Trotz allerlei Querelen hat der 1. FC Köln die Meisterschaft in der Zweiten Liga eingefahren und den direkten Wiederaufstieg in die Bundesliga perfekt gemacht. Doch auch im großen Erfolg kann die „Diva vom Rhein" nicht aus ihrer Haut.
Wer in den vergangenen Wochen die Stimmung rund um Bundesliga-Altmeister 1. FC Köln beobachtete, ohne die aktuelle Zweitliga-Tabelle zu kennen, musste sich vorkommen wie bei einem Abstiegskandidaten. Helle Aufregung im Umfeld des Traditionsvereins aufgrund der uninspirierten Auftritte, einer schwächelnden Defensive und vier siegloser Spiele in Folge. Dass zuvor sieben Siege aus acht Spielen gelangen und die Rückkehr in die Bundesliga quasi unvermeidbar war, interessierte da schon längst keinen mehr. Markus Anfang, den man auch nach seiner Entlassung noch als Aufstiegstrainer bezeichnen sollte, wurde kurz vor dem Überqueren der Ziellinie vom Fahrersitz gedrängt. Viel stilloser ging es nicht mehr. „Markus Anfang würde keinen Schaden davontragen", meinte Armin Veh, sportchef des FC. Diese Meinung dürfte der Ex-Coach wohl kaum teilen. Die Feststellung, „dass das Saisonziel in Gefahr war", hatte auch schon aufgrund des Schneckentempos der Verfolger praktisch keine Grundlage. Zugegeben: Wirklich mitreißend oder modern war der Fußball des FC schon seit einiger Zeit nicht mehr – trotz souveräner Tabellenführung und insgesamt über 80 Toren, die Simon Terodde und Co zustande brachten. Dazu wirkte gerade die Defensive alles andere als sattelfest und ließ sich viel zu leicht überrumpeln. Dennoch: Die Freistellung von Markus Anfang quasi unmittelbar vor Beginn der Aufstiegsfeierlichkeiten ist irgendwie typisch kölsch – das konnte in dieser Saison nicht mal der HSV toppen.
Trainerwechsel kurz vor dem Saisonende
Ansonsten hätten die Hanseaten, wie die weiteren 16 Zweitligisten auch, wohl nur zu gern mit den Kölnern getauscht. Trotz aller sportlichen Ausfallerscheinungen war dieser Kader letztlich einfach zu gut, um nicht aufzusteigen. Und dabei kratzten einige Spieler wie Marcel Risse, Florian Kainz oder Louis Schaub ihr Leistungsmaximum noch nicht einmal an. Torhüter Timo Horn sprach zurecht von einem „sehr schwierigen Jahr", was vor allem an der hohen Erwartungshaltung im Umfeld lag. Mit der kam die Geißbockelf letztlich wesentlich besser klar als die Konkurrenz vom HSV. Klar, dass die Kölner sich bei den Aufstiegsfeierlichkeiten nach dem 4:0 in Fürth einen Seitenhieb auf den ehemaligen Bundesliga-Dino nicht verkneifen konnten und in der Kabine zu den Klängen der HSV-Hymne „Hamburg, meine Perle" feierten. Dass sich das Team von Interimscoach Andre Pawlak dann auch noch bei der Meisterparty mit der 3:5-Heimklatsche gegen Jahn Regensburg einen Schuss Brause ins Kölsch goss, passte zur merkwürdigen Meistersaison. Dabei war der „Effzeh" in allen sportlichen Belangen besser als die Konkurrenz und konnte so die internen Dissonanzen etwas in den Hintergrund stellen. Das Intrigenspiel inklusive Rücktritt von Präsident Werner Spinner und dem nicht enden wollenden Geschacher um die Vorstandsposten bot Stoff für die Bühne des legendären Millowitsch-Theaters. Dazu eskalierte auch noch ein Streit eines Teils der Fanszene mit dem Verein, sodass die Kommunikation zwischen den Parteien fortan eingestellt war. Doch wie sagt der Kölner, „et hätt noch immer jot jejange" und „Et kütt wie et kütt" – und zumindest in Sachen Aufstieg ist ja wirklich nochmal alles gut gegangen.
Köln wäre aber nicht Köln, wenn nun in der Bundesliga kleinere Brötchen gebacken werden würden. Immerhin: Wirtschaftlich steht der FC blendend da. In Sachen Umsatz hat der „Effzeh" auch in der 2. Bundesliga bundesligareife Zahlen geschrieben und auch die Transfererlöse können sich sehen lassen. Sportchef Armin Veh hat schon konkrete Pläne: „Wir werden uns so aufstellen, dass wir in der kommenden Saison den Grundstein für unser Ziel legen können, uns wirklich langfristig in der Bundesliga zu etablieren. Wir haben im vergangenen Jahr weniger ausgegeben als eingenommen. Bei uns wird es keinen großen Umbruch geben. Wir wollen Spieler holen, die sofort Stammspieler sein können. Da wird es so viele nicht geben. Ich denke, am Ende wird es auf vier Spieler hinauslaufen", sagte Veh im „Kicker" und hatte dabei schon im Hinterkopf, dass er mit Tiefstapelei nicht weit kommt. Denn wenn die Kölner schon auf dem Weg zur Zweitliga-Meisterschaft dem Druck der Öffentlichkeit nachgeben und einen Trainer entlassen, was passiert dann erst im Bundesliga-Abstiegskampf?
Eine stabile Achse und ein ausgeglichenes Umfeld sind nötig
Diese Frage dürfte sich auch Kölns neuer Übungsleiter Achim Beierlorzer gestellt haben. Der Mittelfranke hat in den vergangenen zwei Jahren fernab der hektischen Domstadt bei Jahn Regensburg seine laufintensive Spielphilosophie mit dem bis ins Detail geplanten Gegenpressing in beeindruckender Klarheit und mit großem Erfolg auf den Platz gebracht. Nun muss der eloquente und konsequente Fußballlehrer in der Medienstadt Köln zeigen, dass er auch dem großen Druck gewachsen sein wird. Bei der Pressekonferenz nach der Meisterfeier hatte Beierlorzer schon mal einige Vorschusslorbeeren für seinen neuen Arbeitgeber parat: „Der FC hat ein sensationelles Stadion mit sensationellen Fans. Sie haben klar die beste Mannschaft der Liga. Den Kader muss man nur punktuell verbessern", meinte der 51-Jährige, dessen Verpflichtung als neuer Trainer einen Tag später bestätigt wurde. Um seine Spielidee auch am Rhein erfolgreich durchzusetzen, sind Veränderungen im Kader unumgänglich. Gerade in der Rückwärtsbewegung müssen die Kölner in noch höherer Geschwindigkeit operieren können. Als Kandidaten werden unter anderem Hannovers Waldemar Anton, Dario Maresic (Sturm Graz) oder auch Erik Durm gehandelt. Dominik Drexler hat sich derweil in den Fokus einiger Bundesligisten gespielt und könnte das Geißbockheim noch verlassen. Um in der Bundesliga zu bestehen, brauchen die Kölner nicht nur eine stabile Achse auf dem Feld, sondern auch ein ausgeglichenes Umfeld. Zuletzt sorgten dafür übrigens Jörg Schmadtke und Peter Stöger, die den FC in den internationalen Wettbewerb führten, dieses Niveau aber nicht halten konnten. Genau vor dieser Herausforderung stehen nun Armin Veh und Achim Beierlorzer. Den hohen Anspruch der Fans auch mit Ergebnissen zu unterfüttern, wird auch in der kommenden Saison ein echter Drahtseilakt für den 1. FC Köln.