Ein Baum wird vom Weiß des Himmels und dem Wind im Gras-Saum getragen. Schon in den ersten Minuten bereitet Regisseur, Produzent und Kameramann Patrick Shen mit filmischen Fast-Standbildern auf seine 81-minütige Reise ins Universum der Stille vor.
Auf meditativ-zarte Weise erforscht der Film unsere Beziehung zu ihr und den Einfluss von Geräusch und Lärm auf unser Leben. Der Film pilgert einmal um die Welt, wie einer seiner Protagonisten: der junge Greg Hindy, der mit einem Schweigegelübde 4.700 Kilometer durch halb Amerika läuft, um sich von elektronischen Ablenkungen zu befreien. „Um die Dinge zu sehen wie sie sind, muss man einen Schritt zurückgehen oder ein paar mehr", stellt er während seiner lautlosen Reise nach innen fest – fühlt sich eins mit sich, dem Weg und der Welt.
Shen zeigt, dass auf allen Kontinenten die Gesetzmäßigkeiten und Definitionen von Stille Parallelen aufweisen. Jede Kultur zelebriert sie mit anderen Ritualen. Jeder Mensch hat eine genetisch bedingte Begabung, sie körperlich, kognitiv oder spirituell zu erfahren. Ganz still ist es aber nie: „In einem lärmgedämmten Raum hört man hell das Nervensystem und dumpf das Pumpen des Bluts", so der Künstler John Cage, der 1950 sein weltbekanntes Musikstück „4’33" komponierte, bei dem er, den Finger an der Klaviertaste minutenlang nichts spielt und Empörung erntet – und dann Begeisterung.
So beklemmend das Innehalten in Stille viele regelrecht in die Flucht der Ablenkung schlägt, umso befreiter sind die, die sich mit ihr anfreunden.
Stille sei Ausdruck alles Wesentlichen, von dem wir uns durch Reizüberflutung entfernt haben. Einen internationalen Expertenreigen von Ökologen, Theologen, Klangdesignern, Pädagogen, Philosophen und Psychologen lässt der Film zu Wort kommen. Die sachte Kameraführung ohne Schwenks oder Kranfahrten regt an, subtil zu reflektieren. Wenn in der Schlussfrequenz wieder der Wind im Gras zittert und der Abspann leise aufs Schwarz des Bildschirms rieselt, sollte man noch dem Rascheln lauschen.