Deutschlands Reiseindustrie hängt immer noch einem überkommenen Familienbild nach. Fast alle Preisteile der Reiseveranstalter aber auch Zimmerpreise von Hotels gehen davon aus, dass die meisten Menschen glücklich zu zweit durchs Leben gehen und deshalb gemeinsam Urlaub machen. Also werden auch überwiegend Doppelzimmer angeboten. Einzelzimmer tauchen höchst selten auf, und nur wenige Veranstalter und Hotels machen den Zusatz: Einzelnutzung im Doppelzimmer ohne Preisaufschlag. Das aber fast nur in Nebensaisonzeiten. Ansonsten ist bei Einzelnutzung ein oft heftiger Preisaufschlag fällig. Die Statistik zum Thema Single-haushalte in Deutschland sollte den Urlaubsstrategen zu denken geben. 2017 waren es rund 17 Millionen, die sich bei der Angabe: „Preis pro Person im Doppelzimmer" vermutlich ausgegrenzt fühlen. Es gibt zwar bei Pauschalreisen immer noch Angebote für ein halbes Doppelzimmer, aber hier werden zwei Urlauber in einem Raum untergebracht, die sich vorher nie gesehen haben. Allerdings schön getrennt nach Männlein und Weiblein. Die Hoffnung, im gemeinsamen Zimmer eine Kombination von Sandra Bullock und Nicole Kidman vorzufinden, wird sich nicht erfüllen. Auch wenn es im Prospekt heißt, dass man auf diese Weise tolle neue Kontakte knüpfen könne, bleibt das Risiko hoch. Wenn der Zimmernachbar ein Unsympath ist oder nachts schnarcht, dass sich die Balken biegen, ist das kein Rücktrittsgrund für die Reise. Da muss man dann durch, auch wenn laut Guinness-Buch der Rekorde schon mal 90 Dezibel bei einem Schnarcher gemessen wurden. Das entspricht fast einem Presslufthammer. Dieses Problem betrifft auch noch eine andere Gruppe. Der überwiegende Teil aller Urlauber befindet sich im gehobenen Alter, damit werden auch die Schnarchprobleme größer. Ehepaare können ein Lied davon singen. Die Radikallösung heißt: Zwei Schlafzimmer zu Hause und auch im Urlaub. Was sich wiederum nicht allzu viele leisten können.
Reiseveranstalter haben sich bisher nicht hervorgetan, flexible Lösungen anzubieten. Reine Einzelzimmer gibt es in modernen Hotels immer weniger. Aber man könnte in Nebensaisonzeiten Doppelzimmer zur Einzelbenutzung stärker vermarkten. Oder, radikal gedacht, einen Einheitszimmerpreis festsetzen. Es gibt viele Länder, in denen für das Zimmer und nicht pro Person bezahlt wird. Man könnte auch im Zeitalter des Internets kurzfristig reagieren. Millionen Singles und von menschlichen Kreissägen geplagte Ehepartner würden dankbar sein.