Der vor 100 Jahren geborene Lex Barker zählte fraglos nicht zu den großen Mega-Stars der Hollywood-Filmfabrik und sollte trotzdem ein Millionenpublikum mit seinen beiden Paraderollen als Tarzan und Old Shatterhand begeistern.
Lex Barker war alles andere als ein großer Mime, sprich in der Riege der weltberühmten Hollywood-Stars wird man seinen Namen vergeblich suchen. Dennoch zählte er zu den Größten – zumindest was seine Scheitelhöhe von stolzen 1,93 Meter betraf. Und auch seine sonstigen körperlichen Vorzüge wie das blonde Haar mit energischer Tolle, die ebenmäßigen Gesichtszüge, die strahlend-grünen Augen und sein stets gebräunter, durchtrainierter Körper ließen den Hünen zum Schwarm vieler Frauen und Vorbild mancher Männer werden. In seiner Karriere brachte er es auf mehr als 70 Kinofilme, von denen die meisten allerdings kaum der Rede wert und längst in Vergessenheit geraten sind. Dass sich heute überhaupt noch jemand an den am 8. Mai 1919 in Rye, einem 30 Meilen vor New York City gelegenen Städtchen, geborenen Alexander Chrichlow Barker Jr. erinnert, liegt einzig und allein an zwei Paraderollen: der des Tarzan und der des Old Shatterhand.
Doch ausgerechnet mit diesen beiden Filmfiguren konnte sich der Sohn eines wohlhabenden Bauunternehmers, der schon früh zur besseren Unterscheidung von seinem Alex genannten Vater den Spitznamen „Lex" erhalten hatte, lange Zeit nicht anfreunden. Die ihm angebotene Rolle des Tarzans, der er seinen ersten Ruhm in den USA verdankte, hatte er ursprünglich mit folgender Begründung abgelehnt: „Ich bin ein Schauspieler und kein Affe." Auch später pflegte er sich regelmäßig sarkastisch über seine Affenmensch-Darstellungen zu äußern: „Tarzan macht Fortschritte. Ich habe mehr Dialoge als meine Vorgänger, sogar zweisilbige Wörter." Die spätere Offerte aus Deutschland, den Old Shatterhand in Leinwandabenteuern nach Karl May zu spielen, wurde von ihm ähnlich reserviert aufgenommen: „Ein deutscher Western? Das wird nichts!"
Er wurde eines Besseren belehrt. In den 60er-Jahren stieg er in deutschen Landen zu einem der bekanntesten Kino-Stars auf, erhielt 1966 als beliebtester ausländischer Filmschauspieler sogar den Bambi. Später schloss er Frieden mit beiden Filmrollen: „In meinem Leben hat es drei Dinge gegeben, die mich richtig ausfüllten: die Liebe, der Sport und die Schauspielerei. In der Liebe habe ich einmal Glück gehabt, in meiner Ehe mit Irene. Im Film zweimal, mit Tarzan und Old Shatterhand. Im Sport immer, obwohl ich keine Kanone war."
„Bin Schauspieler, kein Affe"
Bei der angesprochenen Irene handelte es sich um seine vierte Ehefrau Irene Labhardt. Eine Schweizerin, die ihm den gemeinsamen Sohn Christopher schenkte, der in der Schweiz bei den Großteltern aufwuchs und sich bis heute unermüdlich um das Vermächtnis seines Vaters kümmert. Beispielsweise durch die kontinuierliche Pflege der Webseite lex-barker.de. Leider dauerte auch dieses Eheglück nur fünf Jahre, da sich die unheilbar an Leukämie erkrankte, 26-jährige Labhardt im Oktober 1962 das Leben nahm. Ihr Verdienst war es, Barker zur Übernahme der Old-Shatterhand-Rolle gedrängt zu haben. „Sie war die einzige Frau, die ich wirklich geliebt habe", sagte Lex Barker. „Bei ihr habe ich erst erfahren, was wirkliche Liebe ist!"
Dieses offene Bekenntnis dürfte seinen anderen vier Ehefrauen wohl kaum gefallen haben. Beginnend mit Constanze Thurlow, mit der er zwischen 1942 und 1950 liiert war und zwei Kinder, Tochter Lyne und Sohn Alexander, hatte. Gefolgt von Arlene Dahl zwischen 1951 und 1952 und der Glamour-Schauspielerin Lana Turner, einem bekannten Pin-up-Girl und Sexsymbol zwischen 1953 und 1957. Die unter Depressionen und Alkoholproblemen leidende Miss Turner war schuld daran, dass der jegliche Eskapaden oder Ausschweifungen hassende Lex Barker kurzzeitig zu einem Lieblingsobjekt der Regenbogenpresse avancierte.
Auch die 1965 geschlossene Ehe mit seiner fünften Ehefrau, der spanischen Schönheitskönigin Carmen Tita Cervera, bereitete Lex Barker in der gemeinsamen Villa Mas Mananas in Sant Feliu de Guixols an der spanischen Costa Brava wenig Freude. Noch vor seinem Tod war die Scheidung eingereicht, seine letzten Lebensmonate verbrachte er nach der Rückkehr in die USA an der Seite seiner Freundin Karen Kondazian, einer US-Schauspielerin. In Amerika kannte ihn damals niemand mehr. Als er drei Tage nach seinem 54. Geburtstag am 11. Mai 1973 mitten in Manhattan auf offener Straße einen tödlichen Herzinfarkt erlitt, konnte er mangels Ausweispapieren nur dank einer Armbanduhr-Gravur identifiziert werden. Der frühe Tod mag seinem einzigen wirklichen Laster, der Kettenraucherei, geschuldet gewesen sein. Auch ein guter Whisky hin und wieder sowie eine Variante des Pokerspiels namens Gin Rommé zählten lebenslang zu seinen Lieblingsbeschäftigungen.
