Marktbeobachtung aus Verbrauchersicht – das haben sich die Marktwächter, die bei der Verbraucherzentrale Bayern angesiedelt sind, auf die Fahne geschrieben. Die Rechtsanwältin Tatjana Halm kümmert sich vor allem um Fragen zum Reiserecht. Im Interview spricht sie darüber, was man bei Online-Reiseportalen beachten muss.
Frau Halm, ist Reiseportal gleich Reiseportal?
Man muss zwischen zwei Formen der Reiseportale im Internet unterscheiden. Zum einen sind das die Online-Reisebüros, die OTAs, die als eine Art digitaler Bauchladen Reiseangebote in ihrem Portfolio haben.
Zum anderen gibt es Vergleichsportale wie Trivago oder Check 24, die dem Internetnutzer viele Angebote von Reiseportalen oder Veranstaltern auflisten, aus denen man sich dann eines aussuchen kann. Vom jeweiligen Portal wird der Nutzer weitergeleitet und kann dort dann die Reise buchen.
Das klingt, als seien solche Vergleichsportale die bessere Wahl.
Man muss aufpassen, denn so ganz transparent sind solche Portale oftmals nicht. Ihr Geschäftsmodell besteht unter anderem darin, eine Vermittlungsprovision zu erhalten. Es gibt Vermutungen, dass die Provision höher ist, wenn das Angebot entsprechend teurer ist. Insgesamt arbeiten sie im eigenen Interesse und sind an sich keine neutralen Institutionen. Aber natürlich gibt es auch Vorteile.
Welche denn?
Bei Vergleichsportalen bekomme ich die bessere Orientierung über die Möglichkeiten, die ich auf dem Reisemarkt habe. Wenn ich im Gegensatz dazu direkt auf ein Anbieterportal gehe, das ich selbst auswähle, habe ich nur den einen Anbieter und keinen Vergleich dazu. Ich sollte dann also noch auf anderen Portalen oder über Suchmaschinen einen Vergleich anstreben und habe damit mehr Arbeit.
Ist ein Onlineportal denn immer lediglich Vermittler oder auch Veranstalter?
Es gibt auch Veranstalter unter den Portalen. Deshalb sollte man schauen, ob es sich wirklich nur um einen Vermittler handelt. Welche Rolle das Portal übernimmt, sollte sich bereits aus der Darstellung beziehungsweise im Buchungsprozess ergeben. Wir empfehlen deshalb, dass der Verbraucher darauf achtet, dass er immer in seiner Muttersprache kommunizieren kann. Dann kann er sich eher vergewissern, mit wem er es zu tun hat.
Schon im Internet?
Ja, auch bei der Buchung. Es zeigt sich immer wieder in der Praxis: Wenn jemand fit ist, spricht nichts dagegen, etwas auf Englisch zu buchen. Aber die meisten Verbraucher sind sich am Ende doch nicht so sicher. Sobald es an das Kleingedruckte geht, wird es schwieriger.
Und die AGBs sind, man betont es immer wieder, enorm wichtig.
Richtig. Man sollte keine Reise buchen, wenn man die Geschäftsbedingungen des Anbieters nicht kennt.
Ich könnte auch einfach klassisch ins Reisebüro gehen und mich dort beraten lassen. Welche Vorteile hat eine Online-Buchung im Vergleich zu einer Buchung im Reisebüro?
Sie haben im Netz auf jeden Fall den Preisvergleich. Man kann sich dort einfach den besseren Überblick verschaffen. Es ist bequem von zu Hause aus zu erledigen. Die Vorteile vom Reisebüro sind dagegen klar: Man hat einen direkten Ansprechpartner. Beim Klicken kann man sich außerdem verklicken, also vertippen oder verschreiben. Das kann immer mal wieder teure Änderungen mit sich bringen.
Mal ganz allgemein gefragt: Worauf sollte ich als erstes achten, wenn ich eine Reise online buchen will?
