Netzartige Strukturen sind einer der Haupttrends im Sommer 2019. Bei Strumpfhosen längst bekannt, aber nun in Gestalt von Fischernetz oder Häkeleien vor allem bei hippiesken Strandkleidern oder luftigen Tops zu sehen.
Lange Zeit waren Netzstoffe wie Mesh vor allem der Sportswear vorbehalten. Allein bei Nylons und in der Schuhmode hatten die Gitterstrukturen auch in der Alltagsfashion Einzug gehalten, zuletzt hatten Netzstrümpfe in der Wintersaison 2017/2018 für Furore gesorgt. Diesen Sommer haben die Designer nun in breiter Phalanx beschlossen, Fischernetz und Häkelmaschen als neue Gestaltungsdetails für verschiedenste Kleidungsstücke zu verwenden. Dabei legen sie allerdings keinen Wert auf atmungsaktives Hightech-Funktions-Mesh wie in der Sportkleidung, sondern die mehr oder weniger groben oder auch feinen Maschen werden als transparentes und hübsche Einblicke erlaubendes Element eingesetzt.
Ein Vorläufer des sportiven Meshs waren die altbekannten Häkel-Maschen, die früher vor allem in Kleiderumsetzungen von älteren Damen sehr geschätzt wurden und in der Hippiemode auch unter rebellischen Jung-Ladys viele neue Anhängerinnen gefunden hatten. Die Crochets, wie die Häkelstücke im Englischen genannt werden, waren so etwas wie ein letztes Aushängeschild klassischer Handwerkskunst oder meisterlicher Craftship. Diesen Sommer feiern sie also fröhliche Wiederauferstehung vor allem als knöchellange Kleider, aber auch als sommerliche Spaghetti-Tops. Die Grenzen zwischen Fishnet und Crochet sind in den aktuellen Kollektionen fließend, schließlich handelt es sich bei beiden um Varianten von Netzstoffen. Sie sind beide optimal für die Herstellung von Strandgarderobe geeignet, können aber auch durch Kombination mit einem geschickten, den Blick auf zu viel nackte Haut verhinderndem Layering straßentauglich getragen werden.
Knöchellange Kleider oder Spaghetti-Tops
Die Pariser Fashion Week war so etwas wie das Epizentrum des neuen Fishnet-Trends, der derzeit im Englischen häufig auch einfach als Netting bezeichnet wird. Kaum ein Label, das nicht wenigstens ein löchriges Teil auf seinem Laufsteg präsentiert hätte.
Ganz weit vorne Maria Grazia Chiuri für Dior, die Mehrzahl der Kleider oder Netzhemden in Schwarz oder Beige gehalten. Joseph Altuzarra trieb das Ganze sogar auf die Spitze, indem er bei seinen Netz-Kleidern Maritimes wie Muscheln als Schmuck-Deko mit eingearbeitet hatte. Zudem zeigte er wie Dior, Akris, Sonia Rykiel und wie zuvor auch schon J. W. Anderson oder Ports 1961 auf der Londoner Fashion Week Kleider, die am unteren Saum ponchoartig ausgefranst waren. Dadurch erhielten diese Stücke einen Boho-Effekt.
Esteban Cortazar bewies in Paris, dass sich mit Netting auch perfekte Cut-outs bei eleganten Kleidern erzielen lassen. Akris verblüffte mit langen Fishnet-Jacken. Chloé zeigte ein Netting-Kleid, das wegen der Häkel-Optik durchaus auch der Crochet-Kategorie zugeordnet werden könnte. Paco Rabannes Oberteile erinnerten ein wenig an ritterliche Kettenhemden. Saint Laurent ließ bei seinem untenrum blickdichten schwarzen Dress brustaufwärts reichlich nackte Haut aufblitzen. Auch Dries Van Notens durchsichtiges, ärmelloses Top bot die weiblichen Reize offen dar. Louis Vuittons weißes Dress war dagegen wieder absolut streetstyletauglich gestaltet. Auch Elie Saab, Givenchy oder Beautiful People mischten in Paris in Sachen Netting kräftig mit. Genauso wie in anderen Fashion-Metropolen Dolce & Gabbana, Area, Pyer Moss, Victoria Beckham, Nicholas Kirkwood oder Calcaterra. Calvin Klein und Monse hatten sogar Fishnet-Tops für Herren vorgestellt.
Maschen-Sweater für Hippie-Feeling
Dass die tradierten Häkelkleider durchaus nicht mehr altbacken daherkommen müssen, haben vor allem die Designer der New York Fashion Week nachdrücklich unter Beweis gestellt. Michael Kors gelang das recht einfach, indem er mit weiten Maschen für reichlich Transparenz sorgte. Eher klassisch und mit Ethno-Mustern verziert waren die Dresses von Rodarte oder Oscar de la Renta. Tory Burch und Calvin Klein setzten ihr Crochet-Hauptaugenmerk auf Maschen-Sweater. Auch Carolina Herrera und Ulla Johnson hatten hübsche Crochet-Oberteile in ihrem Sortiment. In Paris waren für ein cooles Hippie-Feeling im Bohemian-Style vor allem Sonia Rykiel, Chloé oder Altuzarra verantwortlich. In Mailand wurde der Maschentrend von Alberta Ferretti, Missoni (klaro, schließlich ist Knitwear ein Markenzeichen dieses Brands) oder Etro angeführt.
Wer möchte, kann auch wie die deutsche Ausgabe von „Harper’s Bazaar" die neue sportive Spitze im Netting-Zusammenhang erwähnen. Schließlich gibt es bei den Spitzen-Innovationen durchaus eine Reihe von Überschneidungen zu den Crochets.
Vor allem die Cut-outs zeigen eine recht enge Verwandtschaft. Auch wenn die Spitzen natürlich dank ihrer zerbrechlichen Eleganz noch wesentlich mehr Weiblichkeit ausstrahlen. Die schönsten Spitzenleistungen haben wir bei Christopher Kane, Sacai, Victoria Beckham, Kochè oder Alexander Wang entdecken können.