Am Tag stapelt Christoph Müller in seinem Job Getränkekisten, in der Freizeit folgen dann viele Kisten auf dem Fußballplatz. Der Spielertrainer des FC Rastpfuhl II ist Saarlands Top-Torjäger Nummer eins.
Die wahren Fußballhelden spielen in der Kreisliga. Deutschlands erfolgreichster Torjäger der Saison 2018/19 war Dennis Teuber vom VfB Habinghorst aus der Kreisliga B, Gruppe 1, Herne. Der VfB feierte insgesamt 200 Torerfolge und errang mit 77 Punkten die Meisterschaft. Teubers stolze Trefferquote spricht sich natürlich weit über das Ruhrgebiet hinaus herum. Es waren bereits Redakteure und Fotografen von „Sport Bild" vor Ort, um über den erfolgreichen Torjäger zu berichten. Und als „echten Ritterschlag" bezeichnet der 27-Jährige seine Einladung ins Fernsehstudio von Stern TV. Nach dem Gespräch mit Moderator Steffen Hallaschka dürften den Goalgetter nun Menschen aus weiten Teilen Deutschlands kennen.
In 23 Partien 62 Treffer
Auch im Saarland gibt es in jeder Spielzeit einen Top-Torjäger. In der Saison 2017/18 war dies mit 80 Treffern Kevin Potrino vom Kreisliga A Bliestal-Meister SC Ludwigsthal. Sein würdiger Nachfolger ist nun Christoph Müller – Spielertrainer des FC Rastpfuhl II aus der Kreisliga A Südsaar. In 23 Partien brachte der 29-Jährige den Ball 62-mal im gegnerischen Tor unter. Am Saisonende stand die Rastpfuhler Saarlandliga-Reserve nach 24 Siegen und nur zwei Niederlagen hinter dem verlustpunktfreien Titelträger 1. FC Saarbrücken II als Vizemeister fest. Die FCR-Fußballer wollten dann über die Relegationsrunde den Aufstieg in die Bezirksliga realisieren. Im Bereich Südwest gab es im Viertelfinale in Ensheim einen deutlichen 5:1-Erfolg gegen den FC Neuweiler. In der Vorschlussrunde setzte sich dann das Müller-Team in Ludweiler mit 2:0 gegen den FSV Hemmersdorf II durch. Am vergangenen Samstag folgte das große Finale – gegen den VfB Differten in Schaffhausen. Der FC Rastpfuhl II unterlag mit 2:3 und muss nun mindestens eine weitere Saison in der A-Klasse antreten.
Dieser Partie vorausgegangen war ein großes Hickhack. Aufgrund des Einsatzes von Jeremy Pahl war das Spiel gegen Hemmersdorf vom Saarländischen Fußballverband (SFV) zunächst für den Gegner gewertet worden. Pahl wechselt in der nächsten Saison zum 1. FC Saarbrücken II. Der FCS hatte seinen Wechsel knapp 48 Stunden vor dem Halbfinale bei DFBnet beantragt. Damit erlosch das Spielrecht für Rastpfuhl. Allerdings hätte der FCS den Wechsel nicht online beantragen dürfen, da Pahl die notwendige Abmeldekarte noch nicht unterschrieben hatte. Das SFV-Verbandsgericht revidierte daraufhin in der Berufungsverhandlung sein Urteil. Dieses Urteil ging den Rastpfuhlern erst einen Tag vor der Halbfinal-Partie zu. „Die ganze Sache hat uns extrem viel Kraft gekostet. Vor dem Finale war die Euphorie komplett weg", betont Müller.
Worauf führt Müller seine hohe Trefferquote zurück? „Man muss ganz klar sagen, dass ich von beiden Außenbahnen aus richtig gut mit Vorlagen gefüttert wurde. Daher sind meine Tore ein Erfolg der gesamten Mannschaft", gibt sich der Offensivspezialist bescheiden. Die meisten Treffer erzielt er mit seinem starken rechten Fuß. „Ich war nie der fitteste Stürmer, weiß aber, meinen robusten Körper einzusetzen. Wenn es darauf ankommt, kann ich natürlich auch mit links manierlich abziehen und gewinne auch mit meinen 1,89 Metern das eine oder andere Kopfballduell", meint Müller.
Nach einigen Vereinswechseln scheint der Torjäger beim FC Rastpfuhl angekommen zu sein. Dort geht es für ihn demnächst bereits in seine fünfte Saison. „Ich fühle mich hier sehr wohl und werde auch in der nächsten Runde zusammen mit Salvatore Cardella die Zweite trainieren", erklärt der 29-Jährige. In der darauffolgenden Runde will Müller dann aber auch noch einmal als Spieler angreifen – am liebsten in der Ersten des FC Rastpfuhl. In den vergangenen Wochen gab es etliche Anfragen anderer Vereine hoch bis zur Saarlandliga. Für Müller ist aber „die Mission FC Rastpfuhl noch längst nicht beendet".
„Die Mission ist noch längst nicht beendet"
Seinen Job kann er gut mit Fußball verbinden. Der gelernte Einzelhandelskaufmann arbeitet bei Rewe in Großrosseln. Dort fungiert er als Abteilungsleiter des angeschlossenen Getränkecenters und muss dabei auch körperlich mit anpacken. „Ich fahre in der Regel nur Frühschicht, das passt also gut", meint der gebürtige Saarbrücker, der mittlerweile im französischen Spichern wohnt. Fest an seiner Seite ist Freundin Stefanie Finkler, die ihm den nötigen Rückhalt gibt, sich auf sein Hobby zu konzentrieren. Von seinen bisherigen Trainern hat er am meisten von Michael Krätzer und Gerd Schneider mitgenommen. Ex-FCS-Profi Krätzer trainierte ihn einst bei seinem Heimatverein ATSV Saarbrücken und Schneider beim AFC Saarbrücken. „Krätzer hat mir sehr viel beigebracht – quasi von Stürmer zu Stürmer. Es war damals ein Traum, unter seiner Regie spielen zu dürfen. Leider war er nur ein halbes Jahr lang mein Trainer. Am meisten gelernt habe ich aber von Schneider. Er hat mich auch richtig fit gemacht", sagt Müller rückblickend.
Wann immer es seine Zeit zulässt, verfolgt er seinen Lieblingsverein FC Bayern München live im Stadion. Allerdings bezeichnet er weder Münchens Mittelstürmer Robert Lewandowski noch einen anderen international erfolgreichen Angreifer als sein Vorbild. „Natürlich versucht man, sich das eine oder andere bei den Stars abzuschauen. Allerdings ist das ein ganz anderes Level als bei uns, sodass ich lieber mein eigenes Ding mache", betont Müller.
Den Auftritt von Teuber bei Stern TV hat er intensiv verfolgt. „Vor einer solchen Leistung kann man nur den Hut ziehen", zollt der Saarländer dem Nordrhein-Westfalen den „allergrößten Respekt".
Aber wer weiß: Vielleicht knackt Müller ja in der kommenden Saison ebenfalls die magische Schallmauer von 100 Treffern in einer Spielzeit. Dann könnte es passieren, dass sich auch bei ihm die Redaktion von Stern TV meldet. Und der bodenständige Saarländer würde dann vermutlich vor Ort erzählen, wie er täglich in Großrosseln Getränkekisten stapelt und einige Kilometer weiter auf dem Rastpfuhl seine Buden erzielt.