Europa muss stärker und schneller werden, fordert Roland Theis. Der Spitzenkandidat der Saar-CDU fordert angesichts der globalen Entwicklungen mehr Dynamik und im Innenverhältnis mehr Chancen für Grenzregionen für eigenständige Entwicklungen.
Für ein Sommerfest war es draußen deutlich zu unangenehm. Für den symbolischen Akt zum Start in die letzte heiße Wahlkampfphase kam der frische Wind auf der „Alm" aber gerade recht. Mit Unterstützung der CDU-Bundesvorsitzenden ließ Roland Theis eine Traube von Europa-Luftballons in luftige Höhen treiben. Annegret Kramp-Karrenbauer hatte zuvor auf Wahlkampftour in der vollbesetzten Alm den Zuhörern eingeschärft: Bis zum Wahlsonntag könne es nur ein Motto mit drei Worten geben: „26. – Mai – CDU." Roland Theis, Spitzenkandidat der Saar-CDU für das Europaparlament, weiß, dass es neben dem eigenen Ergebnis bei dieser Wahl auf eine hohe Beteiligung ankommt, um eine Chance auf den Einzug ins Europaparlament zu haben.
Auch deshalb liegt dem „Europäer" in diesen Wochen vor allem daran, überhaupt für die Europawahl zu begeistern. Das Dilemma: „Ich stelle fest, dass viele Leute für die europäische Idee sind, aber Dinge an Europa kritisieren". Deren Kritik und Argumente ernst zu nehmen, ist für ihn im Übrigen auch der Anfang, „Populisten die Grundlage zu entziehen".
Wirtschaftliche Chancen für solidarisches Europa
Im Wahlkampf lässt er sich deshalb nicht von der Frage nach dem Für oder Gegen Europa leiten, sondern der Diskussion darüber: „Wie kann man Europa besser machen?" In einer Videobotschaft macht er das an der Grenzregion fest, in der „Europa konkret" wird, in der neben vielen Fortschritten nach wie vor „Hemmnisse den Alltag der Menschen erschweren". Als Beispiele zählt er grenzüberschreitenden Busverkehr oder gemeinsame Kitas auf. Beispiele, die aus seiner Sicht deutlich machen, dass das Saarland eine Stimme auf der europäischen Parlamentsbühne braucht. Was es bedeuten würde, wenn das nicht der Fall wäre, macht er am Beispiel der Stahlindustrie deutlich. Im Übrigen verweist er auf die besondere Sichtweise der Saarländer in einer zentralen Grenzregion hin. Die sei nun mal eine andere als die von Abgeordneten aus Regionen ohne europäische Nachbarregionen. Ohne die Stimme aus Grenzregionen „fehlt etwas in Straßburg und Brüssel".
Theis, derzeit Justizstaatssekretär und Europabeauftragter der Landesregierung, wirbt beispielsweise dafür, in Grenzregionen in bestimmten Bereichen von nationalem Recht abweichen zu können, eine eigene Rechtsbasis entwickeln zu können, um bestimmte grenzüberschreitende Projekte umsetzen zu können. Dahinter steht die Idee, „die starke Regionen in Europa voraussetzt". Theis hebt hervor, dass ein Drittel der Menschen in Europa in Grenzregionen lebt: „Im Grunde sind die Grenzregionen der größte Mitgliedsstaat in der Europa Union."
Dem zentralen Wahlkampfthema der SPD für ein soziales Europa hält Theis entgegen: „Wir müssen in Europa weiter für gleichwertige Lebensverhältnisse arbeiten", etwa im Rahmen der sogenannten Kohäsions-Politik Infrastruktur aufzubauen und wirtschaftliche Chancen zu schaffen,dadurch die VolksIwrtschaften zu stärken und damit die „Mitgliedsstaaten in die Lage zu versetzen, Armut und Arbeitslosigkeit in diesen Ländern zu bekämpfen. Damit machen wir Europa solidarischer". Eine „Umverteilung über die Sozialsysteme von Nord nach Süd –
wie es den linken Parteien in deutschland vorschwebt, lehnt er strikt ab, „weil es die falschen Anreize setzen und Europa zerreißen würde."
