Biertrinken ist nicht mehr ganz so beliebt in Deutschland – es sei denn, es handelt sich um Craftbeer. Trotzdem hat sich der Gesamtabsatz 2018 leicht erhöht. Vom vergangenen heißen Sommer hat auch die Homburger Karlsberg Brauerei profitiert.
Bier ist im Kommen – allerdings nur die Spezialsorten. Diese und alkoholfreie Biere liegen voll im Trend. Nach Angaben des deutschen Brauerbunds erhöhte sich in Deutschland der Gesamtabsatz im vergangenen Jahr um 0,5 Prozent auf rund 94 Millionen Hektoliter.
Dennoch ist Biertrinken in Deutschland längst nicht mehr so beliebt, wie es mal war – und der Trend zu einem geringeren Verbrauch als noch vor Jahren hält an, während Bier teurer wird. Mit einem Preisanstieg von etwa 3,5 Prozent lagen Bier und Biermischgetränke über der allgemeinen Teuerung von 1,9 Prozent, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Dazu dürften nach Einschätzung der Wiesbadener Behörde auch der heiße und lange Sommer sowie die Fußball-Weltmeisterschaft beigetragen haben. Das meiste in Deutschland produzierte Bier wurde auch hierzulande verkauft.
Der Bierexport blieb im Vergleich zum Vorjahr fast unverändert. Insgesamt wurden 2018 gut 1,6 Milliarden Liter im Wert von 1,2 Milliarden Euro im Ausland verkauft. Auch wenn der Anstieg im Vergleich zum Vorjahr schwindend gering ist: Lag der Exportanteil vor 15 Jahren insgesamt noch bei 11,7 Prozent (2003), ist er seither kontinuierlich gestiegen – zuletzt auf knapp 18 Prozent (2018).
Stark nachgefragt wurde deutsches Bier mit einem Anstieg von knapp vier Prozent auch in Ländern außerhalb der EU. Selbst eingefleischte Weintrinker kommen immer mehr auf den Geschmack von Bier, sagt Markus Meyer, Chef der Karlsbergbrauerei in Homburg. „Weniger Alkohol, mehr Vielfalt und Verfügbarkeit an fast allen Orten der Welt sorgen dafür, dass der Bierkonsum steigt." Auch im Weintrinkerland Frankreich haben junge Menschen Durst auf Bier. Wer hip ist, lässt einen Wein für ein Spezialbier stehen, gerade in Paris. Irish Cider Magners, australisches Bundaberg Brew – was früher eher für Achselzucken sorgte, ist mittlerweile angesagt bei Jung und Alt gleichermaßen.
Mischgetränke erobern immer mehr den Markt
„Vor allem der asiatische Markt hat für Deutschlands Brauer deutlich an Bedeutung gewonnen", sagt Holger Eichele, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes. In fast allen Staaten Europas gehe wegen der alternden Bevölkerung der Bierkonsum zurück. Spuren hinterlassen habe auch die Entwicklung in Südeuropa, wo auf dem Höhepunkt der Bankenkrise 2008 der Import von Bier regelrecht eingebrochen sei. Dieser Markt habe sich seither nicht mehr erholt. „In China hingegen erleben wir eine wachsende, solvente Mittelschicht, die Bier für sich neu entdeckt und bei der gerade Biere aus Deutschland ein hohes Ansehen genießen", sagte Eichele. So habe sich China in den vergangenen Jahren als eines der zentralen Lieferländer für die deutschen Brauer etabliert.
Den Markt beobachten und von anderen lernen, Neues ausprobieren und den richtigen Geschmack treffen – diesen Riecher hatte Christian Weber, Generalbevollmächtigter der Karlsberg Brauerei KG Weber, schon vor Jahren und verpasste der größten Brauerei im Saarland einen neuen Kurs: Weg vom Discountergeschäft, mehr Markenqualität und eine gehörige Portion Experimentierfreudigkeit. Eine Strategie, die sich nach einer längeren Durststrecke auf einem hart umkämpften Biermarkt allmählich auszahlt.
Das Bier für Discounter mache nur noch zirka zehn Prozent am Gesamtumsatz aus, Markenbiere im In- und Ausland seien gefragt. Besonders die Mischgetränke wie Mixery in seinen vielfältigen Variationen erobern immer mehr den nationalen Markt. Hier sind die Homburger mit fast 20 Prozent der Platzhirsch in Deutschland.
Der heiße Sommer 2018, viele kleine neue Brauereien wie Haus- und Mikrobrauereien sowie die Craftbiere haben den Trend zu mehr Bier verstärkt. Gerade Letztere haben durch starkes Marketing aufhorchen lassen und Bier zu einem echten Imageerfolg verholfen. „Das starke Geschmackserlebnis passt ideal zu unserer Strategie", freut sich Markus Meyer. Bier in seinen verschiedenen Geschmacksrichtungen und das damit verbundene Erlebnis sorgen dafür, dass Bier bei immer mehr Menschen ankommt. Zwar bleibt Pils mit rund 50 Prozent nach wie vor die beliebteste Biersorte der Deutschen, aber Export- und Weizenbiere sowie Spezialbiere wie Helles, Kellerbier, Landbier oder Zwickel holen in der Beliebtheitsskala auf. Ob auch Sorten wie Gueuze, Kriek oder Trapistenbiere, wie man sie aus Belgien kennt, in Deutschland auf Siegeszug gehen könnten, bleibt dahingestellt. Brauerei-Chef Meyer kann sich das aber durchaus vorstellen, wie die Erfolgsgeschichte Mixery ja deutlich zeigt. Biertrinker dürfen sich auf jeden Fall schon mal auf Neues aus der Experimentierküche von Karlsberg freuen. Inzwischen sei auf dem Brauereigelände in der Alten Schlosserei die größte saarländische Theke mit 20 Zapfhähnen verschiedener Biersorten entstanden, sagt Christian Weber. Und gleich nebenan befindet sich eine Minibrauerei, quasi ein Versuchslabor, in der ab 2020 sogar jeder selbst sein eigenes Bier brauen darf.
Trotz aller Diversifikationen und neuer Produkte – gelegentlich floppt das auch einmal, wie die vor einigen Jahren groß angekündigten Biercocktails, die wieder vom Markt verschwunden sind – Keimzelle für die Weiterentwicklung bleiben für Karlsberg das Saarland und die angrenzende Westpfalz. „Hier sind wir zu Hause, und am Standort Homburg haben wir unsere Kompetenz", betont Christian Weber.