Er sehnte sich nach Anspruchsvollem
Eigentlich schien sein Vater den Lebensweg von Lex Barker genau vorgezeichnet zu haben. Der Sohnemann, der sich auf einem noblen Internat schon früh als Sportskanone in diversen Sparten wie Tennis, Schwimmen, Tauchen, Football, Leichtathletik und Fechten hervorgetan hatte, sollte eigentlich das familieneigene Bauunternehmen übernehmen. Das stand für Alexander Crichlow Barker Sr. und Ehefrau Mariann Beals außer Frage, seit Lex in einer vornehmen, von einem weitläufigen Park umgebenen Backsteinbau-Residenz das Licht der Welt erblickt hatte. Das Interesse des Jungen am Schultheater und der Besuch einer Schauspielschule als Freizeitbeschäftigung wurden von den Eltern nicht sonderlich ernst genommen. Auch nicht die Schwärmerei des Filius für Leinwandhelden wie James Stewart oder Henry Fonda.
Nach dem Highschool-Abschluss bestand der Vater auf ein Ingenieurstudium an der berühmten University in Princeton. Doch der Sohn vernachlässigte das Büffeln zugunsten häufiger Ausflüge zu den Theaterbühnen in Mount Kisco und Westport. Im Westport County Playhouse ergatterte er 1938 eine erste kleinere Rolle in dem Stück „Anna Christie".
Ein Agent lockte ihn noch im selben Jahr nach Hollywood zu Probeaufnahmen bei Fox. Man bot ihm einen Vertrag an, aber der Vater legte sein Veto ein, schließlich war Lex noch minderjährig. Stattdessen zwang er ihn zum Einstieg in die hauseigene Firma. Das ging aber nur kurz gut, denn Lex begann stattdessen ein Schauspielstudium, bekam 1939 ein kleines Engagement in der Komödie „Die lustigen Weiber von Windsor" und schließlich 1940 seine erste Rolle am Broadway im Theaterstück „Fünf Könige" unter der Regie von Orson Welles. Dann kam der Krieg, an dem Barker als Mitglied der US-Infanterie in Übersee teilnahm und aus dem er hochdekoriert mit zwei schweren Verwundungen in die USA zurückkehrte. Bereits kurze Zeit später unterschrieb er im November 1945 seinen ersten Filmvertrag in Hollywood bei 20th Century Fox.
Insgesamt 13 Karl-May-Verfilmungen
Er musste sich zunächst mit winzigen Nebenrollen zufriedengeben, doch dann kam 1949 seine große Chance, als die Produktionsfirma RKO einen Nachfolger für Johnny Weissmüller als Tarzan-Darsteller suchte. Der ehemalige Olympiasieger war inzwischen um die Hüften zu rund für den Lendenschurz geworden – und mit seinen Gagenforderungen deutlich zu teuer. Der Nobody Barker wurde dank fünf in rascher Folge zwischen 1949 und 1953 abgedrehter Tarzan-Episoden schnell bekannt: „Tarzan und das blaue Tal", „Tarzan und das Sklavenmädchen", „Tarzan und die Dschungelgöttin", „Tarzan, der Verteidiger des Dschungels" und „Tarzan bricht die Ketten". Danach hatte Barker allerdings die Nase voll, da er sich nach anspruchsvolleren Rollen sehnte. Doch entsprechende Angebote blieben aus, sodass er 1957 nach einem Dutzend kaum erwähnenswerter Engagements in Western, Abenteuerfilmen und Krimis beschloss, sein Glück in Europa zu suchen.
Doch auch dort – vor allem in Italien – warteten zunächst auch nur Engagements in zweit- oder drittklassigen Mantel- und Degenfilmen. Einzige Ausnahme: die Rolle eines betrunkenen Ehemanns in Federico Fellinis „La Dolce Vita" im Jahr 1960. Nachdem er den Regisseur Harald Reinl offenbar durch sein Mitwirken bei den Mabuse-Streifen im „Stahlnetz des Mr. Mabuse" 1961 und „Die unsichtbaren Krallen des Dr. Mabuse" 1962 hatte überzeugen können, betraute ihn Reindl mit der Rolle des Old Shatterhand in der Verfilmung der Karl May-Romane, beginnend mit „Der Schatz im Silbersee" 1962. Auch in den Rollen als Kara Ben Nemsi, etwa in dem Streifen „Durchs wilde Kurdistan" 1965, und Dr. Karl Sternau, etwa in „Der Schatz der Azteken" 1965, bewegte sich Barker bald auf den Spuren von Karl May. Insgesamt spielte Barker bis 1968 in 13 auf Karl-May-Vorlagen basierenden Filmen mit, wobei die „Winnetou"-Trilogie zwischen 1963 und 1965 fraglos noch heute am bekanntesten sein dürfte.
Danach wurde es still um den Schauspieler, bis zu seinem frühen Lebensende erhielt er kaum mehr Filmangebote. Den 1965 unternommenen Ausflug in die Schlagerwelt hatte er nach dem Misserfolg zweier Platteneinspielungen mit den Titeln „Ich bin morgen auf dem Weg zu dir" und „Mädchen in Samt und Seide" schnell wieder aufgegeben.