Anna Grewelding aus Wittlich bei Trier begeistert mit ihren Beauty-Aufnahmen – kein Wunder, dass sie regelmäßig Aufträge von renommierten Brands erhält und ihre Fotos sogar schon in der „Vogue" zu bewundern waren. Im Interview spricht sie über die Voraussetzungen für hochkarätige Beauty-Fotos, das Finden von geeigneten Modellen, aufwendige Shootings, aktuelle Projekte und Wunsch-Models.
Frau Grewelding, wie sind Sie zur Fotografie gekommen?
Das ist nicht so leicht zu beantworten. Es gab keinen Tag X, ab dem ich Fotografin werden wollte. Es war ein langer Weg, bis ich wusste, was ich machen möchte. Was ich jedoch schon sehr früh wusste: dass ich in die kreative Branche und auf eigenen Beinen stehen möchte. Als Erstes habe ich ganz klassisch eine Ausbildung als Mediengestalterin absolviert und während der Ausbildung meine Leidenschaft für die Fotografie entdeckt, meine ersten Schritte gewagt und auch so schnell wieder aufgegeben. Doch vor sieben Jahren habe ich diese Leidenschaft wieder entdeckt. Beauty- und Fashion-Fotografie ist jetzt auch kein alltäglicher Beruf, daher waren meine Eltern am Anfang auch etwas skeptisch. Doch sie haben mich direkt unterstützt, als mein erstes Fotostudio in mein altes Kinderzimmer eingezogen ist.
Ihre Fotos sind höchst professionell. Wie haben Sie das fotografische Know-how erlernt?
Ehrlich gesagt hab ich mir das Schritt für Schritt selbst beigebracht. Alles was ich wissen wollte, habe ich über Videos oder Bücher gelernt, viel ausprobiert und geübt. Leider ist das auch nicht die einfache Methode. Alles alleine zu lernen und Dinge zu konsumieren, die einen nicht unbedingt dem eigenen Ziel näher bringen. Das kann sehr frustrierend sein, dennoch habe ich nicht aufgegeben und immer mein Ziel vor Augen gehabt: Fotografin sein. Ich hatte tolle Vorbilder, deren Bilder ich tagtäglich konsumiert habe, und versuchte, so gut zu werden wie sie. Klar habe ich einen komplett eigenen Stil entwickelt, jedoch ist es super, wenn man Vorbilder hat und weiß, dass andere es auch geschafft haben.
Zu Ihren Referenzen zählen renommierte Magazine und Brands, darunter etwa die „Vogue" und Lov Cosmetics. Wie gestaltete sich Ihr Weg dorthin, wie kamen die Kontakte zustande?
Es führte meistens eins zum anderen. So genau kann ich das gar nicht mehr sagen. Am Anfang ist es gut, einfach in die Branche reinzukommen. Auf dem Weg haben mich einige Künstler begleitet. Denn gemeinsam einen Weg zu gehen, ist oft einfacher. Wir haben unsere Bilder an die jeweiligen Kunden gesendet, und diese waren so begeistert, dass sie diese und weitere Bilder dann veröffentlicht haben und auf ihren Seiten nutzen. Dadurch sind dann nach und nach auch immer mehr Anfragen reingekommen. So kommt dann eins zum anderen, und man wird empfohlen. Wichtig ist einfach, in die Branche zu kommen und erst mal viel zu geben, und dann irgendwann kommt es doppelt und dreifach zurück.
Wie kam die Zusammenarbeit mit der „Vogue" zustande?
Ich habe die Bilder zur „Vogue" gesendet. Sie waren sehr begeistert davon und haben sie veröffentlicht. Hier wurden unterschiedliche Bilder eingereicht. Am besten kommen Bilder mit bekannten Personen oder Marken an.
Entstehen die meisten Fotos bei Ihnen im Studio oder reisen Sie in Ihrem Job sehr viel und fotografieren auch in anderen Studios?
Es kommt ganz auf den Kunden an oder das Projekt, was ich gerade umsetze. Für meine Beautyaufnahmen bin ich meistens im Studio unterwegs – nicht nur in meinem, sondern auch in anderen. Ich habe auch ein mobiles Studio, das ich jederzeit in den Koffer packen und aufbauen kann, wohin es mich auch immer verschlägt. Ich reise natürlich auch sehr gern und viel und nehme Bilder outdoor oder in unterschiedlichen Locations auf. Die Welt eignet sich super als Shooting-Location.
Mit welchen Aufträgen waren Sie in der letzten Zeit beschäftigt?
