Im Verlauf des anhaltenden Athleisure-Siegeszugs haben die Designer derzeit mit den Stirnbändern ein Accessoire, das lange Zeit höchstens im sportiven Bereich zu finden war, zurück auf die große Fashion-Bühne gehievt.
Ein prominentes Mitglied der Royal Family wie Herzogin Kate kann natürlich nicht jeden neumodischen Schnickschnack mitmachen. Aber wenn es sich um ein klassisches Haar-Accessoire wie das Stirnband dreht, dann ist sie gern mit von der Partie. Als sie sich bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt dieses Jahres farblich passend zu einem eisblauen Mantelkleid mit einem Headband zeigte, dürfte jedem Betrachter und jeder Fashionista dieser Welt sofort klar gewesen sein, dass dieses geraume Zeit etwas in Vergessenheit geratene Haar-Accessoire wieder angesagt ist. Sogleich wurden von den Medien Vergleiche mit Leighton Meester alias Blair Waldorf gezogen, schließlich hatte die Protagonistin der TV-Serie „Gossip Girl" dieses Styling-Element zu einem ihrer Markenzeichen gemacht. Für jede Jahreszeit trug sie ein auf die klimatischen Bedingungen optimal abgestimmtes Teil. Blair Waldorf gilt seitdem als ungekrönte Queen of Headbands.
Vermutlich war sich Kate des Leinwand-Vorbilds durchaus bewusst. Aber wenn die Herzogin von Cambridge sich ein neues Lieblings-Piece erkürt, darf getrost davon ausgegangen werden, dass sie weltweit viele Nachahmerinnen finden wird. Schließlich ist sie längst auch eine renommierte Fashion-Ikone. Zudem war angesichts diverser modischer Vorzeichen abzusehen, dass das Headband sein Comeback feiern würde. Den letzten Beweis dafür lieferte Miuccia Prada bei der Vorstellung ihrer Damenmode-Kollektion für den Sommer 2019. Denn die Mailänder Fashion-Zarin präsentierte nicht weniger als 50 Stirnband-Varianten aus kostbarem Satin oder Leder auf ihrem Laufsteg, teils mit Steinchen übersät oder mit Bändern aufgehübscht. Hierzulande verdankt das Haar-Accessoire seine neue Popularität auch der ARD-Erfolgsserie „Babylon Berlin". Denn auf der Mattscheibe zappeln ständig junge Damen zu Charleston-Klängen in knielangen Hängerkleidern und mit Stirnbändern auf ihren hübschen Häuptern, ganz im Stil der Flapper Girls aus den Goldenen Zwanzigern, als die Headbands ihre erste modische Hochzeit überhaupt hatten.
Passende Modelle zu jeder Jahreszeit
Was die Kulturgeschichte des Stirnbands betrifft, so liegt vieles im Dunkeln. Fast könnte postuliert werden, dass sie mit einem Schlag Anfang des 20. Jahrhunderts wie aus dem Nichts aufgetaucht sind. Und zwar einem Irrglauben entsprungen, demzufolge die breit um den Kopf geschlungenen Bänder dank des leichten Drucks auf die Stirnregion prophylaktisch gegen Kopfschmerzen vorbeugen sollten. Im englischsprachigen Raum hatte sich deshalb zunächst der Name „Headache Bands" (= Kopfschmerz-Bänder) eingebürgert, während sie in Frankreich schon früh „Bandeau" (= Stirnband oder Haarband) genannt wurden.
Doch in frühreren Zeiten gab es schon einige Vorläufer der Headbands. Meist wird als Ursprung auf die Kränze der alten Griechen, Etrusker oder Römer verwiesen und dabei vor allem der Lorbeer-Kopfschmuck der Athleten bei den antiken Olympischen Spielen hervorgehoben. Auch im alten Judentum soll das Tragen von Stirnbändern neben Turban und Kufiya gebräuchlich gewesen sein. Auch der Turban der Sikhs, die einer im 15. Jahrhunderts gegründeten Religionsgemeinschaft angehören, wird häufig als naher Verwandter des Stirnbands aufgeführt.
