Der Honda HR-V belebt die Klasse der City-SUV mit einem turboaufgeladenen Modell. Im Test zeigt er sich als gut ausgestatteter Freizeitsportler.
Honda HR-V 1,5 VTEC Turbo Sport – unter diesem Monstrum eines Namens steht der jüngste Spross der Japaner seit April beim Händler. Verdient hätte das Auto eigentlich eine etwas knackigere Bezeichnung, ganz so wie es seinem Motor entspricht. Den Eineinhalbliter-Benziner gibt es in anderen Modellen der Baureihe als Sauger. Im jetzt verfügbaren, aufgeladenen „Turbo Sport" wird er ordentlich unter Druck gesetzt, was unterm Strich 182 PS bringt. Im Leistungszenit dreht die Kurbelwelle 5.500 mal pro Minute. Mit bis zu 240 Nm kommt das Drehmoment an der Vorderachse an. Und zwar ausschließlich dort, Allrad gibt es nicht für den HR-V.
Als SUV für Wald und Wiese ist der Wagen ohnehin nicht konzipiert. Unser Test auf Asphalt offenbart stattdessen ordentlich viel Fahrspaß. Nur 7,8 Sekunden benötigt dieser HR-V, bis die digitale Tachoanzeige auf 100 steht. Der Motor zeigt sich hondatypisch drehfreudig – vor allem, wenn seine Leistungskurve den Bogen jenseits der 2.500er-Drehzahlmarke eingeschlagen hat. Bis dahin verhält sich der Brenner eher dezent, dann aber wird die Maschine auch hörbar zum Sportgerät.
Motor und Sound – das ist wie immer Geschmackssache. Keine Geschmacksache und daher nicht wegzudiskutieren: Das Sechsgang-Schaltgetriebe gehört definitiv ins obere Regal des Klassenwettbewerbs. Kurze, aber sehr präzise geführte Schaltwege, angesteuert durch einen auffallend klein dimensionierten Schaltknubbel – da weht ein Hauch von Motorsport durchs Interieur.
Sehr präzises Sechsgang-Getriebe
Mit nicht einmal 1.300 Kilogramm gehört der HR-V eher zu den Leichtgewichten. Das ist gut für den Verbrauch, dessen angegebene Theoriewerte auf der Straße zumindest laut Bordcomputer nicht gänzlich ad absurdum geführt werden. Nettes Detail am Rande: Bei eher zurückhaltender, also effizienterer Fahrweise, wechselt die Hintergrundbeleuchtung des Tachos von Weiß auf Grün. Seine Leichtigkeit macht ihn aber vor allem zum agilen Kurvenräuber. Die Lenkung kann mit einer variablen, an Fahrsituationen angepassten Übersetzung punkten. Das Fahrwerk selbst ist eher sportlich straff abgestimmt als komfortabel weich. Das Gesamtsystem basiert auf einer Federbeinaufhängung vorne und einer H-förmigen Verbundlenkerachse hinten.
Zum sicheren Fahrgefühl tragen zusätzliche Karosseriedämpfer bei, die quer zur Fahrrichtung in den Bereichen der vorderen und hinteren Stoßfänger eingebaut sind. Diese Dämpfer halten die Schwingungen des Karosseriekörpers und damit die Wankneigung im Zaum, indem sie sich den Seiten- und Torsionsbewegungen quasi entgegenstemmen. Sportlich dimensioniert ist auch die Bremsanlage: 293 Millimeter messende Bremsscheiben vorne und 282-Millimeter-Scheiben hinten.
Ohnehin vermarktet Honda den Begriff Sport sehr erfolgreich. Etwa ein Viertel aller verkauften Autos der Marke tragen ihn mittlerweile im Namen. Das Sport-Image haben vermutlich auch die Designer für den HR-V beabsichtigt. Frontspoiler, Schweller, Radlaufleisten sowie ein Grill in Wabenoptik fallen ins Auge. Dazu schwarze Einsätze der Nebellampen, schwarze 18-Zoll-Alufelgen und – nein, nicht schwarze – Doppelendrohre. Die zahlreichen roten Dekors im Innenraum nebst Aluminiumpedalen und die dunklen, rot abgesetzten Teilledersitze verstärken den sportiven Eindruck. Das Gesamtpaket wirkt stimmig, nicht aufgesetzt und weit entfernt von alberner Cross-Optik.
Nicht bewertbar, weil nicht vorhanden ist die Rundumsicht. Auch der HR-V zeigt das Manko seines Segments: Sicht nach hinten Fehlanzeige. Die in dieser Version serienmäßige Rückfahrkamera ist eigentlich kein Schmankerl, sondern schlichtweg notwendig. Die Sicherheitsausstattung kann sich sehen lassen. City-Notbremsassistent (bis 32 km/h), Spurhalteassistent, Kollisionswarner oder Fernlichtautomatik sind schon gut. Die Verkehrszeichenerkennung mit intelligentem Temporegler, der auf entdeckte Tempolimits reagiert, ist eine besondere Nennung wert. Passiert der Wagen ein Zeichen mit Geschwindigkeitsbeschränkung, bremst das – natürlich abschaltbare – System durch Drosselung der Motorleistung automatisch auf die erforderliche Geschwindigkeit ab.
Rückfahrkamera ist schlicht notwendig
Zum Nutzwert: Im HR-V arbeitet eine angenehm einfach zu bedienende Infotainment-Lösung, die das Betriebssystem Android samt integriertem Internetbrowser auf einem Sieben-Zoll-Bildschirm nutzt. Verschiedene Apps sind vorinstalliert, wem’s nicht reicht, der kann sich weitere Anwendungen bei Honda herunterladen. Die Navigationssoftware stammt von Garmin. Das Radio arbeitet mit DAB+-Technik. Die Komplexität des Ganzen ist überschaubar, aber vollkommen ausreichend. Ganz so, als hätten die Ingenieure darauf geachtet, dass hier ein Automobil um Unterhaltungselektronik ergänzt wird und nicht umgekehrt.
Und Freizeitsportler aufgepasst: Dank der sogenannten Magic Seats im Fond lässt sich von der Tauchflasche bis zur Bergsteigerausrüstung so ziemlich alles hinter die Vordersitze verstauen, ohne auf die Abendgarderobe im Kofferraum zu verzichten. Die Rücksitzflächen lassen sich ähnlich wie Kinositze hochklappen, sodass davor ein veritabler Stauraum entsteht. Das damit unangetastete Kofferraumvolumen bleibt mit 448 Litern urlaubstauglich. Eine voll ausgenutzte Umbautechnik der Sitze bringt 1.473 Liter Stauraum, auch die Durchlademöglichkeit von knapp 2,45 Metern ist beachtlich.
Fazit: Honda legt ordentlich nach auf dem so erhitzten Markt der City-SUV. Mit dem neuen HR-V Turbo haben die Japaner ein sehr eigenständiges Angebot mit sehr guter Ausstattung am Start. Diese Produktpolitik ergibt Sinn, denn die Konkurrenz heißt VW Tiguan, Renault Captur oder Opel Mokka – harte Gegner im Ringen um Kunden und Preise. Laut Liste ist die sportlichste Variante des HR-V für 29.990 Euro zu haben. Damit sind dann allerdings gut 8.000 Euro mehr zu berappen, als für den Basis-HR-V.