Anfangs hätten sie ihn am liebsten gleich wieder abgerissen: Als der Eiffelturm gebaut wurde, hagelte es Kritik aus der Pariser Künstlerszene. Doch schon bald nach seiner Eröffnung am 31. März 1889 als das höchste Bauwerk der Welt schlossen die Franzosen den Turm Gustave Eiffels ins Herz.
Für manch einen der hohen Gäste war die Zeremonie vorbei, noch ehe sie begonnen hatte. Am 31. März 1889 erklomm der französische Ingenieur Gustav Eiffel zusammen mit rund 150 Würdenträgern, Journalisten und Bekannten die Spitze des Eiffelturms, um dort oben feierlich den Abschluss der Bauarbeiten zu begehen. Zu Fuß, denn die Fahrstühle waren zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht eingebaut. Nicht wenige machten unterwegs schlapp: Am Ende schaffte nur jeder dritte Gast den Aufstieg bis zur obersten Plattform.
Oben angekommen, hisste Eiffel die französische Trikolore und hielt eine kurze Rede, auch Frankreichs Industrieminister hielt zur Feier des Tages eine Ansprache. In diesem Moment war all die Kritik an dem Bauwerk vergessen, über das etliche renommierte Künstler der Meinung waren, es würde wie ein „schwarzer und gigantischer Fabrikschornstein Paris dominieren und mit seiner barbarischen Masse zerquetschen". Und von dem einige Anwohner befürchtet hatten, es könne umkippen und ihr Haus zerstören. Sogar zum Prozess war es deswegen gekommen, und das Gericht hatte den Weiterbau nur mit der Auflage erlaubt, dass Gustave Eiffel bei etwaigen Schäden zu haften habe.
Nun aber schlug der anfängliche Protest gegen den Bau in offene Begeisterung und Stolz um. Eine Zeitung schrieb: „Vor der vollendeten Tatsache – und was für eine Tatsache! – müssen wir uns beugen. Auch ich, wie viele andere, habe gesagt und geglaubt, der Eiffelturm sei ein Wahnsinn, aber es ist ein großartiger und stolzer Wahnsinn. […] Der Eiffelturm spricht die Fantasie an, er ist etwas Unerwartetes, etwas Fantastisches, das unserer Kleinheit schmeichelt. Als er kaum in Angriff genommen war, unterzeichneten die berühmtesten Künstler und Schriftsteller, von Meissonier bis Zola, einen flammenden Protest gegen den Turm als furchtbares Verbrechen gegen die Kunst. Würden sie ihn heute noch unterzeichnen? Nein, gewiss nicht, und es wäre ihnen lieber, dieses Dokument des Zorns existierte nicht. Und was das Volk, was die guten Bürger betrifft, so lässt sich ihr Empfinden in einem Satz zusammenfassen, den ich aus dem Munde eines braven Manns vernommen habe, nachdem er fünf Minuten lang mit offenen Munde vor dem Turm gestanden hatte: ,Enfoncé l’Europe!‘" Zu deutsch also: Europa kann einpacken!
Eiffel hieß eigentlich Gustav Bönickhausen
Heute ist der Eiffelturm nicht bloß zum Symbol von Paris und zu einem nationalen Symbol von ganz Frankreich geworden. „Der Eiffelturm [ist] auch der ganzen Welt gegenwärtig", schreibt der französische Philosoph Roland Barthes. „Seine einfache, als Matrize wirkende Form verleiht ihm die Fähigkeit zur unendlichen Chiffre: nacheinander, je nach den Appellen unserer Vorstellungskraft, Symbol für […] Modernität, für Kommunikation, für Wissenschaft […], Rakete, Stengel, Bohrturm, Phallus, Blitzableiter oder Insekt."
Fast sieben Millionen Besucher besichtigen den Eiffelturm jedes Jahr, an manchen Tagen sind es bis zu 30.000 Menschen. Nach Berechnungen der italienischen Handelskammer von Monza und Brianza ist der Turm mit 435 Milliarden Euro das wertvollste Wahrzeichen Europas – was den wirtschaftlichen Standortwert, Besucherzahlen, die Menge der geschaffenen Arbeitsplätze und den Exportwert angeht. Mit großem Vorsprung: Das Kolosseum in Rom auf Platz zwei der Liste wird dort mit einem Gesamtwert von 91 Milliarden Euro taxiert.
Dabei sollte der Turm ursprünglich nach 20 Jahren wieder abgerissen werden. Gebaut wurde er einst für die Weltausstellung 1889 in Paris, um dort für die französische Ingenieurskunst zu werben. Hohe Bauwerke spiegelten damals den Zeitgeist der Industrialisierung wider, deshalb hatten gleich mehrere Ingenieure Vorschläge für einen Turm auf dem Gelände der Weltausstellung eingereicht. Am Ende erhielt Gustave Eiffel den Zuschlag, der zuvor vor allem Brücken konstruiert hatte – zum Beispiel in Porto über den Fluss Duoro, in Bordeaux sowie den Garabit-Viadukt bei Saint Flour, zum Zeitpunkt der Einweihung die höchste Eisenbrücke weltweit –, aber auch die Fassade des Westbahnhofs in Budapest sowie das Stützgerüst für die Freiheitsstatue in New York.