Viel spannender ist allerdings die Verbindung zum japanischen Kulturkreis. Stirnbänder, „Hachimaki" genannt (= Helm-Schal), haben dort eine uralte Tradition ‒ und zwar als Talisman gegen böse Geister. Die ersten „Hachimaki" wurden von den Samurai, den legendären Mitgliedern des Kriegerstandes im vorindustriellen Japan, getragen. Und zwar unter dem schweren Kampfhelm, womit bei einem Kampf mit dem Schwert ein die freie Sicht auf den Gegner trübender Schweißfluss vermieden werden konnte. Die Kamikaze-Piloten aus dem Zweiten Weltkrieg, die bei ihrer todesmutigen Mission Stirnbänder um den Kopf trugen, können gewissermaßen als Nachfolger der Samurai-Krieger angesehen werden.
Schwer zu sagen, ob deren meist weiße, in der Regel mit einem kämpferischen Slogan versehenen Headbands als direkte Vorbilder für die späteren bunt bedruckten Bandanas angesehen werden können. Noch heute sind „Hachimakis" in Nippon bei Schülern und Studenten sehr beliebt, und zwar als vermeintliche talismanähnliche Motivations- und Konzentrationshilfe beim Lernen oder vor schweren Prüfungen.
Doch zurück zum westlichen Kulturkreis. Hier tauchte das „Alice Band" um 1871 im Zuge eines illustrierten Buches des viktorianischen Schriftstellers Lewis Carroll mit dem Titel „Alice im Wunderland" erstmals auf. Allerdings handelte es sich bei den Alice Bands um Schmuckstücke aus Plastik oder anderem biegsamen Material, was uns an dieser Stelle nicht weiter interessieren soll. Die ein gutes Jahrhundert später daraus hervorgegangenen Flexi-Stirnbänder sind eine andere Geschichte. Springen wir lieber gleich zu den schon erwähnten Flapper Girls aus den 20er- und 30er-Jahren. Abgeleitet vom englischen Ausdruck flapper (= jemand, der flattert) wurde die Bezeichnung für junge Damen gebräuchlich, die gesellschaftlich unangepasst für damalige Verhältnisse kurze Röcke oder Kleider trugen, kurzes Haar bevorzugten und sich beim Tanzvergnügen wild hin und her zu werfen pflegten. Es war letztlich eine Anspielung auf das Flüggewerden junger Vögel, die ihren eigenen, selbstbestimmten Weg durch die Welt suchen. Zum festen Bestandteil der eleganten Abendgarderobe eines Flapper Girls zählte im Rahmen der Charleston-Mode unbedingt ein aus Taft oder anderen festlichen Stoffen gearbeitetes Stirnband, das meist mit Federn oder Perlen geschmückt war und die Kurzhaarfrisur erheblich aufwertete. Es durfte bei keinem nächtlichen Besuch der damals angesagten Jazzclubs fehlen.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges erlebte das Stirnband dank Hollywood-Diven wie Brigitte Bardot (die Bandanas aus elastischem Jersey bevorzugte), Audrey Hepburn oder Grace Kelly (die beide meist einen glamourösen Kopftuch-Look präferierten) neue Popularität. Auch Plastik-Headbands hatten in den 60er-Jahren im Zuge des Trends zur Beehive-Frisur Hochkonjunktur. Alternativ waren damals auch die aktuell wieder angesagten Schleier-Varianten gefragt. In den späten 60er- und dann auch in den 70er-Jahren wurde das Stirnband – meist in Gestalt von Paisley-Bandanas (das sind quadratische Tücher, die zu einem Kopftuch zusammengebunden werden), ein Markenzeichen der Hippie-Bewegung, die damit häufig ein öffentliches Bekenntnis zu Linksaktivismus oder Guerillakämpfern verbanden ‒ gleichermaßen von Männlein wie Weiblein getragen. Rockstars wie Jimi Hendrix, Keith Richards oder Bruce Springsteen waren hier Stilvorbilder.
