Detlef Malinkewitz hatte schon viele Beschäftigungen. Nun startet der Mitte der 90er als „L-Viz" bekannt gewordene Interpret mit einem überzeugenden Album erneut durch – und präsentiert die Songs auf der Emmes in Saarlouis.
„Als Junge war ich ein recht großes Fußballtalent", sagt Detlef Malinkewitz. Wie er in der Motel-One-Lounge in Saarbrücken ausführt, spielt er seinerzeit bei Alemannia Aachen bei den A-Junioren und später in der Oberliga. Im zentralen Mittelfeld setzt er sich in einem bundesweiten Talentwettbewerb so gut durch, dass er nach New York reisen und in Pelés Fußballschule trainieren darf. „Er war selbst da!", erinnert sich der 52-Jährige an die Begegnung mit dem jüngsten Weltmeister aller Zeiten. Auch Legenden der deutschen WM-Mannschaft von 1966 waren dabei: Uwe Seeler oder Helmut Haller beispielsweise. „Das war eine einmalige Erfahrung, die man nie mehr vergisst", sagt er.
Andere unvergessliche Erfahrungen bringt sein Welthit: Als Sänger interpretierte er 1996 mit den Ghetto People den Elvis-Klassiker „In the Ghetto" neu. Immerhin werden schätzungsweise weltweit zwölf Millionen Tonträger davon abgesetzt. Zwei, drei Jahre powert der Sänger richtig durch. 46 Länder bereist er für die Promo-Tour. „Der Song wurde ja nicht in allen Ländern zur gleichen Zeit veröffentlicht", erklärt er. Tolle Erinnerungen habe er mitgenommen, etwa den Videodreh in Las Vegas, wo er unter anderem in einem goldenen Glitzeranzug dem King Tribut zollt. „Das sind unglaubliche Eindrücke, die man fürs Leben mitnimmt." Doch nach dem riesigen Hit folgt mit „Fever" ein Fehlgriff der Plattenfirma.
Riesen-Erfolg mit „In the Ghetto"
„Nach dem großen Hype war ich vielleicht auch ein bisschen deprimiert", gibt Detlef Malinkewitz zu. Nichtsdestotrotz geht das Leben weiter und der Sänger orientiert sich neu: An der RWTH Aachen studiert er ab 2006 Kommunikationswissenschaft, Politische Wissenschaft und Philosophie. Sein Studium schließt er als bester Absolvent seines Jahrgangs ab – mit Auszeichnung. Er schreibt seine Doktorarbeit und promoviert 2010 zum Dr. phil. Fast scheint es, als habe er tatsächlich mit der Musik abgeschlossen. Von 2009 bis 2015 arbeitet er als OB-Referent in einer der 30 größten Städte in Deutschland. Welche Stadt das ist, möchte er nicht veröffentlicht haben. Seit 2015 ist er dort Kulturreferent.
Schlagartig war er also vorbei, der große Ruhm. Vor einiger Zeit jedoch macht ihn sein Bruder darauf aufmerksam, dass „In the Ghetto" nun fast 20 Jahre her ist. Um diese Zeit herum singt er auch nochmals öffentlich auf einer Veranstaltung. Irgendwie scheint das „Fever" dann doch wieder zu lodern, und er arbeitet an einem Neustart, weniger an einem Comeback. „Feeling Good" nennt sich das Album, das er im vergangenen Sommer veröffentlichte – und das sowohl unter dem eigenen Namen als auch mittels eigens gegründeter Plattenfirma. Darauf enthalten sind elf Cover-Versionen zumeist bekannter Stücke. Bigband-Sound gibt es beispielsweise bei „That‘s Life". Überraschend ist die nur vom Piano begleitete Version von Radioheads „Creep". Da darf Malinkewitz stimmlich zeigen, was alles in ihm steckt.
Den Kontrast zwischen den zurückhaltenden Nummern und dem fetzigen Bigband-Sound habe er absichtlich gewählt. „Um der Stimme auch explizit Raum zu geben", wie er es ausdrückt, „um den Hörer auf eine intensive emotionale Reise mitzunehmen." Auch möchte er neben verschiedenen Stilen eine musikalische Epoche auf dem Album abbilden, mit Songs aus den 50er-Jahren bis hin zum neuen Jahrtausend. „Das hat man so auf einem Album vielleicht noch nicht gehört", sagt er selbstbewusst.
Herauszuheben ist sicherlich die ebenso dynamische wie butterweiche Stimme von Detlef Malinkewitz, der den teils sattsam bekannten Liedern einen eigenen Stempel aufdrückt. „Ich habe ein bestimmtes Gefühl dabei, lasse meinen Emotionen freien Lauf. Die Interpretation, die herauskommt, ist Ausdruck meiner inneren emotionalen Verfasstheit." „Very good" fühle er sich jedenfalls mit seiner Veröffentlichung. Und er wirkt tatsächlich angenehm entspannt und unprätentiös während des Gesprächs. „Irgendwann war ich an dem Punkt, an dem ich mich entschlossen habe, mich nur noch gut zu fühlen und den Dingen im Leben mit einer etwas gelasseneren Einstellung zu begegnen", fügt er hinzu.