Eiffel stammte aus Dijon in Frankreich, doch seine Wurzeln lagen in Deutschland in der Eifel, worauf auch sein ursprünglicher Nachname Bönickhausen hindeutete. Erst während der Bauphase wechselte er seinen Namen, um französischer zu klingen. So wurde das noch namenlose Bauwerk bereits vor der Eröffnung von der Bevölkerung als Eiffelturm bezeichnet, auch wenn sein Erbauer ihn selbst nie so genannt hat.
Idee für Turm stammte von zwei Ingenieuren
Der Eiffelturm war dabei eigentlich eine Idee von zwei von Eiffels Ingenieuren: Maurice Koechlin und Emile Nouguier waren die ersten, die einen 1.000 Fuß hohen Turm erdachten und entsprechende Pläne vorstellten. Anfangs konnte sich Eiffel jedoch nur bedingt dafür begeistern. „Es ist sehr interessant, aber ich sehe bei der Ausführung erhebliche Probleme", hielt er seinen beiden Angestellten entgegen. Trotzdem stellte er die Idee später dem Komitee der Weltausstellung vor – auch mangels eigener Alternativen. Er beauftragte aber den Architekten Stephen Sauvestre, die zunächst eher simple Form des Turms noch einmal zu überarbeiten, um ihn kunstfertiger erscheinen zu lassen und dadurch die Akzeptanz zu erhöhen.
Eiffel machte sich also fremde Ideen zu eigen, doch es gilt heute als gesichert, dass der Bau ohne sein persönliches und unternehmerisches Engagement wohl nie zustande gekommen wäre. Eiffel haftete beispielsweise mit seinem persönlichen Vermögen für den Bau. Selbst Maurice Koechlin soll gesagt haben: „Die Idee und die Berechnungen stammen von mir, aber der Vater des Turms ist Eiffel."
Der erste Spatenstich erfolgte am 28. Januar 1887. Nachdem das Fundament gegossen war, erfolgte die eigentliche Montage des Eisenturmes. Dabei wurden sämtliche 18.038 Elemente in den Werkstätten von Eiffels Firma in Levallois-Perret vorgefertigt und vor Ort auf dem Pariser Marsfeld mit insgesamt 2,5 Millionen Nieten lediglich noch zusammengesetzt. Selbst wenn ein Stück einmal nicht wie vorgesehen passte, wurde es nicht vor Ort passend gemacht, sondern zurück in die Werkstätten geschickt. So kam es, dass auf der Baustelle unweit des Seine-Ufers nie mehr als 250 Arbeiter gleichzeitig beschäftigt waren, in Levallois-Perret dagegen rund 500.
Heute zwölf Meter höher als bei der Eröffnung
Der Eiffelturm besteht aus insgesamt drei Etagen. Auf der ersten in knapp 58 Metern Höhe befinden sich heute mehrere Lokalitäten, ein Kinosaal, ein Souvenirshop, eine kleine Postannahmestelle sowie ein großer Saal für Tagungen oder Konferenzen. Die zweite Etage auf 116 Metern Höhe beherbergt ein Sternerestaurant mit gehobener Gastronomie, ein weiteres Lokal sowie eine Ausstellung zur Geschichte des Bauwerks. Auf der dritten und obersten Ebene auf 276 Metern Höhe befinden sich neben mehreren Aussichtsplattformen eine Champagner-Bar sowie das ehemalige Arbeitszimmer Eiffels, in dem der Ingenieur auch gelegentlich Gäste empfing.
Bei seiner Eröffnung war der Eiffelturm nicht nur die größte Attraktion der Weltausstellung und das Eingangsportal zur Ausstellung, sondern mit einer Gesamthöhe von 312 Metern zugleich das höchste Bauwerk der Welt – fast doppelt so hoch wie das bis dahin höchste Bauwerk, das Washington Monument (169 Meter). Erst 1930 wurde mit dem Chrysler Building in New York ein Wolkenkratzer gebaut, der ihn um sieben Meter übertraf. Der Eiffelturm blieb jedoch der höchste Fernsehturm der Welt, ehe er mit Fertigstellung des Tokyo Tower (332,6 Meter) im Jahr 1953 auch in dieser Hinsicht übertroffen wurde. Seit 1921 wurde vom Eiffelturm Radio ausgestrahlt, seit 1935 dann auch Fernsehen übertragen. Im Zuge dessen ist der Turm mittlerweile sogar noch einmal gewachsen auf jetzt 324 Meter. Und abreißen lassen will ihn heute niemand mehr.