Kaminöfen erleben derzeit einen regelrechten Boom. Ihr früher positives Image als natürliche und umweltschonende Alternative zu Gas- oder Ölheizungen wird inzwischen durch die hohen Feinstaub-Emissionen, die denen des Straßenverkehrs gleichkommen, infrage gestellt.
Holzfeuerstellen haben sich mittlerweile zu einem veritablen Lifestyle-Gadget gemausert. Laut Schätzungen des Umweltbundesamtes gibt es inzwischen in Deutschland etwa 11,7 Millionen sogenannte Einzelraumfeuerungsanlagen. Kaminöfen gelten als gemütlich und können die Seele und das Wohnzimmer gleichermaßen wohlig erwärmen. Sie erfreuen sich zudem eines vor allem von den Herstellern und viele Jahre auch von öffentlichen Institutionen in Bund und Ländern geförderten positiven Images, eine kostengünstige, natürliche und umweltschonende Alternative zu den anderen, vermeintlich viel klimaschädlicheren Heizquellen zu sein.
Noch in seiner aktuellen Ratgeber-Broschüre „Heizen mit Holz" bescheinigte das Umweltbundesamt, dass es sich bei Holz um einen „umweltgerechten Brennstoff" handele, der „die Umwelt nicht allzu sehr belastet". Gleichzeitig machte die Behörde auf Gefahren aufmerksam, die durch Verwendung dieses natürlichen Brennstoffes entstehen können. Im Unterschied zu Erdgas- und Heizöl-Anlagen wird aber vergleichsweise wenig Kohlendioxid freigesetzt, weil letztlich nur so viel CO2 entsteht, wie der Baum zuvor während seiner Lebensphase aus der Atmosphäre gebunden hat.
Mögliche Reduzierung der Feinstaub-Emission durch moderne Filter
Aber das große Umweltproblem bei Kleinfeuerungsanlagen, die meist nicht einmal das ganze Jahr über im Dauereinsatz sind, sondern in der Regel nur als Zusatzheizung zu Komfortzwecken genutzt werden, ist der hohe Ausstoß von Feinstaub. Der „Spiegel" sprach daher völlig zurecht von „Feinstaubschleudern", weil laut Berechnungen des Bundesumweltamtes die Kaminöfen in Deutschland inzwischen ähnlich hohe gesundheitsschädliche Feinstaub-Emissionen erzeugen wie der gesamte Straßenverkehr, sprich alle Lkw- und Pkw-Motoren zusammengenommen. Keineswegs können dafür nur ältere Kleinfeuerungsanlagen verantwortlich gemacht werden. Auch mit modernster Technik aufgerüstete Kaminofen-Modelle, anders als beispielsweise Dieselfahrzeuge, sind eben größtenteils nicht mit Partikelfiltern ausgestattet. Solche Filter gibt es zwar längst auch für Kleinfeuerungsanlagen, nur werden sie aus Kostengründen meist ebenso wenig von potenziellen Kunden nachgefragt wie andere Techniken zur Emissionsreduktion wie Katalysator oder elektronische Luftregelung, die die Geräte deutlich teurer machen. „Selbst neue, schadstoffarme Öfen und Pelletkessel stoßen mehr ultrafeine Partikel aus als Lkws", sagte der ehemalige Abteilungsleiter für Verkehr im Umweltbundesamt Axel Friedrich in einem Statement gegenüber der Zeitung die „Welt". „Damit sie weniger Schadstoffe produzieren, müssten die Öfen grundsätzlich über Filter verfügen ‒ was bislang nicht der Fall ist." Friedrich hält eine Reduzierung der Feinstaub-Emissionen um bis zu 90 Prozent durch modernen Filtereinbau für möglich. „Doch diese Lösungen sind teurer", so Friedrich. „Wenn sie nicht vorgeschrieben sind, werden sie auch nicht umgesetzt." Immerhin kann das Bundesumweltamt auf vergleichsweise umweltfreundliche Geräte verweisen, die das Gütezeichen „Blauer Engel" tragen dürfen. Diese Anlagen, vor allem solche mit Scheitholzvergaserkessel oder zum Verbrennen von Holzpellets, werden von der Bundesregierung in einem Marktanreizprogramm für Erneuerbare Energien sogar finanziell gefördert.
