Hans-Jochen Wagner spielt in der ARD-Realsatire „Big Manni" (1. Mai, 20.15 Uhr) Gauner Manfred Brenner. Es ist die wahre Story eines Milliardenbetrugs.
Die Betrugsmasche der Firma Flowtex war einer der größten Wirtschaftsskandale im wiedervereinten Deutschland. Um rund vier Milliarden Mark prellte Firmenboss Manfred Schmider durch Täuschung seine Auftraggeber beziehungsweise Staat und Steuerzahler. Dabei ging es um die Vermietung von Maschinen für Bohrsysteme. Vermietet wurde aber meist nur auf dem Papier. Das Geld aus Krediten floss trotzdem, was Manfred Schmider ein Leben auf großem Fuß ermöglichte. Mit Gattin und zwei Kindern bewohnte er ein pompöses Anwesen in Karlsruhe sowie Villen auf dem ganzen Globus. Politik und Finanzwelt hofierten den Unternehmer, der zum Sponsor des badischen Kulturlebens aufstieg. Im Jahr 2000 flog der Schwindel auf. Schmider wurde verhaftet und saß elf Jahre im Gefängnis. Heute lebt er auf Mallorca. Jetzt wird der Fall als bittere Realsatire „Big Manni" am 1. Mai um 20.15 Uhr in der ARD gezeigt. Schauspieler Hans-Jochen Wagner mimt in der Filmfigur Manfred Brenner den Gauner Schmider.
Wir treffen uns mit dem Wahl-Berliner Hans-Jochen Wagner zum Morgenkaffee. Der sei für ihn unerlässlich, wie der gebürtige Tübinger gleich zu Beginn betont. „Daheim stehe ich gegen 7.30 Uhr auf und koche eine große Kanne Kaffee. Dazu höre ich Deutschlandfunk – den Sender hole ich mir übrigens auch im Ausland über eine App." Essen scheint frühmorgens dagegen zweitrangig zu sein. „Frühaufsteher bin ich von Hause aus eigentlich nicht. Aber seit der Geburt meines Sohnes vor drei Jahren kann ich das Ausschlafen knicken", sagt der Schauspieler.
Die Details musste er sich erst anlesen
Doch zurück zur unglaublichen Story des Betrügers Manfred Schmider, an die sich Hans-Jochen Wagner noch erinnert. Freilich musste er sich die Details für seine Hauptrolle in „Big Manni" dennoch erst anlesen. „Schmider muss ein sehr einnehmender, überzeugender und auch manipulativer Charakter gewesen sein. Sonst wären nicht so viele mächtige Leute mit auf seinen Geisterzug aufgesprungen, teils auch gegen besseres Wissen", mutmaßt Wagner. Regisseur Niki Stein habe sich mit Manfred Schmider an dessen Wohnort auf Mallorca getroffen. Stein erklärte nach dem Gespräch schmunzelnd, er hätte Manfred Schmider jeden Gebrauchtwagen abgekauft. Derartige Filmstoffe mit realem Hintergrund bringen Darstellern fast immer einen Mehrwert an Wissen, erklärt der Mime. „So ein Dreh hat oft etwas mit Horizonterweiterung zu tun, weil man sich für die Rolle mit der Materie befassen muss." Das Drehbuch erhielt Hans-Jochen Wagner eigenen Worten nach erst ein Vierteljahr vorm Start des Projekts. Heute sei das ganz normal, ist vom Darsteller zu erfahren. Der 90-minütige Streifen „Big Manni" wurde laut Wagner in nicht einmal 25 Tagen gedreht. Arbeitsort war dabei auch ein originaler Schauplatz: die Ex-Villa Manfred Schmiders auf dem Turmberg über Karlsruhe. „Diese Atmosphäre haben wir beim Drehen natürlich aufgenommen. Durch den protzigen Bau, der Reichtum zur Schau stellt, war das sonnenkönigmäßige Gebaren des früheren Geschäftsmannes förmlich greifbar", sagt Hans-Jochen Wagner. Der wurde vor Ort von vielen Menschen angesprochen, die mit dem Flowtex-Chef zu tun hatten. „Das waren vor allem frühere Mitarbeiter. Einer sagte mir, er hätte in der Firma die beste Zeit seines Lebens verbracht." Wagner: „Sie liebten und sie hassten ihn. Am Ende waren aber alle froh, dass er erwischt wurde." Der Filmfigur Manfred Brenner sei es um Zuwendung, Anerkennung, Macht und Selbstwert gegangen, erzählt er. Letztlich bemühe sich jeder Mensch, diese ursprünglich kindlichen Mangelgefühle ein Leben lang zu stillen. Brenner versuchte, dies mit Geld, Erfolg und unlauteren Mitteln zu erreichen, erklärt Hans-Jochen Wagner. Dennoch hätten sich die beiden Drehbuch-Autoren Johannes Betz und Jürgen Rennecke um Differenzierung bemüht. Auch sie trafen sich mit Manfred Schmider und gewannen spannende Einblicke in Seelenleben und Charakter des Kriminellen.
Im Spreewald hat er ein Grundstück gekauft
Für Wagner ist „Big Manni" eine der wichtigsten und prägendsten Rollen seiner Karriere. Die begann vor 21 Jahren, als er im Kurzfilm „Zita – Geschichten über Todsünden" zu sehen war. Zu dieser Zeit war er schon am Burgtheater Wien engagiert. 2003 folgte der erste Spielfilm: „Sie haben Knut". „Das war eine deutsch-österreichische Produktion, die auf der Berlinale 2003 uraufgeführt wurde." Der frühere Student an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch" Berlin lebt seit mittlerweile 25 Jahren in der Hauptstadt. „Ich liebe diese facettenreiche Stadt, in der ich meine Freunde habe und von der ich wohl nie mehr loskomme. Berlin ist mein Ankerplatz geworden." 1993 bezog der gefragte Schauspieler eine Wohnung im Prenzlauer Berg, 2003 ging es nach Kreuzberg. „Wir haben hier trotz der Stadtlage viel Grün, Kanäle, Parks und Seen. Ich mag aber auch die Weitläufigkeit Berlins", schwärmt der 50-Jährige. Berlin sei insgesamt nicht so eng wie Paris oder andere Metropolen. „Ich freue mich nach jedem Dreh und nach jedem Urlaub, in die Stadt zurückzukehren." Das Berliner Umland sowie Brandenburg würden das Lebensumfeld komplettieren. Liepnitzsee und Schwielowsee bei Potsdam steuert der TV-Hauptkommissar Friedemann Berg aus dem ARD-„Tatort" eigenen Aussagen nach gerne an. Im Spreewald hat er sich sogar ein eigenes Grundstück zugelegt. Darauf geht Hans-Jochen Wagner aber nicht ein. Privat ist schließlich privat. Nur so viel: Dass es eine solche Idylle nur eine gute Autostunde von Berlin entfernt gibt, habe ihn vor Jahren sehr überrascht. Überhaupt habe er von der Mark Brandenburg früher recht wenig gewusst. Von Vorteil sei heute, dass er von Berlin aus viele schöne märkische Ziele schnell erreicht. „Das ist auch der einzige Grund, warum ich noch ein Auto habe."