Aktuell bin ich beschäftigt mit einer Kampagne für das Kosmetikunternehmen Hellobody und noch einigen weiteren Projekten und Kampagnen, über die ich noch nicht sprechen darf. Außerdem bin ich mit der Planung von meinen Workshops sowie Sedcardshootings für Models beschäftigt. Mir macht es sehr viel Spaß, mein Wissen weiterzugeben und mit Fotografen zusammenzuarbeiten und sie zu schulen. In letzter Zeit habe ich auf jeden Fall viele tolle Menschen aus der Fernseh- und Modebranche kennengelernt und mit einigen tollen Models von GNTM zusammengearbeitet.
Wo finden Sie Ihre Models für die hochkarätigen Beauty-Aufnahmen?
Es gibt nicht nur eine Anlaufstelle, bei der ich meine Models finde. Meistens über Agenturen oder über Empfehlungen. Man lernt auch ständig neue Models kennen und erweitert so seinen Kreis von bekannten Gesichtern. Grundsätzlich bin ich aber nicht festgelegt bei meiner Modelsuche. Mich reizen schöne und natürliche Gesichter, die ich auf unterschiedlichste Arten finde, wie beispielsweise über Instagram oder eben Agenturen.
Wie viel Zeit nimmt die Bearbeitung eines Beauty-Fotos ungefähr in Anspruch?
Für eine gute Beauty-Retouche benötige ich 30 Minuten. Bei Close-up-Bildern einige Minuten länger, bei Beauty-Porträts etwas weniger. Damit ich nicht so viel Zeit in die Retouche stecken muss und die Bilder sehr natürlich bleiben, lege ich sehr viel Wert darauf, dass vorab im Make-up und Styling alles sitzt. Das erspart mir natürlich hinterher enorm Zeit und sieht einfach natürlicher und schöner aus.
Verändern Sie im Nachhinein noch viel an den Aufnahmen? Und was genau wird optimiert?
Es wird noch einiges optimiert. Aber eher Dinge, die das Bild nicht verändern. Dinge wie Pickel, Hautunreinheiten sowie Fussel werden entfernt, also Sachen, die normalerweise nicht im Gesicht sind oder eben das Gesicht nicht prägen. Augen, Lippen und Elemente, die ein Gesicht prägen und ausmachen, werden meistens nicht verändert. Hier werden nur Verfeinerungen vorgenommen.
Welches Licht benötigt man für makellose Beauty-Aufnahmen?
Für Beauty-Aufnahmen nutze ich möglichst ein farbneutrales Licht. Die Haut sollte bei solchen Aufnahmen nicht unbedingt verfälscht werden. Gerade bei Hauttönen ist es sehr wichtig, dass diese natürlich sind und nicht grau werden oder zu stark in eine Farbrichtung tendieren. Für Beauty-Aufnahmen nutze ich ganz klassisch einen weißen Beauty-Dish als Frontlight. Je nach Kundenwunsch stocke ich das Licht mit unterschiedlichen Lampen noch auf.
Worauf muss man beim Make-up achten?
Beim Make-up ist es natürlich wichtig darauf zu achten, dass hier sauber gearbeitet wird. Jedes kleinste Verfehlen der Make-up-Artists bedeutet für mich: nachbearbeiten. Daher lege ich viel Wert darauf mit Menschen zusammenzuarbeiten, die da sehr gewissenhaft und sauber sind. Natürlich muss bei einem Glamour-Beauty-Make-up sehr viel mehr Make-up verwendet werden als im Alltag. Dennoch ist es für mich sehr wichtig, dass die Haut trotz des Make-ups sehr natürlich bleibt und nicht künstlich wirkt. In meinem Portfolio sind viele Aufnahmen ohne Make-up. Alternativ dazu verwenden wir Pflegeprodukte.
Wie erhält man so einen tollen natürlichen Glow auf ungeschminkter Haut, wie auf manchen Ihrer Fotos zu sehen ist?
Glow kann man auf die unterschiedlichsten Weisen erhalten. Für mich ist es sehr wichtig, dass der Make-up-Artist wenig Make-up und Foundation benutzt und nur mit Pflegeprodukten arbeitet. Feuchtigkeitsampullen sowie Cremes werden hier hauptsächlich genutzt. Auch Öl ist eine tolle Variante, einen schönen natürlichen Glow zu erhalten. Wichtig ist bei solchen Aufnahmen – gerade im Close-up-Bereich –, dass die Poren nicht verstopft sind mit Make-up.
Wie muss ein Bild sein, damit Sie zufrieden sind?
