Der 1. FC Saarbrücken steht mit seiner Zweiten Mannschaft vor der ersten Meisterschaft. Es ist der erste Schritt auf einem langen Weg zurück.
Wenn Jörg Alt, 65, von „meinen Boys" spricht, dann hört es sich ein bisschen so an, als wenn ein Vater von seinen Söhnen erzählt. Als 1. Vorsitzender des 1. FC Saarbrücken ist der frühere Trainer des VfB Theley und pensionierte Polizeibeamte verantwortlich für die Neuorganisation des Unterbaus. Rückblick: Im Frühjahr 2015 entschloss sich der Verein nach jahrelangen Querelen und einem Abstieg aus der Oberliga dazu, die „Zweite" abzumelden. In der letzten Saison wurde nahezu eine Viertelmillion verbraten, Spieler der damaligen U23 weigerten sich, bei der Ersten Mannschaft mitzutrainieren, und umgekehrt stellten Profis bei ihren Einsätzen in der Oberliga ihre Lustlosigkeit zur Schau. „Dass die Verantwortlichen unzufrieden waren, kann ich nachvollziehen. Die Diskussionen gab es ja nicht nur in Saarbrücken. Aber die Konsequenz, die Mannschaft abzumelden, halte ich für falsch", sagt der Sportliche Leiter Marcus Mann dazu: „Rückblickend wäre es sicher sinnvoller gewesen, es so zu machen wie beispielsweise Elversberg und sich in der Saarlandliga zu regenerieren." Mit dem Sportchef hat Alt einen Befürworter des Projekts „Zweite" gefunden, denn der Abteilungsleiter gibt unumwunden zu: „Nicht alle im Verein waren begeistert, dass wir die Mannschaft angemeldet haben. Es gab viele Bedenken." Doch im Alltag haben sich die meisten von denen in Luft aufgelöst. Weder schickte der FCS „eine Zirkustruppe" ins Rennen, wie Alt es nennt, noch warf der Verein wahllos mit Geld um sich. Mit Cheftrainer Sammer Mozain und Philipp Häfner spielen zwei von drei Mitgliedern des Trainerstabs selbst, bei den Spielen coacht „Co" Eddy Uslu die Mannschaft. Ergänzt wird das Team um das Team von Team-Managerin Heike Trunzler und Zeugwart Christoph Neu: „Sie arbeiten ehrenamtlich. Wir werfen nicht mit Geld um uns, auch wenn uns das gerne unterstellt wird", sagt der 1. Vorsitzende. So weist Alt auch den Vorwurf von sich, der FCS habe mit Kanonen auf Spatzen geschossen. Coach Mozain spürt die Strapazen der langen Profilaufbahn bei jedem Spiel, Häfner, mit derzeit 46 Treffern bester Torschütze, spielt nach einer schweren Erkrankung seine erste komplette Saison. Kapitän Manuel Niebuhr, früher beim FCS in der Junioren-Bundesliga am Ball, hatte gar eine ganze Spielzeit ausgesetzt. Und auch Marc Klein, der früher mit Mozain bei Röchling Völklingen am Ball war, konnte aufgrund einer schweren Knieverletzung nur unregelmäßig eingesetzt werden. „Insofern ist es Quatsch, dass wir eine Verbandsligamannschaft dastehen haben, wie ich es oft höre", sagt Alt: „Natürlich haben die genannten Spieler höherklassig gespielt, aber sie haben eben auch alle ihre Vorgeschichte. Uns war es wichtig, dass sie eine emotionale Bindung zum FCS mitbringen und unsere vielen jungen Spieler führen. Ich denke, dass uns das gut gelungen ist."
