Jeden Tag wird die Erde getroffen, ohne dass die Mehrzahl der Meteoriteneinschläge, die Impakts genannt werden, überhaupt wahrgenommen wird. Die Impaktforschung geht diesem Phänomen auf den Grund.
Jeden Tag fallen laut der Nasa zwischen 1.000 und 10.000 Tonnen Gesteine und Metalle auf die Erde – in Gestalt von Meteoriten. Die meisten Exemplare sind nach der Passage durch die Atmosphäre so klein, dass sie gar nicht weiter wahrgenommen werden und beim Aufprall auf die Erdoberfläche auch keine typischen Krater bilden können. Dass war in der Frühzeit unseres Planeten wahrscheinlich ganz anders. Die Erde war vor rund vier Milliarden Jahren einem veritablen Meteoriten-Bombardement ausgesetzt, das im Fachjargon als „Late Heavy Bombardment" (LHB) bezeichnet wird. Milliarden von Impakts, also Einschläge von Meteoriten, haben dank ihrer teilweise gewaltigen Durchmesser gravierende Veränderungen auf unserem Planeten ausgelöst.
Eine ganze Reihe von Forschern, mit Wissenschaftlern des renommierten Londoner Imperial College an der Spitze, haben die These aufgestellt, dass die Erde erst durch Meteoriten für Lebewesen bewohnbar geworden sei. Die Himmelskörper hatten in ihrem Stadium als aus dem All kommende Meteoroiden beim Eintritt in die Erdatmosphäre durch extreme Hitzebildung Wasserdampf und Kohlendioxid freigesetzt, wodurch die Erdatmosphäre grundlegend verändert worden sei. Zum einen soll sie mit Feuchtigkeit angereichert worden sein, zum anderen habe das Kohlendioxid in einer Art von frühem Treibhauseffekt eine Erwärmung der Erde und dadurch den Erhalt der flüssigen Ozeane zur Folge gehabt. Apropos Ozeane: Womöglich verdankt die Erde ihr Wasservorkommen dem Einschlag von Meteoriten. Die Wissenschaft schwankt aber noch zwischen zwei Hypothesen. Die eine geht davon aus, dass das Wasser schon von Beginn an in dem Material enthalten war, aus dem die Erde sich im Entstehungsprozess zusammengeklumpt hat. Die andere Hypothese sieht Meteoroiden, Kometen oder Asteroiden als Träger von Wassereis an. Eine zwischen diesen beiden Hypothesen vermittelnde Deutung geht von einer Wasser-Nachlieferung durch die Himmelskörper zu den ursprünglichen Wasser-Erdvorräten aus.
Viele Meteoroiden verglühen in der Atmosphäre
All diese komplexen Zusammenhänge sind Bestandteil der Impaktforschung, die sich zudem auch noch mit Impaktwirkungen in der Erdgeschichte, dem Aufdecken von Einschlagspuren auf der Erde, der Entstehung von Impakten, deren typisches Aussehen, den Auswirkungen, den möglichen Gefahren-Szenarien oder der Entwicklung wirksamer Schutzmechanismen gegen Mega-Impakte beschäftigt. Bevor es überhaupt zu einem Meteoriteneinschlag auf der Erde kommen kann, müssen die Meteoroiden erst einmal eine Barriere mehr oder weniger unbeschadet überwinden, die sich in etwa 120 Kilometern über der Erdoberfläche in der Atmosphäre befindet. Welche Prozesse dabei ablaufen, hat jüngst der Wissenschaftler Dr. Stefan Löhle vom Institut für Raumfahrtsysteme der Universität Stuttgart, in einem Interview mit dem Online-Portal „Welt der Physik" detailliert beschrieben: In dieser Region wird die Geschwindigkeit des kosmischen Gesteins extrem abgebremst. Dadurch wird die Luft vor dem Körper zusammengepresst, es kommt zu einem regelrechten Verdichtungsstoß. Zusätzlich wird die Bewegungsenergie des Meteoroiden in thermische Energie umgewandelt, wodurch sich die umgebende Luft in Temperaturen bis zu 10.000 Grad Celsius erhitzt. Ein Großteil des Meteoriden wird eingeschmolzen und verdampft. Je größer der Meteoroid ist, desto wahrscheinlicher ist, dass er nicht vollständig in der Atmosphäre zerstört wird und so mehr oder weniger große Überreste als Meteoriten die Erdoberfläche erreichen können. Meteoritenfundstücke weisen meist eine Schmelzkruste auf, die an Lavasteine erinnert. Auch eine sehr hohe Geschwindigkeit und ein perfekter Winkel bei Eintritt in die Erdatmosphäre können für den Meteoroiden die Chancen auf die Überwindung der Barriere erhöhen. Je nach Beschaffenheit und Härte des Gesteins können Meteoroiden auch schon mal intakt bleiben, bei ihnen verdampft nur die äußere Schicht, und der Rest gelangt schadlos auf die Erde. Andere Gesteine können aufgrund des thermischen Schocks vor Auftreffen auf dem Planeten in einer gewissen Höhe noch auseinanderplatzen.