Es muss einfach den Betrachter einen Moment darauf verweilen lassen. Natürlich gibt es darüber hinaus noch andere Dinge, auf die ich achte. Ein Bild, mit dem ich zufrieden bin, muss natürlich sein. Ganz gleich, ob es für eine große Kampagne oder für ein Sedcard-Shooting ist: Natürlichkeit spielt für mich eine sehr große Rolle, die ich immer in meinen Bildern benötige. Auch bei den High-Fashion-Aufnahmen sind beispielsweise Menschen im Hintergrund oder einzelne Elemente, die Bewegung und Alltag zeigen.
Haben Sie ein Faible für spezielle Model-Typen, Farben oder Details?
Nicht direkt ein Faible, aber ich mag natürlich Models mit guter Haut. Für Aufnahmen gerade im Beauty-Bereich sind Models mit natürlichen, vollen Lippen und mit schönen Augenbrauen für mich von Vorteil. Im Allgemeinen mag ich es sehr, unterschiedlichste Persönlichkeiten vor der Kamera zu haben. Die Lebensgeschichten und Unterhaltungen sind oft sehr spannend und interessant. Dadurch stellt man sich auch auf jede Persönlichkeit vor der Kamera ein und bekommt etwas komplett Individuelles.
Welche waren Ihre aufwendigsten Shootings?
Jedes Shooting hat seine ganz eigenen Herausforderungen. Aber gern erinnere ich mich an ein Lookbook-Shooting in Paris. Es war ein sehr aufwendiger Tag, da bei Outdoor-Shootings in einer Großstadt natürlich auch alles klappen muss. Mein Team bestand aus sieben Leuten: ein Model, die Designerin, eine Make-up-Artist, ein Videoteam und, was sehr wichtig für mich war – Leute, die einfach helfen. Die Entscheidung Leute mitzunehmen, die helfen Foto-Equipment zu transportieren, Leute bitten, nicht durchs Bild zu laufen und einfach auf das Equipment aufzupassen. Im Outdoorbereich ist es natürlich auch nicht so einfach, alles zu kontrollieren. Wind, Sonne und auch die Umgebung wie Menschen und Autos sind nicht zu kontrollieren.
Lassen Sie Ihren Make-up-Artists freie Hand oder sagen Sie Ihnen genau, wie das Make-up sein soll, damit es zum Foto passt? Suchen Sie diese aus oder die Auftraggeber?
Es kommt ganz auf das Projekt an. Gern empfehle ich Menschen, mit denen ich zusammengearbeitet habe und die einen Superjob gemacht haben. Der Vorteil dabei ist für den Auftraggeber, dass er weiß, was er bekommt und dass man gut im Team zusammenarbeitet, da bereits ein vorheriges Projekt in dieser Konstellation super funktioniert hat. Vor einem Projekt nehme ich mir die Zeit, kurz mit allen über das Konzept zu sprechen, was unser Ziel beim heutigen Shooting ist und in welche Richtung es gehen soll. Haben wir explizite Vorgaben, bespreche ich mit der Make-up-Artistin alles bis ins Detail. Dennoch lasse ich ihr bei der Umsetzung und Ausführung freie Hand, denn sie ist der Spezialist. Das Vorgespräch ist für das spätere Gesamtbild wichtig. Denn auch die Stylistin und das Model müssen die Reihenfolge kennen, damit am Ende alles zusammenpasst. Sollte der Kunde uns freie Hand lassen, ist es wichtig, dass die beziehungsweise der Make-up-Artist sich frei entfaltet.
Haben Sie Lieblingsfotos von sich?
Ich mag so viele Bilder … Je mehr Bilder ich aufnehme, desto mehr werden es, die ich mag. Eins mag ich aber besonders gern, eventuell auch einfach, weil es eine persönliche Erinnerung an den Tag ist: Es ist das erste Shooting, bei dem meine Mutter dabei war und mich unterstützt hat. Es ist schon einige Jahre her, aber es war ein toller Tag und ich war sehr aufgeregt, dass sie dabei war und sieht, wie ich arbeite.
Gibt es ein Wunschmodel, die/den Sie gern einmal fotografieren möchten? Wie würden Sie sie/ihn in Szene setzen?
Sehr sehr schwere Frage. Es gibt so viele tolle Models und Persönlichkeiten, die ich gern, vor der Kamera hätte. Unglaublich gern hätte ich Sarina Nowak vor der Kamera. Ich mag unglaublich gern ihr Selbstbewusstsein, ihre Ausstrahlung und einfach, dass sie zufrieden mit sich ist, wie sie ist. Das nächstgrößere Ziel ist es, mit Models wie Alessandra Ambrosio oder Gigi Hadid zu arbeiten. Es sind sehr große Ziele und teilweise auch Träume, aber wer keine Träume hat, kann seine Ziele auch nicht erreichen.