Eine große Herausforderung war es, im vergangenen Sommer eine Mannschaft quasi aus dem Boden zu stampfen. „Wir haben komplett bei null angefangen, kaum einer hat den anderen gekannt. Da gab es im Lauf der Runde sicher auch einmal den einen oder anderen Reibungspunkt, aber im Großen und Ganzen haben wir das gut hinbekommen", sagte Trainer Mozain, dessen Team mit einem Sieg am Wochenende Meister werden kann. „Wir sind die einzige Mannschaft im Saarland, die bisher jedes Spiel gewonnen hat, natürlich wollen wir die letzten beiden Spiele auch noch ziehen", sagt Alt und gibt zu: „Dass es so gut läuft, hätte ich nicht gedacht. Natürlich war es von Beginn an das Ziel, dass wir Meister werden. Aber wir haben nur einmal zurückgelegen und gerade in der Hinrunde häufig begeisternden Fußball gespielt."
„Nicht alle im Verein waren begeistert"
Dennoch: Den Mühen und Unwägbarkeiten des Kreisliga-Alltags sah sich auch der FCS ausgesetzt. Einmal trat der Gegner nicht an, zweimal schenkte er während des Spiels aufgrund des hohen Rückstands ab. „Damit muss man rechnen, aber ich habe den Jungs gesagt, dass wir nur unsere Leistung beeinflussen können und uns auf uns selbst konzentrieren müssen. Natürlich kann man sagen, dass wir uns in dem einen oder anderen Spiel etwas schwer getan haben. Aber wir haben unsere Aufgabe gut gelöst", sagt Mozain.
Doch auch bei den Blau-Schwarzen lief nicht alles glatt. Während der Hinrunde musste Mozains Team auswärts einmal mit einem Feldspieler im Tor antreten. Ein Torwart war verletzt, der andere beruflich verhindert. Unterstützung „von oben" gab es keine. „Es hätte ein Geschmäckle gehabt, wenn wir Spieler aus dem Regionalliga-Aufgebot in die Kreisliga geschickt hätten. Es bestand ja auch nicht die Gefahr, dass die Zweite nicht Meister werden könnte", sagt Sportdirektor Mann. Auch in der kommenden Saison soll es noch keine generelle Einsatzpflicht von nicht berücksichtigten Profis in der Bezirksliga geben. „Aber sicherlich kann es mal zu Einzel- oder Sonderfällen kommen", erklärt der Sportchef und Alt fügt hinzu: „Unser Ziel muss es sein, die Zweite Mannschaft schnellstmöglich profitabel für den Gesamtverein zu machen."
Einer, der den Weg mitgehen wird, ist Timo Wagner. Der derzeitige U19-Torhüter wird als dritter Torwart zum Regionalliga-Aufgebot gehören und soll „unten" Spielpraxis erhalten. „Das ist für mich überhaupt kein Problem. Spiele sind wichtig, egal in welcher Liga. Ich habe meine halbe Jugend hier verbracht und freue mich, dass ich beim FCS bleiben kann", sagt der 19-Jährige. Eine gewisse Fluktuation wird es am Saisonende geben, auch wenn außer Wagner noch kein A-Jugendlicher in die Zweite wechseln wird. „Wir werden uns auf sechs, sieben Positionen verändern. Mit jeder Liga müssen wir ein Stück weit besser werden, sagt Mozain, „aber der Stamm bleibt absolut erhalten. Bei dem einen oder anderen ist es auch so, dass er den Aufwand, den wir betreiben, beruflich nicht mehr stemmen kann."
Als Neuzugänge stehen mit Daniel Schönfeld (Quierschied) und Marco Cosenza (Köllerbach) bereits zwei Akteure fest, die während ihrer Jugendzeit beim FCS beziehungsweise bei der SV Elversberg ausgebildet wurden.
Die Zielsetzung für die kommende Spielzeit umreißt Mozain ebenso wie der 1. Vorsitzende klar: „Wir müssen um den Titel mitspielen, alles andere wäre dem Umfeld nicht zu vermitteln. Aber es muss auch alles passen, die Konkurrenz wird größer sein", sagt Mozain und Alt ergänzt: „Wir können uns in den ersten drei Jahren eigentlich keine Ehrenrunde erlauben."