Zuallererst sollte man auf die Kennzeichnung des Anbieters achten. Ich muss schauen: Mit wem habe ich es hier eigentlich zu tun? Es können, wie wir eben schon sagten, unterschiedliche Unternehmen und Institutionen auftreten. Also Vermittler, Veranstalter, aber auch Eigentümer von Unterkünften oder die Fluggesellschaften selbst. Wichtig ist, auch zu unterscheiden, ob man eine Pauschalreise oder Individualleistungen bucht.
Habe ich einen Vorteil, wenn ich eine Unterkunft direkt beim Eigentümer buche?
Nicht unbedingt. Wichtig ist immer, dass man eben die Preise vergleicht. Allerdings hat sich in der Vergangenheit immer mal wieder gezeigt, dass es günstiger sein kann, wenn man beim Anbieter selbst bucht. Doch auch in solch einem Fall wäre es im zweiten Schritt immer wichtig, dass man mehrere Portale nutzt und die Preise der einzelnen Anbieter auf unterschiedlichen Buchungsplattformen vergleicht.
Wie schütze ich mich vor schwarzen Schafen, die es ja immer gibt?
Der erste Blick sollte immer ins Impressum gehen, vor allem bei weniger bekannten Firmen. Dort muss die genaue Rechtsform angegeben sein. Finde ich im Impressum nichts, kann ich immer noch eine Suchmaschine über die Firma befragen und schauen, ob ich etwas Negatives finde. Zum Beispiel Foren mit Beschwerden von anderen Verbrauchern. Da findet man dann unter anderem Beschwerden dahingehend, dass man nach einer erfolgreichen Buchung gar keine Leistungen bekommt. Ein Warnsignal sollte auch immer sein, wenn es keine Kontaktmöglichkeiten zum Betreiber eines Portals gibt. Umfassend durchleuchten kann man Unternehmen übrigens auch im Handelsregister.
Schön und gut, wenn man nach Bewertungen geht. Aber inwieweit könnten die vielleicht auch gefälscht sein?
Oft merkt man das schon vom äußeren Anschein der Bewertungen her. Mit etwas Fingerspitzengefühl sieht man, ob es sich bei den Bildern der angeblichen Kunden um Stockfotos oder echte Kundenbilder handelt. Man sollte also immer schauen, wer die Bewertungen abgegeben hat, auch, wo sie herkommen. Es gibt zum Beispiel „Trusted Shop"-Zertifikate, auf die man nicht klicken kann, wenn sie gefälscht sind. Normalerweise kommt man per Klick auf die entsprechende Bewerterseite.
Dass es wichtig ist, nicht an die falschen Portale zu geraten, zeigt eine Untersuchung von EU-Verbraucherschützern für das Jahr 2013. Bei nur 170 von 552 Angeboten im Internet seien die Verbraucherschutzrechte zu 100 Prozent gewahrt gewesen. Hat sich das heute verbessert?
Es ist insofern verändert, dass sich natürlich auf EU-Ebene politisch und rechtlich einiges verbessert hat. Die Portale sind heute in der Pflicht, transparenter zu sein. Inwieweit sich das in der Praxis auswirkt, muss man sich in Zukunft genauer anschauen.
Wir haben nach wie vor eine Vielzahl an Beschwerden. Zahlungen an Hotels sind nicht weitergegeben worden. Es gab Probleme bei Stornierungen. Gerade bei Reisebuchungen hat man eine Vielzahl an Beteiligten, und das macht die Sache nun mal nicht einfacher.
Der Verbraucherzentralen-Bundesverband hat damals sechs Verfahren eingeleitet. Ein Urteil, das kürzlich erst gefallen ist, besagt, dass Reiseportale fortan für Falschangaben haften müssen. Sehen Sie das als Erfolg an?
