Peter Gillo (SPD) ist seit 2009 Direktor des Regionalverbandes und tritt erneut an. Ralph Schmidt (CDU) will die mehr als drei Jahrzehnte dauernde Vorherrschaft der Sozialdemokraten brechen. Die Kandidaten über ihre Ziele, Visionen, Projekte.
Herr Gillo, Herr Schmidt, welche Themen sehen Sie für die Bürger des Regionalverbands in der nächsten Legislaturperiode im Fokus?
Peter Gillo: Der Ausbau von Krippen und Kindertagesstätten ist eine große Nummer. Wir haben eine Bewegung in die Ballungsräume. In Saarbrücken haben wir mehr als 1.000 Kinder unter sechs Jahren mehr als vor drei Jahren. Der zweite Punkt ist die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und die Schaffung von Arbeitsplätzen. 45.000 Menschen leben hier von Hartz-IV-Leistungen. Etwa 18.000 Menschen, die bereits länger als vier Jahre in Bezug sind und 12.000, die länger als sechs Jahre in Bezug sind. Das ist eine Menge Holz. Ein weiteres Thema ist die Unterstützung von hochbetagten Menschen. Wir wollen, dass sie möglichst lange zu Hause leben können, aber nicht versauern. Dann sind da noch die Schulen. Die Ganztagsschule Quierschied wird weiter ausgebaut, und zwei ganz neue weiterführende Ganztagsschulen werden noch gebaut: die Internationale Schule in Dudweiler und eine Gemeinschaftsschule in Burbach. Und auch die Digitalisierung unserer Schulen wird uns in den kommenden Jahren sehr beschäftigen.
Ralph Schmidt: Die Grundaufgaben des Regionalverbands müssen natürlich bestmöglich erfüllt werden, aber es müssen auch andere, neue Akzente gesetzt werden. Die Mitarbeiter in der Regionalverbandsverwaltung machen einen guten Job. Das halte ich für unbestritten. Aber für mich ist das große Thema: Von der Verwaltungsspitze müssen viel mehr Ambition, Vision und Ehrgeiz ausgehen, sowohl bei den Inhalten und Themen als auch bei der Frage, wie man das Potenzial an Know-how ausschöpft. Es gibt ganz viele Ideen, Interessen und Motivationen. Der Regionalverband muss ambitionierter, nachhaltiger und digitaler werden. Wir müssen Familien und junge Menschen stärker in den Fokus stellen und das Zusammen zwischen Generationen, wo auch Pflege eine Rolle spielt, stärker fördern. Ganz wichtig wäre mir das Thema neues Selbstverständnis für den Regionalverband. Die meisten wissen nicht einmal, was der Regionalverband ist. Er muss erlebbarer werden. Deshalb müssen wir eine Marke bilden.
Weshalb sollten die Bürger Sie an die Spitze des Regionalverbands wählen?
Peter Gillo: Weil sie die Erfahrung gemacht haben, dass ich einen guten Job gemacht habe. Weil ich in den zehn Jahren viel Erfahrung gesammelt habe. Weil wir eine gute Verwaltung haben. Weil die Bürger sehen, dass ich etwas bewegt habe in den genannten Bereichen. Ich bin motiviert, den Laden weiterzutreiben.
Ralph Schmidt: Ich bin jung, dynamisch, geerdet, visionär, motiviert und stark genug für die Aufgabe. Ich möchte einen neuen Stil etablieren, Visionen schaffen, Menschen mitnehmen um das Potenzial auszuschöpfen, das viel größer ist, als es momentan genutzt wird. Für die nächsten zehn, gerne auch 20 Jahre, will ich die Handbremse in der Verwaltung lösen und Vollgas für die Menschen und ihre Bedürfnisse geben.
Herr Gillo, sagen Sie uns doch bitte, was in Ihrer bisherigen Amtszeit ihr erfolgreichstes Projekt war?
Peter Gillo: Ganz klar der Wandel von der Halbtags- zur Ganztagsschule.
Wenn Sie mich nach einem Thema fragen, dann war es das. Es ist anstrengend, aufwendig, kostet Zeit, Geld, Kommunikation. Aber das ist eine sehr, sehr starke Veränderung unserer Bildungslandschaft. Da sind wir bei Weitem nicht am Ende.