In den 80ern zog Sylvester Stallone alias John Rambo auf der Kinoleinwand in den Krieg, stets angetan mit dem für ihn typischen Stirnband. Gleichzeitig hielt das Headband in Frottee-Qualität Einzug im Sport. Sowohl auf den Tenniscourts als auch im Breitensport im Zuge der von Jane Fonda und Olivia Newton-John losgetretenen Aerobic-Welle. Vor Einzug der Hightech-Mentalität war das Stirnband auch noch auf den Wintersport-Pisten als modisches Accessoire häufig zu sehen. Danach verschwand es als nun weitgehend der Sportwelt zugeordnetes Piece fast vollständig von der Fashion-Bühne. Daran konnte auch der stirnbändige Captain Jack Sparrow alias Johnny Depp in der 2003 gestarteten Filmreihe „Pirates of the Caribbean" nichts ändern.
Da sportive Mode wieder mehr und mehr im Kommen ist, war abzusehen, dass auch das Stirnband früher oder später wieder Einzug in der Fashion-Szene halten würde. Erste tastende Versuche wurden von einigen Labels wie Paul & Joe (verschlungenes, turbanartiges Strickstirnband) 2010 unternommen, zwei Jahre später nochmals von Missoni oder von Mary-Kate und Ashley Olsen. 2017 ließ Karl Lagerfeld alle Models seiner Chanel-Show mit Stirnbändern samt Perlen und Glitzersteinen auf dem Catwalk stolzieren, auch bei Gucci war das Accessoire plötzlich wieder zu sehen. Miu Miu nicht zu vergessen, bei dem der Turban-Kopfschmuck deutlich von den 20er-Jahren inspiriert war. 2018 blieben vor allem Balenciaga, Gucci und Miu Miu in Sachen breiter Headbands am Ball. In der Sommersaison 2019 scheint sich das Stirnband-Revival endlich zu einem richtigen Trend auszuwachsen. „Harper’s Bazaar" hat eine Umbenennung der Headbands in Hatbands angeregt, weil viele der neuen Teile so groß gestaltet sind, dass sie fast schon wie ein Hut wirken. Jede Menge schmal-filigraner Bänder gibt es dennoch, beispielsweise von Miu Miu.
Der Turban-Style ist um einiges ausgefallener
Pradas im Sixties-Style gehaltene Stirnbänder hätten damals garantiert auch Brigitte Bardot gefallen. Saint Laurent lehnt sich in minimalistischer Art eher an die Hippie-Vorbilder an. Alles sehr zur Freude von Promi-Damen wie Bella Hadid, die natürlich längst schon auf den Headbands-Trendzug aufgesprungen sind. Die britische „Vogue" zählt die Stirnbänder zu den elf elementaren Accessoire-Innovationen des kommenden Sommers. Vor allem die bombastischen Prada-Stücke, die nach oben tiaragleich in die Höhe ragen, sind eine Nennung wert. Ein weiteres Highlight sind fraglos die Leder-Stirnbänder. Retro-Glam im Sinne des Summer of Love verströmen die mit Schmucksteinen reichlich besetzten Saint-Laurent Headbands, ähnliche Umsetzungen gibt es von Philosophy Di Lorenzo Serafini (auch wenn der Strick etwas gröber rüberkommt).
Bei Simone Rocha sind die Headbands eine einzige Explosion von Farbe und Glamour: Federn, Perlen oder Schmucksteine setzen die Akzente. Bei Emilia Wickstead wird das haubenähnliche Stirnband noch zusätzlich durch eine große Schleife ergänzt.
Wer es sportiver mag, sollte sich in den Kollektionen von Dior oder Fila umsehen. Andere Designer haben sich lieber für Hair-Scarves entschieden, Anna Sui oder Michael Kors für einen Turban-Style. Rockige Attitüde gibt’s bei Dolce & Gabbana. Und auch Kate Spade, Alexander Wang oder Tom Ford haben kreative Kopftücher in ihren Sommerkollektionen.