gesetzeshütern gehasst und geschasst, vom kleinen Mann aus dem Volk insgeheim geliebt wie einst in England Robin Hood. Nur verteilt er seine Beute nicht an die Armen, sondern hortet sie selbst. Sage und schreibe 18 Mal vermochte er meterdicke Mauern und mit Stacheldraht bewehrte Zäune zu überwinden. Selbst die sagenumwobene, ausbruchssichere Festung auf der Insel Alcatraz in der Bucht von San Francisco hat er nicht als ehrenhaft Entlassener durch das eiserne Gefängnistor verlassen, sondern auf seine eigene clevere Art.
Alte Kumpels werden rekrutiert
Nun darbt er tatenlos im Seniorenwohnheim. Nicht lange, denn der Ruhestand beschert ihm nicht die erwartete Entspannung. Viel spannendender ist für ihn der adrenaline Kick jener Momente, wenn er eine Bank betritt. Nicht brachial, brüllend und ballernd, sondern freundlich, mit distinguiertem Understatement fordert er die erstaunten Angestellten auf, seinen mitgebrachten Koffer zu füllen, mit dezentem Hinweis auf seine alle überzeugende Auszahlungsberechtigung, nämlich seine Kanone in der Jackentasche. Dann lächelt er, bedankt sich, um spurlos zu verschwinden.
So war Tuckers bisheriges Leben, und so soll es wieder sein, das Beste kommt zum Schluss, schwelgt er in seinen verklärten Erinnerungen. Da er also seine bewährte Geldbeschaffungsmethode nicht sein lassen kann und will, rekrutiert er eine frische Rentnergang.
Nachdem er mit seinen zwei Komplizen Teddy (Danny Glover) und Waller (Tom Waits) wieder von diversen Geldinstituten abgehoben hat, kommt ihm der ehrgeizige Detektive John Hunt (Casey Affleck) auf die Spur und heftet sich an seine Fersen. Auf der Flucht trifft er die Farmerin und Pferdenärrin Jewel (Sissy Spacek), die er bei einer Autopanne aufliest. Klar, in bester Bonnie-und-Clyde-Manier verlieben sich die beiden ineinander, denn Jewel hat keine überzeugenden Argumente gegen Tuckers extraordinären Job entgegenzusetzen. Alsbald gerät das Bankentrio jedoch in den Fokus der medialen Macht. Eine regelrechte Treibjagd quer durch die Vereinigen Staaten nimmt ihren dramatischen Lauf.
Der letzte große Lauf vor der Kamera sollte diese meisterlich inszenierte cineastische Perle nach eigenen Ankündigungen für das Hollywood-Idol werden. Wer ihn jedoch hier bestaunen darf, will und kann es nicht glauben. Wie kein anderer vermag Robert Redford die Dichotomie und Ambivalenz des meist geliebten und viel gehassten US-Jahrhundertverbrechers, der 2004 im Alter von 83 Jahren im Gefängnis Federal Correctional Institution von Fort Worth friedlich das Zeitliche segnete, in insistierende und epische Leinwandbilder zu bannen.
Die verschlagene Würde, das windige Charisma des Fluchtzauberers Forrest Tucker spiegelt dabei Redfords eigene gespaltene Identität in vergangenen Filmrollen wider. Man denke nur an George Roy Hills „Zwei Banditen" (1969) über das Leben und Sterben der Revolverhelden Butch Cassidy und Sundance Kid. Logisch also, dass „Lethal Weapon"-Opa Danny Glover und „Beatnik"-Altlegende Tom Waits („Down By Law") zwei saucoole Filmpensionäre, die zeitlebens ebenso wenig in ein Rollenklischee gepresst werden konnten, Seite an Seite mit Robert Redford brillieren und für augenzwinkernde, selbstironische Lacher sorgen. Vor allem, wenn Underground-King Waits in einer Sequenz über das heilige Weihnachtsfest blasphemisch meckert.
Eine subtile Charakterstudie
Und wer könnte besser als Gangsterbraut mit allen drei harmonieren, als Sissy Spacek, die schon 1973 in Terrence Malicks furiosem Roadmovie und Killerdrama „Badlands – Zerschossene Träume" die gewaltbereite Braut von Martin Sheen gab?
Trotz aller Action ist es eine subtile und nachdenkliche Charakterstudie geworden, die Redford zu Tucker und umgekehrt transformiert. Mit Haut und Haaren, mit Witz und Verve, mit Empathie und Engagement. Dagegen wirkt sein Jäger Casey Affleck als besessener aber zu besonnener Verfolger anämisch, obwohl das Duell der beiden die schillerndsten Momente dieses profunden Filmvergnügens ausmachen, auch wenn sie sich nur ein einziges Mal begegnen, auf dem WC eines American Diners. Man neigt dazu, den Way of Life dieses Paradeverbrechers zu idealisieren, doch Redford lässt einem keine Chance, zumal am Ende Tuckers Lebensstationen in nostalgischen Cinemascope-Bildern über die Breitlandwand flimmern, getragen von einem klassichen, jazzigen Soundtrack. Sollte dies tatsächlich Redfords würdiger Abgang in einem würdevollen A-Klasse-Qualitätsopus sein? Hoffentlich noch nicht.