Herr Schmidt, bescheinigen Sie Herrn Gillo eine gute Arbeit?
Ralph Schmidt: Herr Gillo ist als Mensch in Ordnung, wie ich ihn bislang wahrgenommen habe. Als Politiker war und ist er aus meiner Sicht unauffällig.
Was wollen Sie besser machen?
Ralph Schmidt: Was die Grundaufgaben im Bereich des Sozial- und Schulwesens betrifft, macht der Regionalverband ordentliche Arbeit. Aber darüber hinaus passiert nichts. Nummer eins zu werden, muss unser Anspruch sein. Klar gibt es Aufgaben, da ist man nicht allein zuständig. Aber wir müssen das voranbringen. Wir haben die Uni, die HTW, IT-Keimzellen („Saarvalley"), die mit Ansiedlungen und vielen qualifizierten Arbeitsplätzen verbunden sind. Da muss der Regionalverband dabei sein – dynamisch und attraktiv, insbesondere für junge Menschen und Familien. Wir müssen es damit schaffen, den demografischen Wandel umzudrehen. Das muss sich in der Flächennutzungsplanung wiederfinden. Man hat ja Instrumente. Aber momentan ist mein Eindruck, das dümpelt oder hat nicht die visionäre Kraft.
Der Regionalverband ist der größte Ballungsraum des Saarlands. Wo liegen die wichtigsten Herausforderungen?
Peter Gillo: Dieser Ballungsraum ergibt besondere Planungsanforderungen. Wie wird der Raum aufgeteilt? Wie wollen wir uns entwickeln? Wo gibt es Wohnraumbedarfe, betriebliche Bedarfe, Gewerbeflächenbedarfe? Das muss im Flächennutzungsplan in enger Kooperation mit den Städten und Gemeinden ausgemacht werden. Das ist eine besondere Kommunikation im Ballungsraum. Die gemeinsame Arbeit am selben Thema. Die wichtigsten Punkte, die sich aus der prekären Lage ergeben, sind schon genannt.
Ralph Schmidt: Es gibt Grundaufgaben, aber Keimzelle des Saarlandes, zusammen mit der Landeshauptstadt das attraktive, liebens- und lebenswerte Oberzentrum zu sein, das wäre mir wichtig. Dafür gilt es anzupacken und viel mehr zu tun. Kinderbetreuung ist hier ein zentrales Thema, aber es muss umfassend kombiniert werden mit Angeboten für alle Generationen. Wir müssen die Gesellschaft als Einheit sehen und miteinander gestalten. Dazu gehören Kulturangebote, dazu gehört die Popkultur. Wenn ich junge Leute anziehen will, muss ich das zum Thema machen.
Wie sehen Sie die Frankreichstrategie auf regionaler Ebene umgesetzt?
Peter Gillo: Wir haben da noch eine Menge vor uns. Wir sind aber schon eine sehr französische Gegend hier. Wir haben eine deutsch-französische bilinguale Grundschule. Wir haben ein deutsch-französisches Gymnasium, eines der wenigen in Deutschland. In einigen Dutzend Kindergärten haben wir französischsprachige Erzieherinnen und Erzieher. Wir wollen das auch weiter ausbauen. Im Moment ist eine deutsch-französische Kita in Brebach in Planung. Die wollen wir auch gemeinsam mit dem Gemeindeverband Sarreguemines entwickeln und betreiben. Der wird sich an den Investitionskosten beteiligen. Außerdem haben wir ein grenzüberschreitendes touristisches Angebot. Es gibt Wanderwege, „Velo visavis" mit 300 Kilometer Fahrradwegen als grenzüberschreitendes Radverkehrsnetz. Da fahre ich auch sehr gerne. Und wir möchten das auch im kulturellen Sektor weitermachen. Im wirtschaftlichen Bereich ist es genauso.
Ralph Schmidt: Ich hatte dazu viele Projekte in den vergangenen zehn Jahren umgesetzt. Das ist eine Herzensangelegenheit. Die Nähe zur Grenze und die Partnerschaft sind menschlich wertvoll und fürs Saarland entscheidend. Ich halte die Frankreichstrategie deshalb für wichtig. Die Grenznähe ist hier im Regionalverband ja am nächsten und wird gelebt. Das ist ein Muss. Die Strategie gehört weiter ausgebaut. Im Großen wie im Kleinen.