Auf der Zugspitze stehen verschieden schwierige Aufstiegsvarianten zur Wahl – vom langen Wanderweg bis zur exponierten Kletterroute.
Sicher: Mit der Ende 2017 eröffneten Zugspitz-Gondelbahn kann man in weniger als zehn Minuten auf Deutschlands höchsten Gipfel schweben, zumindest fast. Das ist schnell und bequem, aber wenig sportlich und abenteuerlich. Für Bergsteiger ist ohnehin der Weg das Ziel. Und da führen gleich mehrere hinauf auf den knapp 3.000 Meter hohen Kult-Berg, seit vier Jahren sogar ein neuer (alter) Klettersteig.
Durchs Reintal: Der mit 21 Kilometern längste Anstieg auf die Zugspitze punktet mit vielen landschaftlichen Höhepunkten. Gleich zu Beginn führt der am Olympia-Skistadion in Garmisch-Partenkirchen startende Weg durch die tief eingeschnittene Partnachklamm, ehe die Wanderer auf einer Forststraße ins Herz des Wettersteingebirges geführt werden. Umrahmt von hohen Wänden sorgt die ständig wechselnde Kulisse im breiten Talboden für Abwechslung.
Der Anstieg durch das Reintal ist auch von weniger geübten Bergsteigern zu schaffen – vorausgesetzt, sie bringen die nötige Kondition mit. Wer viel davon hat, schafft den Gipfel an einem mit rund zehn Gehstunden sehr langen Tag, entspannter ist es jedoch mit einer Übernachtung auf der Reintalangerhütte auf 1.370 Metern Höhe. Nach einer kurzen Wanderung durch den grünen Boden des Reintal-Angers geht es konstant bergauf bis zur Knorrhütte (2.052 Meter), bei der diejenigen dazustoßen, die auf versichertem Steig von Ehrwald aus den Grenzübergang am „Gatterl" passieren. Danach führt der Weg über die leicht gewellte Hochfläche des felsigen Zugspitzplatts auf einer alten Moräne weiter bergauf bis zum „Sonnalpin". Der Steilaufschwung vom Schneeferner hinauf zum Gipfel ist auf den ersten Metern ein mühsamer Abschnitt über ein Schuttfeld, bevor der Untergrund felsiger wird. In teils gesicherten Kurven gelangt man so zum höchsten Punkt und wird mit einer sagenhaften Aussicht auf mehr als 400 Gipfel belohnt. Alternativ geht es vom „Sonnalpin" mit der Gondel zum Zugspitzhaus hinauf und von dort den kurzen Klettersteig hinüber zum goldenen Zugspitzkreuz. Zurzeit ist die Partnachklamm allerdings gesperrt. Bei einem Unwetter wurden die Steige so stark beschädigt, dass man diesen Weg derzeit nicht passieren kann, sondern einen Umweg gehen muss. Aktuelle Infos findet man dazu auf der offiziellen Website www.partnachklamm.eu.
Felsflanken mit Thrill-Faktor
Durchs Höllental: Abwechslungsreich, aussichtsreich, abenteuerreich – so lässt sich die beliebte, rund neun Kilometer lange Tour durch die Höllentalklamm beschreiben. Los geht’s noch recht gemütlich, von Hammersbach durchs Höllental wandert es sich ganz entspannt. Kühn ist hier eher der über den tosenden Wassermassen führende Wegebau durch die enge, steile Schlucht. Nach zwei Stunden erreicht man schließlich die im Sommer 2015 neu eröffnete „Höllentalangerhütte" auf 1.387 Metern Höhe – ideal für diejenigen, denen 2.200 Höhenmeter am Stück zu viel sind. Und selbst mit Übernachtung gilt es am zweiten Tag, immer noch 1.600 Höhenmeter in teils anspruchsvollem Gelände zu meistern. Bereits eine Stunde hinter der Hütte stellt die ausgesetzte Querung auf Eisenstiften über die haltlosen Plattenfluchten des „Bretts" eine erste Nervenprüfung dar, weiter oben warten jedoch noch schwierigere Hindernisse. Vorerst fordert der Weiterweg aber eher Kondition als Technik, denn das Moränengelände unterhalb des Höllentalferners zieht sich steil bis unter die senkrechten Wände des Riffelkamms. Dann folgt mit der Überwindung des oft blanken Gletscherrests des Höllentalferners und dessen spektakulärer Randkluft der anspruchsvollste Teil, der oft nur mit Seil und Steigeisen möglich ist. Verglichen damit ist der finale und nicht besonders schwierige Klettersteig zum Gipfel ein entspannter Abschluss.