Beim Aufschlag auf die Erdoberfläche hat der Meteorit eine extrem hohe Geschwindigkeit von zehn bis 70 Kilometern pro Sekunde. Beim Einschlag wandelt sich seine Bewegungsenergie schlagartig in Wärmeenergie um, was einerseits eine Stoßwelle in Richtung des Erdinnern bis in 100 Metern Tiefe auslöst, andererseits zu einer Explosion mit Emporschleudern geschmolzenen Materials namens „Ejekta" in die Höhe und einer damit meist verbundenen Kraterbildung zur Folge hat. Die Forschung hat mittlerweile festgestellt, dass poröses Material der Erdoberfläche einen dämpfenden Effekt auf Auswurfdynamik und Kraterbildung hat, sprich bei porösem Puffstein sind die durch einen Impakt entstandenen Krater kleiner als bei hartem Granit. Der Ejekta-Auswurf fällt mit hoher Geschwindigkeit wieder zur Erde zurück und kann dabei im Umfeld des Hauptkraters weitere Sekundärkrater hervorbringen. Von den rund 27.000 in Europa bekannten Impaktkratern sind bis zu 95 Prozent Senkundärkrater. Die meisten Impaktkrater der Erdgeschichte wurden weltweit über die Jahrtausende durch Erosion oder großflächigen Pflanzenbewuchs unkenntlich gemacht. Bei sehr großen Meteoriten kann es infolge von Rückfederungsvorgängen zudem zur Ausbildung eines Zentralkegels in der Kratermitte kommen.
Riesige Tsunamis oder Flutkatastrophen
Bislang ist erst ein einziger Fall bekannt, bei dem ein Mensch nachweislich unmittelbar von einem Meteoriten getroffen wurde. Im November 1954 hatte ein rund 5,5 Kilogramm schwerer Gesteinsbrocken das Dach eines Hauses im US-Bundesstaat Alabama durchschlagen und danach eine Frau leicht verletzt. Häufiger konnten durch einen Impakt ausgelöste Folgeschäden registriert werden, so beispielsweise Glasbruch-Schnittwunden bei Hunderten von Personen infolge einer durch einen Meteoriteneinschlag (Durchmesser: 20 Meter, Geschwindigkeit: 18 Kilometer in der Sekunde, was der 30-fachen Geschwindigkeit einer Concorde entspricht) 2013 nahe der Ural-Stadt Tscheljabinsk ausgelösten gewaltigen Druckwelle. In der Impaktforschung wird davon ausgegangen, dass Meteoriten (oder auch Asteroiden) ab einem Durchmesser von 500 Metern oder einem Kilometer verheerende globale Gefahren für unseren Planeten mit sich bringen können. Beim Aufprall auf den Ozean könnten beispielsweise riesige Tsunamis oder Flutkatastrophen entstehen. Auch eine dramatische Klimaveränderung könnte eine Folge sein, weil aufgestiegene Aerosole die Erdatmosphäre stark eintrüben könnten, Stichwort „Impaktwinter".
Lokale Katastrophen wie das Auslöschen von Großstädten könnten durchaus auch von nicht ganz so großen Meteriten, die ja in der Regel Bruchstücke von Asteroiden sind, oder Asteroiden ausgelöst werden, von denen es laut der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) im All eine Unzahl in relativ erdnaher Umlaufbahn gibt. Schon ab einem Durchmesser von 30 Metern sehen die Wissenschaftler inzwischen ein erhebliches Gefahrenpotenzial, bislang wurden beispielsweise rund 9.600 Asteroiden, die potenziell der Erde nahekommen könnten, in dieser Größenordnung gesichtet. Als besonders gefährlich gilt derzeit der Asteroid „2007 VK 184", ein Brocken mit einem Durchmesser von 170 Metern, der im Jahr 2048 die Erde treffen könnte. Wenn es zu einem Impakt kommen sollte, könnte laut Esa beispielsweise ein deutsches Bundesland komplett ausgelöscht werden. Allerdings taxiert die Esa die Wahrscheinlichkeit eines Einschlags derzeit auf 1:1.800. Ein Asteroid von der Zehn-Kilometer-Größenklasse könnte wie einst im Zeitalter der Dinosaurier das Leben auf der Erde komplett vernichten. Aber statistisch kommt ein solcher Mega-Impakt nur alle 100 Millionen Jahre vor. Dennoch wird für den Ernstfall weltweit intensiv nach effektiven Abwehrmethoden geforscht. Auch wenn es für den Worst Case, sprich einem Impakt mit einem Durchmesser von mehr als einem Kilometer, bislang noch keine globalen Strukturen gibt.
Von Impakten vergangener Zeiten können wir heute aber durchaus auch noch profitieren, worauf vor einigen Jahren das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanzierte MEMIN-Projekt hingewiesen hatte: Denn in Impaktkratern konnten bedeutende Rohstoffablagerungen gefunden werden, beispielsweise Nickel-Kupfer-Erze im kanadischen Sudbury, Diamanten im russischen Popigai oder Gold im südafrikanischen Vredefort. In der Regel werden Meteoriten nach ihrem Fundort benannt und enthalten das älteste Material unseres Sonnensystems. Meteoriten werden je nach Aufbau oder Materialzusammensetzung in verschiedene Klassen unterteilt, beispielsweise in Steinmeteoriten, Stein-Eisen-Meteoriten oder Eisen-Meteoriten. In der Regel bestehen sie überwiegend aus Silikatmineralien oder einer Eisen-Nickel-Legierung, viele enthalten zudem eine größere Menge an Kohlenstoff.