Dieter Bohlen ist ein globaler Pop-Titan und Deutschlands erfolgreichster TV-Juror. Jetzt will er wieder auf Tour gehen – mit den größten Hits von Modern Talking, Blue System und DSDS in ihren ursprünglichen Versionen.
Herr Bohlen, nach 16 Jahren Konzertpause und ohne Ihren früheren Gesangspartner Thomas Anders wagen Sie sich noch einmal auf die Bühne. War das eine spontane Entscheidung?
Sehr, sehr spontan, denn eigentlich hatte ich mit dem Thema Konzerte lange abgeschlossen. Ja, im Ausland, so als Abenteuer, immer gerne, aber in Deutschland, wo man es ja niemals allen Recht machen kann, war in meinem Kopf: „Nö, brauch ich nicht." Der Druck meiner Fans über Instagram war dann aber so massiv, dass ich mich entschieden habe, ein Konzert zu geben. Da passierte das Wunder: Nach 48 Stunden waren alle Tickets weg und die Fans rebellierten: Dieter, Du hast uns allen ein Ticket versprochen! Ich halte meine Versprechen und hab dann über Nacht mit der DEAG eine gewaltige Tour durch Berlin, Hamburg, Dortmund, München, Mannheim, Leipzig, Zürich und Wien beschlossen. Wenn’s dem Esel zu gut geht, geht er bekanntlich aufs Eis.
Konzerte zu geben hat ja etwas Rauschhaftes. Wie sehr hat Ihnen dieses Gefühl gefehlt?
Mein ganzes Leben ist wie in einem Rausch. Ich hätte niemals gedacht, dass man 35 Jahre kontinuierlich Erfolg hat und dass der immer, immer größer wird. Eine Hellseherin hatte mir das mal vor 30 Jahren vorhergesagt. Ich dachte, die spinnt, sie hatte aber recht.
Sie versprechen einen großen Familienparty-Abend mit 21 Geschichten zu Ihren 21 Nummer-eins-Hits. Wie lange haben Sie zum Beispiel an „You’re My Heart, You’re My Soul" gearbeitet, und stimmt es, dass diese Produktion nur 1.400 D-Mark gekostet hat?
Die Zeit ist schnell, und so habe ich gerade mit „Cheri Cheri Lady" die 22. Nummer eins. „You’re My Heart, You’re My Soul" zog sich über ein halbes Jahr hin, und ich habe es immer wieder verbessert. Als letztes kam dann der Gag mit den hohen Stimmen. Die Aufnahme des Titels hat jedoch nur ein paar Stunden gedauert.
Sämtliche Songs von Modern Talking stammen aus Ihrer Feder, und Sie haben alle Songs als Erster gesungen. Glauben Sie, dass Titel wie „Brother Louie", „You Can Win If You Want" und „Cheri Cheri Lady" auch in der ursprünglichen Version Welthits geworden wären?
Das weiß ich nicht, damals hat alles super zusammen gepasst. Das war eine andere Zeit, und ich bin ein Mensch, der immer nach vorne schaut. Ich kann die Vergangenheit nicht ändern; die Zukunft schon, und daran arbeite ich.
2014 lehnten Sie ein Angebot von 20 Millionen Euro für ein erneutes Modern-Talking-Comeback ab. Unter welchen Bedingungen würden Sie es tun?
Unter keinen. Ich will einfach keinen Stress mehr und Spaß auf der Bühne mit meinen Fans und Followern haben. Ich will mit ihnen meine 35 Jahre Erfolg feiern und ihnen erzählen, was da so alles passiert ist. Es hat sich alles total verändert, und der neueste Erfolg ist mein Instagram-Account mit weit über 1,2 Millionen Followern.
Was ist Ihnen persönlich wichtig in Ihrem Business?
Fairness. Überraschungen. Diese Euphorie. Das Gefühl. Die Abwechslung.
Sie haben über 200 Millionen Tonträger verkauft. Wie definieren Sie Erfolg?
Die Nummer eins zu sein in einem Moment ist schon ein tolles Gefühl, aber noch schöner ist die Treue der Fans. Viele gehen mit mir diesen Weg seit Jahrzehnten. Das ist einfach super, und wenn man dann mal was zurückgeben kann, tue ich es von Herzen. Die Tour gibt mir dazu die Möglichkeit, und mein neues Album, das Anfang Juli erscheint, schließt den Kreis. Ich habe, glaube ich, seit 15 Jahren kein eigenes Album gemacht und jetzt die Freude entdeckt, für mich Songs zu schreiben.
Wie viel tun Sie für Ihren Erfolg?
Sehr viel, aber Leidenschaft schafft eben Leiden. Ich kann nur 110 Prozent oder gar nicht.
Sie arbeiten an einem neuen Soloalbum. Haben Sie nach 30 Jahren und Dutzenden Hits die perfekte Technik gefunden, Songs zu schreiben?
Nein, ich bin einfach sehr kreativ. Was auch immer ich mache, ich habe sofort Einfälle und bin oft schneller als andere. Wenn ich an einem Drehset bin, für was auch immer, fallen mir in Sekunden bessere Alternativen ein als das, was die Schreiber vorbereitet haben. Das ist lustig.
Wie würden Sie Ihren Ton, Ihre Persönlichkeit als Songschreiber und Musiker beschreiben?
Ich bin in Erfolg verliebt. Ich möchte, dass die Songs den Menschen gefallen und nicht meiner Oma oder Freundin. Ich bin voll darauf fokussiert, einen Hit zu machen.
Ist der Gesang eines Songs das Wichtigste überhaupt?
Ja, das stimmt zum Teil. Es gibt ja zwei Ansätze: The song makes the singer oder umgekehrt. Wenn ich singe, macht der Sänger nicht den Hit. (lacht)
Muss man alles, über das man singt, selbst durchlebt haben, um authentisch zu sein?
Ja, das sollte man. Wenn da ein 17-jähriges Mädchen über ihre großen Erfahrungen im Leben singt … Na ja, damit hab ich so meine Probleme.
Sie sind dieses Jahr 65 geworden. Wie alt fühlen Sie sich in einem Business, das immer jüngere Stars generiert?
Sehr sehr jung, mir macht es Spaß mit jungen Menschen zu arbeiten, ich kann von ihnen lernen und sie von mir. Die absolute Win-win-Situation!
Woran merken Sie, dass Sie reifer und weiser geworden sind?
An gar nichts, bin ich nicht. Ich würde Fehler immer wieder machen, weil ich mache, mache, mache und nicht über alles tausendmal nachdenke.
Wenn Sie sich den Spiegel vorhalten: Wie sehen Sie sich denn selbst?
Oh, ich bin sehr zufrieden mit allem: Ich bin ein 100 Prozent glücklicher Mensch und danke jeden Tag dem lieben Gott, dass ich so ein tolles Leben führen darf.