Neben seiner Stimme liegen die ganz großen Stärken von „Feeling Good" in den Arrangements. Kein Wunder: Die Vorbereitung dauerte schließlich rund anderthalb Jahre. Mit den Arrangements im Gepäck ging es in die Niederlande nach Hilversum. Dort befinden sich die Wisseloord Studios, in denen schon Größen wie die Foo Fighters, Elton John, Phil Collins, Michael Jackson oder U2 aufnahmen. Diesen Geist könne man spüren. Ein spezielles Mikrofon für Sänger, die mit einer außerordentlich dynamischen Stimme ausgestattet sind, kam für ihn zum Einsatz. Dort sang auch schon Tina Turner hinein, wie er erzählt.
Dieses Mikro wurde von Ronald Prent ausgesucht. Dieser legendäre Mixing- und Recording-Engineer mischte bereits Songs für Depeche Mode oder Madonna und bekam einen Grammy für den besten 3D-Sound eines Albums. Den Feinschliff gab es von Darcy Proper, die einen ihrer vier Grammys für das Album mit dem besten Surround-Sound erhielt. „25 der besten Musiker Europas", wie Malinkewitz erzählt, hätten die Instrumente eingespielt. Diese geballte Klangkunst hört man „Feeling Good" an. Auch in den ruhigen Momenten.
Musikvideodreh in Saarbrücken
So braucht sich die Ballade „Angel" hinter dem Original von Sarah McLachlan nicht zu verstecken. Rockiger wird es bei „Got my Mojo Workin‘", den Blues lässt Malinkewitz in „Hocchie Coochie Man" aufleben. Beide Songs stammen ursprünglich von Muddy Waters. Wie bereits erwähnt, erhalten Klassiker wie „Everlasting Love", „Fly Me to The Moon" oder „I Put a Spell on You" durch seine Stimme einen eigenen Charakter. Gerade Letzteres muss sich im Vergleich zu einer Version von Seal, die der US-Amerikaner 2017 veröffentlichte, keinesfalls verstecken. Die CD schaffte es in den deutschen Charts auf Platz 13, in den Amazon-Jazz-Charts gar auf die Pole Position – vor Frank Sinatra, wie Detlef Malinkewitz lachend erzählt.
Nun darf man sich also auf die Live-Darbietungen freuen. Mit einer Zehn-Mann-Band tritt der im nordrhein-westfälischen Baesweiler geborene Sänger bei der Emmes in Saarlouis auf. Am Freitag, 31. Mai, teilt er sich die Bühne mit der saarländischen Sängerin Petra Williams, die um 19.30 Uhr ihre Show beginnt, und der Gruppe Marquess. Er selbst sieht sich übrigens als „halben Saarländer". Seine Lebensgefährtin ist Saarländerin und auch zwei seiner Videos wurden bereits hier gedreht.
„Feeling Good" kommt ganz im klassischen Performance-Gewand daher und wurde auf der Bühne des Saarländischen Staatstheaters gedreht. Teilweise durfte er sogar unter die Kuppel des Daches, was ihm einen wunderschönen Ausblick über Saarbrückern verschafft habe. Für „Everlasting Love" castete er Freunde aus dem Saarland und behandelte, inspiriert durch eine persönliche Erfahrung, ein gesellschaftlich relevantes Thema: Demenz. Ein drittes Video ist in Planung, zu viel möchte er darüber noch nicht erzählen. Nur, dass es „spektakulär" wird.
Mit dem Saarland verbindet er nicht nur Freundschaften, Liebe und gutes Essen – „Gefillde schmecken wunderbar" –, sondern auch eine Begebenheit, die er sogar noch vor seinem L-Viz-Hit hatte. Bereits als 19-Jähriger sei er von Aachen mit dem Bus in die Landeshauptstadt und dann nach Saarlouis gefahren. „Auf den Märkten habe ich an Ständen Rosen und Erdbeeren verkauft, um mir als Schüler etwas Geld zu verdienen", erinnert er sich. Diese Nachricht schickt er im Anschluss an das persönliche Gespräch per Whatsapp. Auch dabei sticht einmal mehr seine angenehme Stimme hervor. Ob er sich denn auch ein weiteres Standbein als Moderator, beispielsweise im Radio, vorstellen könne? „Das könnte durchaus mal ins Gespräch kommen", sagt er.
Ausgebildeter Sänger ist er übrigens nicht. „Durch viel Training und Übung ist das natürlich gewachsen", schätzt er sich selbst ein. Einen Gesangslehrer habe er lediglich zweimal in seinem Leben besucht. Dieser habe nicht gewusst, was er ihm hätte noch beibringen sollen. „Ich brauche mich nicht anzustrengen, es ist einfach da." Malinkewitz kickte eine Zeit lang in der Oberliga, die später zur Dritten Liga wurde. Fußballfan ist er noch immer, beobachtet die deutsche Nationalmannschaft oder ehemalige Weggefährten wie Bruno Labbadia, den er in oben genannter Fußballschule kennenlernte. Er denke aber keine Sekunde daran, dass er das heute sein könne. „Ich habe ja einen ganz anderen Weg gemacht – und der ist ja auch nicht von schlechten Eltern", sagt er lachend.