„Kleinfeuerungsanlagen stoßen mittlerweile mehr Staubemissionen aus als der Straßenverkehr", meldete die durch das Erzwingen von Dieselfahrverboten bundesweit bekannt gewordene Deutsche Umwelthilfe. In Garmisch-Partenkirchen beispielsweise wurden bei winterlichen Inversionswetterlagen schon höhere Ultrafeinstaubemissionen gemessen als im diesbezüglich besonders berüchtigten Peking. „Deutschland entwickelt sich zu einem China des Westens, was den Feinstaub betrifft", sagte der bekannte Wetterexperte Jörg Kachelmann. Ähnlich wie in der Autoindustrie pflegen viele Hersteller bei den veröffentlichten Abgaswerten zu tricksen. „Die Staubemissionen werden nur auf dem Prüfstand unter realitätsfernen Bedingungen ermittelt", sagte Patrick Huth von der Deutschen Umwelthilfe im Interview mit der „Welt". „Die dabei gemessenen Werte stimmen deshalb fast nie mit der Praxis überein und sind selbst bei normaler Nutzung erheblich höher." Eine vergleichbare Beobachtung hat Ingo Hartmann vom in Leipzig ansässigen Deutschen Biomasseforschungszentrum gemacht: „Wir haben schon mehrere Öfen gemessen in den letzten Jahren und haben immer wieder festgestellt, dass wir die Typenprüfwerte, die da zertifiziert sind, nicht erreichen."
Wie deutlich die Kaminöfen im Vergleich zu Gas- oder Ölfeuerungsanlagen betreffs der Feinstaubemission im negativen Sinne hinterherhinken, hat das ZDF-Magazin „Frontal 21" in einer Anfang März ausgestrahlten Sendung deutlich gemacht: „Am saubersten verbrennt Gas. Hier entstehen nur 30 Gramm Feinstaub pro erzeugter Energieeinheit. Deutlich mehr ist es bei Ölheizungen mit 850 Gramm. Holzöfen pusten durchschnittlich mit 76 Kilogramm ein Vielfaches davon in die Luft." Doch nicht nur die reine Menge ist das zentrale Problem für die menschliche Gesundheit. Die polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe – ultrafeine, besonders krebserregenden Partikelchen – die im Holzrauch viel stärker vertreten sind als beispielsweise im Dieselabgas, fallen bei der Gesamtwertermittlung gleichsam unter den Tisch. Gemeinhin werden bei den gängigen Messungen nur deutlich größere Teilchen, die kleiner als 2,5 Mikrometer pro Partikel (PM 2,5) sind, registriert. Für die ultrafeinen Partikel sind die Grenzwerte in Deutschland hingegen gar nicht ausgelegt. „Natürlich sind die besonders kleinen Partikel kritisch", sagte Prof. Ralf Zimmermann vom Münchener Helmholtz-Zentrum in dem „Frontal 21"-Beitrag, „weil die eben tief eindringen können in die Lunge, und die tragen massenmäßig wenig bei, sind aber von der Wirkung besonders bedeutend."
Nur trockenes Holz verwenden
Für Feinstaub kleiner als 2,5 Mikrometer (PM 2,5) gilt übrigens bundesweit ein Jahresmittelrichtwert von 25 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Doch laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sollte der Grenzwert eigentlich bei zehn Mikrogramm pro Kubikmeter Luft liegen, wie es in der Schweiz längst gängige Praxis ist. Dass der empfohlene WHO-Grenzwert in fast ganz Deutschland klar überschritten wird, daran haben auch die Kaminöfen einen ganz entscheidenden Anteil. Das dürfte auch daran liegen, dass laut einer Umfrage des Magazin „Frontal 21" in den 16 Bundesländern so gut wie gar nicht kontrolliert wird, ob die Einzelraumfeuerungsanlagen, die laut der 2010 verabschiedeten Bundesimmissionsschutzverordnung abhängig vom Baujahr schrittweise ersetzt oder nachgerüstet werden müssen, die Grenzwerte überhaupt einhalten. Die Durchsetzung strengerer Emissionsgrenzwerte scheint derzeit ebenso kein Thema zu sein wie eine Intensivierung der Überwachung.
Wer freiwillig einen Beitrag zum Umweltschutz und zur Reduktion der Luftbelastung leisten möchte, sollte einige Regeln beachten. Beispielsweise nur trockenes, ein bis zwei Jahre abgelagertes Holz verwenden. Den Brennraum maximal bis zur Hälfte befüllen und während des Heizvorgangs für genügend Verbrennungsluft sorgen. Außerdem sollten möglichst zu große Holzscheite vermeiden werden, weil diese eine deutliche Erhöhung der Schadstoffemission zur Folge haben.