Seit rund einem halben Jahr finden Genießer die kulinarischen Köstlichkeiten der größten Insel im Mittelmeer komprimiert an einem Ort. Das „Feinkost und Vinothek Gigliotto" bietet Spezialitäten von Wurst und Käse über Wein bis zu frischen selbstgemachten Nudeln.
Wer von der Wilhelm-Heinrich-Brücke in Saarbrücken kommend in Richtung Berliner Promenade geht, stößt nach wenigen Metern auf ein sizilianisches Feinkostgeschäft. Eingerahmt vom Friseur Lillo und dem Eiscafé „Aurora". Seit vergangenem September betreibt Familie Falcone mit Geschäftspartner Rosario Scopoletti das „Gigliotto". Das „Aurora" gehört Nazio Falcone übrigens ebenfalls, Namensgeberin ist die Tochter der Familie, Aurora. Chefin im Feinkostladen ist Katia Falcone. „Die besten sizilianischen Köstlichkeiten in Saarbrücken! Nur bei uns können Sie die Emotionen Siziliens erleben!", heißt es auf der Facebookseite des Feinkostgeschäfts. Viele der selbstgemachten Spezialitäten stammen von einem Bauernhof, dem Agriturismo in Gigliotto, in der Mitte Siziliens. Die dortige Landschaft ist nach einer Blume benannt, die hier oft wächst – der Lilie. Übersetzt: Giglio. In der Nähe liegen die Orte Catania, Gela, Ragusa, Caltagirone und Morgantina. Es ist eine Region, die zahlreiche Spezialitäten zum Genießen hat. Auch viele Weine.
Linker Hand im Feinkostladen steht die Kühltheke. Davor befinden sich einige Tische, rechts davon, an der Wand, die Weinregale. Geöffnet ist morgens ab 9 Uhr. Nach italienischer Tradition kann man hier einen Espresso genießen oder eine Kleinigkeit zum Frühstück. Gerade an schönen Tagen ist das „Gigliotto" mit der großen Terrasse Anlaufstelle für einen Zwischenstopp. Viele Kunden kommen auch, um selbstgebackenes Brot zu kaufen. Dazu etwas Wurst – und Käse. In der Kühltheke finden sich um die 25 Sorten, einige davon konnte ich probieren. Etwa einen Ziegenkäse namens Pistacchio, außen mit Pistazien ummantelt. Oder einen Pepe nero, mit Pfeffer. Ein anderer Ziegenkäse heißt Tartufo, weil er mit Trüffeln gemacht ist, der Peperoncino mit Chili. Der Giotto verbirgt Chili, Rucola, Kapern, Oliven und Pistazien. Auch die Auswahl an Wurst ist vorzüglich. Natürlich gibt es die Klassiker Mortadella und Salsiccia. Dazu noch Salane di Nebrodi. Und einen ganz tollen Schinken, den Prosciutto. Katia Falcone erzählt: „Wir haben auch Wurst vom schwarzen Schwein aus Nebrodi, Crudo di Nero. Diese Wurst finden Sie nicht überall. Die Tiere leben im Wald und ernähren sich ausschließlich von Eicheln."
Bei meinem Besuch herrscht reges Kommen und Gehen, doch alles läuft hier mit italienischer Gelassenheit ab. Keine Hektik. Pino Bonsignore kippt Wasser und Mehl in die große Nudelmaschine, die linker Hand hinter der Theke steht, und wirft sie an. Tagtäglich werden hier Nudeln produziert. Das Mehl heißt de Cecco semola und ist aus doppelt gemahlenem Hartweizen. Pino formt die Nudeln zu kleinen Nestern und legt sie in die Kühltheke. Frischer kommen Kunden kaum noch an Nudeln.
Katia Falcone erzählt, dass sie planen, bald auch saarländische Produkte nach Sizilien zu exportieren. „In Sizilien gibt es viele Italiener, die einmal im Saarland gearbeitet haben. So wie viele Italiener in Deutschland italienische Produkte vermissen, vermissen diese all die liebgewonnen Spezialitäten aus dem Saarland. Deutsches Bier etwa. Aber auch Lyoner. Gummibärchen. Gibt es in Italien alles nicht." Doch noch sei das Zukunftsmusik, betont sie.