Über den „Stopselzieher": Im Vergleich zu den anderen Normalwegen wird diese am tiefblauen Eibsee oder – die kürzere Variante – an der Talstation der Ehrwalder Zugspitzbahn beginnende Route relativ selten begangen. Dabei ist sie deutlich kürzer und zugleich anspruchsvoller als der Weg durchs Reintal und weniger schwierig als die Route durchs Höllental – sozusagen „die goldene Mitte". Der Thrill-Faktor ist dennoch nicht zu verachten, führt doch der Weg durch die scheinbar übermächtig abbrechenden Felsflanken der Zugspitz-Westseite. Über eine steile Rampe und etliche Geröllbänder schlängelt sich der mitunter drahtseilversicherte Steig durch die Steilflanke des Gamskars bis zur auf 2.209 Meter Höhe gelegenen „Wiener Neustädter Hütte". Wer will, der kann hier übernachten – wenngleich es von hier aus zum Gipfel „nur" noch zwei Stunden sind. Diese fordern aber nochmal Konzentration. So folgt recht bald der kurze Zustieg, der zu dem mit Klammern und Drahtseil versicherten Klettersteig führt. Nach dem ersten Aufschwung folgt eine Art Kamin in der Felswand, der „Stopselzieher", wo man an Stahlstäben und Drahtseilen regelrecht emporturnt. In der Folge wechseln sich kurze Drahtseilpassagen mit leichtem Gehgelände ab, bis der Weg nahe des Gipfels in der „Normalroute" mündet.
Auf dem „Jubi": Der Jubiläumsgrat gehört zu den spektakulärsten Gratüberschreitungen der Ostalpen, ist aber kein reiner Klettersteig. Die mehr als fünf Kilometer lange Gratüberschreitung, die sich vom Gipfel der Alpspitze bis zum Gipfel der Zugspitze zieht, gestaltet sich als anspruchsvolle Tour, die von permanentem Auf und Ab geprägt wird. Los geht es mit der Alpspitz-Seilbahn und von der Bergstation über die Alpspitz-Ferrata, einem teilweise ausgesetzten Klettersteig, bis zum Gipfel der Alpspitze auf 2.628 Metern. Anfangs hat man es mit leichter Kletterei zu tun, teilweise im Gehgelände, in die Grieskar-Scharte. Der Teil des Jubiläumsgrates bis zur Biwakschachtel, hinter der Äußeren Höllentalspitze gelegen und 2011 zur 90-jährigen Gründungsfeier des Bergschusters Hanwag dem Deutschen Alpenverein gestiftet, ist technisch schwieriger als der vorhergehende, dafür jedoch auch gut gesichert.
Drahtseilpassagen wechseln sich mit leichter, freier Kletterei ab. Die schwierigste Passage des „Jubis" folgt hinter der Biwakschachtel: die glatte Rinne, die klettertechnisch mit III bewertet ist. Danach werden die Drahtseilpassagen weniger und der Grat breiter, und schon bald ist Deutschlands höchster Gipfel erreicht.
Eine alte Route neu erschlossen
Über die „Eisenzeit": Die neueste Zugspitzroute, die man entweder am Eibsee starten kann oder an der Zahnradbahn-Station Riffelriss (wo man aber noch nur mit Bergführer aussteigen darf), ist alles andere als neu. In den 20er-Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde nämlich in der steilen Zugspitz-Nordwand für den Bau der Zahnradbahn, die sich mehrere Kilometer durch das Innere des Berges gräbt, ein gewagter Steig angelegt. 84 Jahre lang konnte der einst zurückgelassene Eisenschrott in Ruhe vor sich hinrosten, bis 2013 der Bergführer Michael Gebhardt den Tunnelbauersteig bis zum Tunnelfenster IV aus seinem Dornröschenschlaf weckte. Gleichzeitig erschloss er den Weiterweg zum Riffelgrat und damit die neue alte Route „Eisenzeit" bis zum Gipfel. Im letzten Teil weicht das rostrote Metall glänzenden Bohrhaken, die teilweise sogar mit Schlingen markiert sind. Alles in allem eine hoch anspruchsvolle, landschaftlich spektakuläre und vor allem noch kaum begangene Kletterroute, für die man sehr gute Kondition und idealerweise einen Bergführer braucht.
Achtung: Wer sich keinen ausgesetzten 4er im Vorstieg zutraut, sollte die Tour nicht in Angriff nehmen.