Starke Regionen in einem starkem Europa
Angesichts globaler Entwicklungen drängt Theis auf deutlich mehr Dynamik. „Europa bewegt sich langsamer als der Rest der Welt. Während sich um uns herum die Dinge sowohl demografisch als auch ökonomisch revolutionär verändern, sind wir, wenn man es positiv ausdrücken will, ein Hort der Stabilität. Man kann aber auch sagen: es geht ziemlich langsam daher". Das bezieht der leidenschaftliche Europapolitiker Theis im Übrigen auch auf die Politik in Deutschland. Es habe schließlich ziemlich lange gedauert, bis jemand auf die „teilweise guten, teilweise weniger guten" Vorschläge von Macron überhaupt geantwortet habe, und fügt hinzu: „Ich bin froh, dass Annegret Kramp-Karrenbauer das gemacht hat", um eine Diskussion zu beginnen. Bis dahin sei viel Zeit verloren gegangenen, und er teile die Ungeduld auch vieler europäischer Nachbarn: „Die Welt wartet nicht. Wir sind nicht mehr der Nabel des Planeten, wie wir es vielleicht einmal waren. Weder China noch die USA noch die Krisen in Afrika warten auf uns. Europa muss sich stärker und schneller bewegen". Ob Syrien, Libyen oder andere Konflikte: Nirgends sei es gelungen, schnell gemeinsame Antworten zu finden, Theis unterstützt, in der Außen- und Sicherheitspolitik vom Einstimmigkeitsprinzip wegzukommen. Eine besondere Herausforderung sieht in Theis in den Entwicklungen auf dem afrikanischen Kontinent, bei dem er die Idee des EVP-Spitzenkandidaten Manfred Weber unterstützt, in einer verkleinerten Kommission eine eigene Zuständigkeit für Afrika zu benennen.
In der weiteren Entwicklung der europäischen Institutionen sieht Theis eine besondere Rolle eines gestärkten Europäischen Parlaments. Einmal, in dem das Parlament „die politische Agenda bestimmt", dafür zu sorgen, dass bestimmte Politikfelder die nötige Aufmerksamkeit haben. „Das zweite ist, für das nötige Geld zu sorgen." Der Europäische Entwicklungsfonds finde etwa neben dem eigentlichen Haushalt der EU statt, „es ist das, was die nationalen Regierungen zusammenlegen". Das müsse dringend in den Haushalt der Europäischen Union. „Dann müssen wir uns aber auch ehrlich machen, dass das mehr sein muss als bisher." Theis weist dabei auf die besondere Bedeutung des afrikanischen Kontinents für Europa hin: Humanitäre Krisen und Migration. Deshalb müsse Europa im Sinne der eigenen Stabilität „mehr Geld in die Hand nehmen". Nach derzeitigen Prognosen könnte die Bevölkerung Afrikas absehbar in den nächsten drei Jahrzehnten auf 2,5 Milliarden Menschen wachsen, doppelt so viele wie derzeit. „Europa und Afrika bilden eine Schicksalsgemeinschaft. Das gilt für die Chancen und Risiken unseres anchbarkontinents. Wenn wir nicht wollen, immer mehr Menschen die Flucht nach Europa antreten, dann müssen wir mehr dafür tun, die Porbleme Afrikas vor Ort zu lösen udn dort Chancen für gute Entwicklung zu schaffen". Auch wenn das kein besonders populäres Thema sei, zeigt sich Theis davon überzeugt, dass es „eines der Megathemen in meiner politischen Generation" sein werde. Herausforderungen im Übrigen, die mit rein nationalen Ansätzen wohl kaum zu bestehen sind.