Handgemachte Nudeln mit frischen Saucen
Im „Gigliotto" kann man übrigens nicht nur frühstücken. Mittags gibt es, eine kleine Karte, sogar ein kleines Menu – mit all den Spezialitäten aus Sizilien. Etwa Antipasti-Teller mit Wurst und Käse. Vitello Tonnato, Kalbfleisch mit Thunfischsauce. Oder jede Menge Bruschettas, verschieden belegt. Wir lassen uns einen großen Teller auf den Tisch stellen und probieren gemeinsam. Tochter Aurora erklärt uns die Spezialitäten. Freunde kommen hinzu, am Tisch ist noch Platz. Sizilianisches Lebensgefühl auf der Berliner Promenade. Dann probieren wir die Rollen, Calzoni heißen diese. Mit Spinat, Auberginen, Mozzarella, Tomaten oder Schinken sind sie gefüllt.
Fleischgerichte gibt es hier nicht. Wir können jetzt wählen zwischen mehreren Salaten, Pizzas oder Nudelgerichten. Zu den Nudelgerichten bietet die Küche unterschiedliche hausgemachte Saucen an. Danach gibt es auch noch Süßes, etwa selbst hergestellte kleine Törtchen. Die Auswahl kommt an, denn um die Mittagszeit nimmt der Betrieb zu. Auch wir sind mit unseren Nudeln sehr zufrieden. Selbstgemachte Pasta, selbstgemachte Saucen. Wo kriegt man das schon? Ein Laden, den ich in Zukunft garantiert öfter aufsuchen werde!
Natürlich interessieren mich auch die Weine. Die Auswahl ist klein, aber sorgfältig zusammengestellt: zwölf Weine, zwei Weiße, ein Dessertwein und in der Mehrzahl Rotweine. Kein anderes Land dieser Erde hat so viele Rebsorten wie Italien. Ich habe mal gelesen, es seien mehr als 500. Ich bin mir aber nicht ganz sicher, ob das heute so noch stimmt. Oft sind dies Weine, die nur in einem ganz kleinen Gebiet angebaut werden. Von autochthonen Rebsorten spricht man, wenn eine Rebsorte dort, wo sie wächst, ihren Ursprung hat. Gebietsheimisch, alteingesessen, am Ursprungsort geblieben sind Begriffe, die es gut wiedergeben. In unserer Gegend wäre das etwa an der Mosel der Elbling oder an der Saar der Riesling. Wer im Beaujolais einen Roten bestellt, bekommt dort sicherlich einen von der Gamaytraube. Der Grüne Veltliner war mal eine autochthone Traubensorte in Österreich, der Silvaner in Franken.
Der kulinarische Reichtum Italiens liegt in der Vielfalt. Natürlich werden in Italien mittlerweile auch die auf der ganzen Welt verbreiteten Rebsorten Cabernet, Merlot oder Chardonnay angebaut, die die Basis für die fast immer gleich schmeckenden, standardisierten Weine im sogenannten internationalen Stil ergeben. Hier – in der „sizilianischen Botschaft" – gibt es, neben internationalen Rebsorten, vor allem diejenigen aus Sizilien.
Ein Beispiel etwa der Rotwein mit der Rebsorte Nero D’Avola. Er heißt hier Tenuta Gigliotto Dongiovanni. Ein kräftiger, intensiver Wein mit dem Geschmack reifer Früchte. Er ist dunkelrot mit lila Reflexen. Gelesen wird er im September. Die Ernte beginnt erst, wenn die Trauben sehr reif sind. Zuerst werden sie dann in einem belüfteten Raum auf Gestellen gelagert. Die Gärung erfolgt sehr sorgsam in Edelstahltanks. Reifen darf er dann in Eichenfässern.
„Feinkost und Vinothek Gigliotto" ist wirklich eine besondere Entdeckung. Als ich ein paar Tage später erneut vorbeischlenderte, saß Franco Chiera auf der Terrasse. Franco betreibt die italienische Trattoria „Mille Aromi" am Spicherer Berg. Gerne setzte ich mich auf einen Espresso dazu, und wir redeten über den vielfältigen Genuss Italiens.