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WAS MACHT EIGENTLICH...

Peter Schilling 1984 auf dem Höhepunkt seiner Karriere zu Gast in der TV-Sendung „Menschen ’83“.
Foto: imago / teutopress

… Peter Schilling?

Mit seinem Titel „Major Tom (völlig losgelöst)" wurde er 1982 zum Teenie­schwarm. Nach einer Karriere­pause in den 90er-Jahren kehrte er 2002 wieder auf die Bühne zurück. Der 63-Jährige hat 2018 eine Kinderbuchreihe gestartet und bereitet derzeit ein Album vor.

Peter Schilling drückt in diesen Wochen „seinem" FC Bayern die Daumen für die Titelverteidigung und leidet gleichzeitig mit seinem Heimatclub VfB Stuttgart mit, weil der wieder mal im Bundesliga-Abstiegsstrudel steckt. Der Musiker wäre fast selbst Fußballprofi geworden, denn der VfB Stuttgart hatte 1971 dem damals 15-jährigen wieselflinken Linksaußen einen Vertrag angeboten. Schilling zog aber eine Musikkarriere vor und tingelte mit Rockbands durch die Lande, versuchte sich in Castingshows und fand schließlich eine Hamburger Plattenfirma, die 1978 mit ihm Schlager produzierte. Als er im Jahr darauf eine Tätigkeit bei der Plattenfirma WEA aufnahm, nutzte er dort jede Gelegenheit, den entscheidenden Leuten seine Musik zu präsentieren. Zudem schrieb er Songs für andere Interpreten wie Goombay Dance Band („The Magician") und Jürgen Drews. Als Schilling dann 1982 sein erstes Album „Fehler im System" mit den Titeln „Major Tom" und „Die Wüste lebt" einspielte, nahm ihn die WEA unter ihre Fittiche. Es folgte ein märchenhafter Aufstieg zum Teenieschwarm mit internationalen Charterfolgen, aber auch etliche Rückschläge, weil er den falschen Leuten vertraut hatte. „Ich habe alle Fehler gemacht, die man machen kann", gestand Schilling 2016 bei „Spiegel Online". Sein großer Erfolg kostete ihn fast das Leben: Nach Burn-out und Nahtod-Erlebnis infolge eines asthmatischen Erstickungsanfalls konnten Ärzte den auf 52 Kilo abgemagerten Musiker 1990 in letzter Minute retten: „Ich bin mir des riesigen Glücks, das ich hatte, bewusst und klage nicht", resümierte Schilling. Er kündigte damals seinen Plattenvertrag und zog sich fast zwölf Jahre zurück. Danach tingelte er eine Zeit lang durch ­Ü-30-Partys und Kaufhaus-Events, konnte aber mit seiner Band schon bald wieder bis zu 3.000 Fans in Konzerte locken. Seine neuen Songs klangen zwar immer noch ein bisschen wie früher, waren aber insgesamt doch persönlicher und gereifter. Statt technischer Themen rückt Schilling heute die Menschen in den Mittelpunkt seiner Texte. „Mein größter Erfolg ist, dass ich den Weg zurück in die Normalität gefunden habe", blickt er heute auf diese Lebensphase zurück. Inzwischen ist es ihm sehr wichtig, sich künstlerisch adäquat weiterzuentwickeln und sich dafür die richtigen Partner zu suchen. Das musikalische Ergebnis stellt dieser „neue" Peter Schilling am 15. Juni live auf der Berliner Parkbühne Wuhlheide vor.

Ratgeber für Männer

Nach dem Jahrtausendwechsel begann Schilling auch mit dem Schreiben von Ratgebern für Männer: 2005 erschien „Lust-Faktor Wellness", in dem männliches Wohlfühlmanagement thematisiert wurde, 2007 folgte „Emotionen sind männlich" und 2013 das eher autobiografische „Völlig losgelöst. Mein langer Weg zum Selbstwert". Dabei hat Schilling wohl Spaß am Autorenleben gefunden: Im Vorjahr setzte er die Idee um, den Riesenerfolg rund um seinen „Major Tom"-Song für eine Buchreihe zu nutzen, in der Kindern naturwissenschaftliches Wissen und Werte in Erzählform vermittelt werden sollen. 2018 sind bereits acht Bände der Serie „Der kleine Major Tom" erschienen. Der neunte Band wurde im März 2019 auf der Leipziger Buchmesse vorgestellt. Zu den Büchern gibt es jeweils Hörspiele, bei denen Schilling selbst die Rolle des Major Tom spricht. Seine Nähe zu Kindern hatte er zuvor schon von 2011 bis 2017 als ehrenamtlicher Botschafter des Deutschen Kinderschutzbundes unter Beweis gestellt.

Schilling ist heute nicht nur Künstler auf der Bühne, sondern auch Unternehmer am Schreibtisch. Er ist Musikverleger und Inhaber des Platten-Labels „Major Ton Entertainment KG" und kümmert sich um die geschäftliche Seite seines kreativen Schaffens. „Es genügt meiner Meinung nach nicht, Hits zu haben. Es ist unerlässlich, sein Repertoire kontinuierlich mit den entsprechenden Partnern zu verwalten", schreibt er auf seiner Homepage. Nun, da ihn weniger Leute kennen als früher, fühle er sich so gut wie nie: „Eigentlich ist mein Leben immer antizyklisch verlaufen", sagte er dem „Spiegel".

„Antizyklisches Leben"

Der musikalische Glücksfall „Major Tom" hinterlässt bis heute Spuren: Der Song ist in internationalen Werbespots und TV-Serien wie „Breaking Bad" oder „The Americans" zu hören, stand 2017 Pate für den Hollywood-Thriller „Atomic Blonde" und wird in der ganz aktuellen Amazon-Prime-Serie „Deutschland 86" als Titelsong verwendet. Aktuelle Bands lieferten schon Coverversionen ab, und die Metal-Band Metallica spielte den Song 2018 beim Gastspiel in Stuttgart zu Ehren Schillings kurz an. Am 1. Oktober 2018 führte die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen „Major Tom" erstmals in einer Klassik-Version auf. Im gleichen Jahr reiste der deutsche Astronaut Alexander Gerst mit Schillings Musik als offiziellem Soundtrack zur Internationalen Raumstation ISS. „Ich bin sehr glücklich darüber, die Mission musikalisch begleitet haben zu dürfen", schrieb der in München lebende Musiker dazu auf seiner Homepage.

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