Sechs Monate hätten sie Zeit gehabt, um 20.000 Unterschriften zu sammeln. Sechs Tage haben sie gebraucht, die Initiatoren und Unterstützer des geplanten Volksbegehrens „Deutsche Wohnen & Co enteignen": Das Thema „galoppierende Mieten" brennt den Berlinern auf den Nägeln und hat längst auch die Bundespolitik erreicht.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nennt die Enteignung von großen Wohnungskonzernen den „glatt falschen Weg". Sie plädiert für konkrete Maßnahmen im Wohnungsbau und will nachdenken, wie man mit nicht genutztem Bauland oder Mietwucher umgeht. Der Berliner CDU-Parlamentarier Kai Wegner, voraussichtlich bald Chef der Landes-CDU, sprach von einer „populistischen Scheinlösung" und der AfD-Abgeordnete Martin Sichert warnte davor, Investoren zu verschrecken und die Wohnungsnot damit zu verschärfen. Auch Christian Lindner wirbt für Wohnungsneubau: „Eine Enteignung schafft nicht eine einzige zusätzliche Wohnung", so der FDP-Chef – mit diesem Argument steigt auch Deutsche-Wohnen-Chef Michael Zahn in den Ring.
Großunternehmen wie Deutsche Wohnen und Vonovia hätten in den vergangenen Jahren nicht eine neue Wohnung gebaut, kontert Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch. Und die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt erinnert daran, dass die Kritiker bei Tagebauen und neuen Straßen in der Vergangenheit kein Problem mit Enteignungen gehabt hätten.
Ja, durch Enteignungen würden keine Wohnungen geschaffen, pflichtet der baupolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Bernhard Daldrup, bei – durch permanente Mieterhöhungen aber auch nicht. Allerdings werfe dieser Weg „mehr Fragen auf als er Probleme löst". Die Sozialdemokraten wollen lieber die umstrittene Mietpreisbremse verlängern und weiter verschärfen.Aktuell steht dieser Weg jedoch auf tönernen Füßen: Ein Urteil in Sachen Mieterhöhungen zugunsten der Deutschen Wohnen zweifelt die Gültigkeit des Berliner Mietspiegels an. Ohnehin geht es in der Hauptstadt inzwischen auch um Mietendeckelung.
Die Berliner haben vom Hin und Her offenbar die Nase voll und stehen schon für die nächste Volksbegehrens-Phase bereit: So mancher bedauert, bislang noch nicht mal die Chance zur Unterschrift in Richtung Enteignung gehabt zu haben.