Das ist natürlich eine Verbesserung, dass ein Portal für mehr Informationspflicht verantwortlich zeichnen muss. Ob das Vorbildcharakter für andere Portale hat, müssen wir aber noch sehen. Da gibt es schließlich die einen und die anderen. Manche werden es weiter ausreizen, fürchte ich, während andere es als Signal werten und die Tendenz sehen, lieber von nun an sauber zu arbeiten.
Falsche Angaben sind das eine. Aber wer haftet bei Mängeln am Urlaubsort?
Es haftet immer der Vertragspartner. Je nachdem wo ich buche, ist das der Veranstalter. Wenn ich alles einzeln gebucht habe, dann der jeweils einzelne, also etwa die Fluggesellschaft. Das Problem ist, dass viele Beteiligte dabei sind. In einem Reisebüro habe ich dieses Problem nicht.
Sollte ich dahingehend darauf achten, bei einem deutschen Unternehmen zu buchen?
Ja, denn dann sind Sie sicher, dass Sie im Streitfall das deutsche Recht anwenden können. Wenn ich im Ausland buche, auch im EU-Ausland, kann ich meine Rechte schlechter durchsetzen als im eigenen Land. Die Rechtsordnungen weichen voneinander ab.
Es ist immer einfacher, man bleibt in seinem Land, um die Rechte nachher durchzusetzen.
Streitigkeiten können auch über den Preis entstehen. Muss der Endpreis der Reise schon zu Beginn des Buchungsprozesses transparent sein?
Hier wird es problematisch. Denn: Was ist als Endpreis zu definieren? Wenn am Ende irgendwelche Servicegebühren dazukommen, wird man im Zweifel noch mal klären lassen müssen, ob das der Preis der Reise ist oder die Gebühren als Vermittlung hinzukommen. Das müsste ein Gericht entscheiden, was man im Falle einer geringen Zusatzgebühr kaum riskieren dürfte. Im Zweifel hat man also Pech gehabt und kann höchstens auf ein anderes Portal ausweichen.
Es ist aber ganz wichtig, dass man aufpasst, die einzelnen Buchungsabläufe verstanden zu haben. Ich muss im Buchungsprozess immer wissen, wo ich jetzt bin. Man sollte die Eckdaten kontrollieren, sich alles ausdrucken und schauen, dass hinten keine versteckten Kosten entstehen.
Angenommen, das Hotel besteht auf einem höheren Preis, als es in meiner Buchungsbestätigung vermerkt ist. Was dann?
Wenn ich den Auftrag bestätigt und die Bestätigung dabei habe, dann wird es schwierig für das Hotel, zu argumentieren. Dann müsste es wegen Irrtums anfechten. Das geht im Nachhinein nicht so einfach. Sobald die Buchung so bestätigt wurde, bin ich auf der sicheren Seite.
Apropos Preis. Stimmt es, dass Preisvergleichsportale Flüge teurer machen, wenn ich mehrmals auf der Webseite vorbeischaue?
Es spricht einiges dafür, dass diese Praxis im Verkauf vorkommt. Das System merkt sich dann, dass Sie wohl Interesse an der Reise haben und sorgt durch die Verteuerung für eine künstliche Verknappung. Man sollte deshalb regelmäßig die Cookies löschen, was aus Datenschutzgründen ohnehin zu empfehlen wäre.
Und das, obwohl viele Portale versprechen, bei ihnen gebe es stets den günstigsten Preis.
Man sollte sich davon nicht blenden lassen. Vor allem nicht von Schnäppchen, die nur noch kurze Zeit verfügbar sind. Darauf sollte man nicht vertrauen.
Gibt es denn gar keine Schnäppchen im Netz?
Man kann sie schon finden. Es gibt ja auch Frühbucherrabatte. Wenn ich vergleiche und auf mehreren Portalen die Augen offen halte, dann kann ich schon sparen. Wichtig ist beim Sparen aber, dass man sich nicht mit angeblichen Gutscheinen locken lässt. Oft hinkt es da bei der Auszahlung, und es verfälscht den Preisvergleich. Man sollte sich immer vor Augen führen: Niemand hat etwas zu verschenken.