Statt sich nur ein elegantes Carré von Hermès umzuhängen, können Damen dieses Frühjahr und auch im Sommer als Eyecatcher durch die Straßen ziehen, indem sie sich in seidenähnlichen Klamotten zeigen, die allover mit leuchtenden, früher nur der Schal-Mode vorbehaltenen, teils bunt gemischten Prints bedruckt sind.
Gianni Versace, Gott hab ihn selig, würde es garantiert gefallen. Denn was der exzentrische Modemacher einst in den 70er-Jahren erstmals der Fashion-Welt an Opulenz beschert hatte, ist derzeit einer der angesagtesten Trends. Womöglich befördert durch die Versace-Retrospektive, die im Frühjahr 2018 im Berliner Kronprinzenpalais zu besichtigen war. Denn dort waren jede Menge leuchtend-farbenfrohe Original-Entwürfe zu sehen, die gewissermaßen als Blaupause oder als Vorlage für die neuen Kreationen internationaler Designer dienen konnten – Klamotten mit einem wilden Mix von Prints. Die Frage, welches Muster wohl am angesagtesten ist, hat Gianni Versace schon in den 70ern ganz simpel für sich beantwortet: Nehmt doch am besten alle auf einmal und kombiniert sie auf Jacken, Kleidern oder Hosen einfach bunt durcheinander.
Leuchtend-farbenfrohe Kreationen
Dass Schwester Donatella Versace bei dem aktuellen Schal-Print-Revival an vorderster Stelle mitmischt (beispielsweise mit feminin gebauschten Röcken), dürfte sich von selbst verstehen. Zumal der wilde Print-Mix ihrem ganz persönlichen Stil, der in Kurzform als „modischer Exzess" beschrieben werden kann, sehr entgegenkommen dürfte. Mal schauen, ob Donatella Versace, die auch künftig die Kreativspitze des Labels bleibt, Abstriche bei ihren häufig alles andere als alltagstauglichen Design-Entwürfen machen muss. Aber wahrscheinlich nicht, ist doch das Schräge spätestens seit Alessandro Micheles Regentschaft bei Gucci generell mega-angesagt.
Für diverse Modemagazine mit der „Elle" als Speerspitze ist der extravagante Scarf-Print „das Trendmuster der Stunde". Mit dem eleganten Klassiker von Hermès, dem ebenso geschätzten wie hochpreisigen Carré, hat das Ganze allerdings kaum mehr etwas gemein. Außer, dass die neuen Drucke ebenfalls auf hochglänzendem, federleichtem Material wie Seide oder seidenähnlichen Stoffen zu finden sind. An Motiven gibt es kaum etwas, was es nicht gibt. Abstrakt Geometrisches gesellt sich zu goldfarbenen Ketten, Münzen, Paisley, Streifen, Karos, Emblemen, Logos, Blumen oder Animalischem wie Leo. Auf den internationalen Laufstegen war der Trend häufig als Allover-Look zu bestaunen, bei Richard Quinn waren sogar die Gesichter der Models unter bedrucktem Tuch verschwunden. Das häufig gebrauchte Fashion-Credo „weniger ist mehr" hatten die Designer da offenbar mal schnöde außer Acht gelassen.
Ein unübersehbares Statement
Im Streetstyle rund um die Fashion-Weeks mag der wilde Print-Komplett-Mix ja noch angehen, aber ansonsten sollte sich frau besser auf ein Teil mit dem neuen Scarf-Print beschränken, egal, ob es sich dabei um Rock, Bluse, Hose oder Kleid handelt. Es gibt kaum ein Kleidungsstück, vor dem die Deko-Wut der Designer Halt gemacht hat, selbst den Parka gibt es bei Salvatore Ferragamo in fast schon leuchtend-barocker Muster- und Farbopulenz. Auffällige Blusen, wie sie beispielsweise Burberry oder Versace in ihrer Winterkollektion haben und die längst auch schon bei Zara & Co. in günstigen Versionen angeboten werden, lassen sich trefflich mit einer schlichten Jeans kombinieren. Ein Wickelrock mit Scarf-Print beispielsweise aus dem Winter-Sortiment von Marine Serre oder auch ein mittellanger Plissee-Rock sind ideale Partner für einen groben Rollkragenpullover. Der Materialmix dient quasi als Ergänzung zum grell-lauten Mustermix, dem durchaus auch Boots in Knallfarben zur Seite gestellt werden können.
Dieser Trend setzt in jedem Fall mal wieder einen Akzent und ein unübersehbares Statement gegen den sportiv-bequemen Schlabberlook. In den Winterkollektionen haben wir den Scarf-Print unter anderem bei Toga, Phillip Lim, Saint Laurent, Faustine Steinmetz, Jacquemus, Rosie Assoulin (Allover), Etro, Céline, Gucci, Roberto Cavalli, Tory Burch, Tibi, J. W. Anderson, Self-Portrait oder Zimmermann entdecken können, die jetzt noch mit etwas Glück im Sale zu haben sind. Im Sommer geht’s munter kunterbunt weiter. Die schönsten Teile haben Marni (Röcke und Kleider), Loewe (Kleider), Jonathan Anderson (Kleider), Etro, Valentino (Komplett-Looks) oder Erika Cavallini in ihrem neuen Sortiment für die warme Jahreszeit.