Man nehme den Körper eines Porsche 356 aus dem Jahr 1964 und setze diesen auf den Antriebsstrang eines 911 aus dem Jahr 1990. Heraus kommt ein 356 „AllRad" aus dem Hause Emory Motorsports, das den Klassiker neu aufbereitet und individualisiert.
Originalitäts-Fetischisten und Vertreter der reinen Oldtimer-Lehre sollten möglicherweise besser nicht weiterlesen. Oder vorsichtshalber schon mal eine Flasche mit Riechsalz oder ein Beißholz parat legen. Porsche baut um – und will künftig zur Elektroauto-Marke werden. Einen ganz anderen Umbau hat Emory Motorsports in Angriff genommen und dem Klassiker unter den Sportwagen aus Zuffenhausen, dem Porsche 356, auf Kundenwunsch einen Allradantrieb spendiert.
Amy und Rod Emory haben im Jahr 1996 Emory Motorsports gegründet. Zunächst lieferte das Unternehmen schlüsselfertige Fahrzeuge für Rennfahrer, die mit Porsche-Oldtimern unterwegs sind. Obendrein fand die Firma mit dem Bau von Straßenfahrzeugen rasch Anerkennung als einer der führenden Anbieter für die Individualisierung und Restaurierung von Porsche 356-Modellen.
Bereits im Jahr 1948 gründete Rods Großvater Neil Emory den Valley Custom Shop im kalifornischen Burbank. Er schuf später die Karosserie für den berühmten, auf einem Ford Model T Chassis aufbauenden SoCal Streamliner, der als erster Hot Rod im Jahr 1950 auf eine Höchstgeschwindigkeit von mehr als 200 mph kam. Rods Vater Gary arbeitete in den 1960er-Jahren als Teilemanager bei Chick Iverson Porsche und stellte den wohl ersten Baja Bug auf die Räder. Später gründete er Parts Obsolete und wurde damit zu einer guten Quelle für schwer zu findende Porsche-Originalteile.
Aufbau dauerte vier Jahre
Rod Emory hat die Blechverarbeitungskünste seines Großvaters ebenso geerbt wie die Begeisterung seines Vaters für gutes Design. Mit diesen Genen ausgestattet, machte Rod sich an die Veränderung erster Porsche 356 und früher 911er-Modelle, die ihre Porsche-DNA behielten. Die Ergebnisse der einzigartigen Umbauten, die in den 1990er-Jahren auf den ersten Shows und Ausstellungen auftraten, bezeichneten die Porsche-Puristen als „Emorys Outlaws". Das war nicht anders zu erwarten, und die Emorys nahmen es als Kompliment auf. Sie setzten sich für die Porsche Outlaw-Bewegung ein und gründeten die Marke „356 Outlaws". Seitdem hat Emory Motorsports einige schöne Porsche 356 entwickelt und gebaut. Zudem hat die Firma den historisch bedeutenden Porsche 356/2 SL „Gmund" wieder aufgebaut. Den Porsche, der 1951 bei den 24 Stunden von Le Mans einen Klassensieg errang.
Die neueste Kreation von Emory Motorsports ist der „AllRad", mit einem 356 Coupé-Body aus dem Baujahr 1964 und dem Allrad-C9-Antriebsstrang eines 911 (964) aus dem Jahr 1990. Damit ist der Wagen nach Aussagen seiner Erbauer „der leistungsfähigste 356, den es je gab". Rod Emory, der Mitbegründer von Emory Motorsports, erläutert: „Unsere Philosophie war es immer, das Beste aus bestimmten Zeiten in unseren Autos zusammenzubringen." Und er ergänzt: „Der Emory 356 C4S ist wirklich der erste „RS", den wir gebaut haben, und gleichzeitig der erste AWD 356 der Welt. Unser Ziel war es, einen besonderen Porsche zu schaffen. Einen, der nie existiert hat, aber hätte existieren sollen. Das Endergebnis ist, dass der 356 C4S wohl die höchstmögliche Leistung eines 356 bietet. Der Besitzer des Autos ist mit dem Auto, das er als AllRad 356 bezeichnet, sehr zufrieden."
Vier Jahre lang hat Emory an dem Wagen gebaut, den ein anspruchsvoller Kunde geordert hat, um mit ihm im Winter in die Skigebiete der Ostküste zu fahren. Der Bau begann mit der Laserabtastung und -vermessung der Karosserie und des Chassis. In einer CAD-Umgebung wurden Schnittpunkte analysiert. Dann traf das Team von Emory die Entscheidung, wie die beiden Porsche in der virtuellen und der realen Welt miteinander verbunden werden sollten. Ziel von Emory Motorsports war es, alle ursprünglichen Verbindungspunkte des 911 zwischen Karosserie und Chassis beizubehalten.
„Outlaw-4"-Motor leistet 200 PS
Dabei gab es zwei Herausforderungen: die Unterschiede zwischen den beiden durch 26 (Bau-)Jahre getrennten Porsche-Plattformen im Radstand und im Bereich der hinteren Spur. Schließlich fiel die Entscheidung für den Radstand des 356, was eine Verkürzung des 911 erforderlich machte. Die Stahlkarosserie des 356 wurde subtil verbreitert, um sie an die hintere Spur des 911 anzupassen. Beim Antriebsstrang behielt Emory Motorsports das Fünf-Gang-Handschaltgetriebe des 911 bei. Der Antriebsstrang verfügt jetzt zudem über ein Rallye-Differenzial, die Scheibenbremsen stammen vom Serien-964. Die schwarz lackierten 16x7-Zoll-Felgen sind inspiriert von Designs aus verschiedenen Epochen. Die aufgezogenen Pirelli-Reifen der Dimension 205/60R16 sollen guten Grip bei jedem Wetter bieten.
Angetrieben wird der 356 AllRad von einem „Outlaw-4"-Motor von Emory Rothsport. Bereits seit einem Jahrzehnt arbeiten Rod Emory und der renommierte Motorenbauer Jeff Gamroth von Rothsport Racing zusammen, sie schufen einen Vierzylinder-Gussaluminium-Block mit Trockensumpf-Schmierung. Zwei Weber-48-IDA-Vergaser besorgen die Aufbereitung des Luft-Kraftstoff-Gemischs, der vierzylindrige 2,4-Liter-Motor mit eigens angefertigter Edelstahl-Auspuffanlage bringt es auf rund 200 Pferdestärken. Der Kraftstofftank des 975 Kilogramm wiegenden Fahrzeugs fasst 18 Gallonen, also etwa 68 Liter Sprit.
Die sorgfältig abgeänderte Karosserie verfügt jetzt über ein breiteres Heck, eine abgeflachte Motorhaube ohne Griff sowie Rallye-Scheinwerfer an der Front. Der Wagen wurde in Graphite Blue Metallic, einer Porsche-Farbe des Jahres 2016, lackiert. Um Skier oder Fahrräder transportieren zu können, bekam der Allrad-356 einen Titan-Dachträger. Innen gibt es einen Fahrersitz im RS-Stil, der Beifahrersitz kommt im Speedster-Stil daher. Der Innenraum ist in grünem Leder ausgeführt, die Insassen werden von Vier-Punkt-Sicherheitsgurten gehalten. Ein demontierbarer Überrollkäfig bietet Sicherheit. Weitere Interieurdetails sind der grüne, gewebte Teppichboden, ein Momo-Lenkrad und der 911-Schalthebel mit Outlaw-Shift-Knopf.
Weitere Informationen unter: EmoryMotorsports.com