20 Jahre Van Volxem – pünktlich zum Jubiläumsjahr werden die Arbeiten in Roman Niewodniczanskis neuer Wein-Manufaktur abgeschlossen sein. Die Feierlichkeiten begleitet ein toller Jahrgang 2018.
Vor 20 Jahren kaufte Roman Niewodniczanski ein Weingut in Wiltingen an der Saar. Ihm ist gelungen, was vor ihm nur Egon Müller vom Scharzhof in Wiltingen vermochte: Riesling von der Saar in der Welt des Weines auf einem Spitzenrang zu platzieren. Als der Quereinsteiger „Niewo" – so wird er von Winzerkollegen und Freunden genannt – 1999 das Weingut Jordan & Jordan in Wiltingen erwarb, war sein größtes Ziel, an die Weinbautraditionen um 1900 anzuknüpfen und die Rieslinge aus Saarsteillagen zu den Besten der Welt zu machen.
„Die Leidenschaft zum Wein weckte mein Großvater Theobald Simon bereits in jungen Jahren in mir", erzählt Niewodniczanski. „Meine Familie, seit
200 Jahren Bierbrauer in der Eifel, lebte bescheiden, doch besondere Tage bedurften besonderer Rituale. In Kindertagen war ich oft bei meinen Großeltern. Mein Großvater, ein hochkultivierter Mann, pflegte an Sonn- und Feiertagen einen bernsteinfarbenen Mosel-Riesling von Egon Müller vom Scharzhof aus Kristallgläsern zu trinken. Dieses Prozedere hat mir sehr imponiert, meine Leidenschaft zu besonderen Weinen geweckt und sie bis heute erhalten. Das Funkeln in Großvaters Augen und der beseelte Blick beim Umgang mit diesem Moselwein haben tiefe Eindrücke hinterlassen."
Mit Roman Niewodniczanski lebt der Mythos Saarwein wieder. Und dies nach mehr als 100 Jahren. Spitzenweine aus dem Bordelais wurden immer schon, vor allem aber um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert, gut bezahlt. Doch die Weine aus den Schiefersteillagen an der Saar waren doppelt so teuer. Wer damals eine Flasche Saarwein erwerben wollte, musste tief in die Tasche greifen. Acht bis 20 Goldmark mussten gezahlt werden – damals ein durchschnittlicher Monatslohn. Als im April 1912 die Titanic auf ihrer Jungfernfahrt im Nordatlantik sank, befanden sich mehr Weine von Saar und Mosel in den Vorratsräumen des Unglücksschiffes als Weine aus dem Burgund (damals 2,50 bis acht Goldmark).
2009 war ein sehr erfolgreiches Jahr für den Saar-Winzer Niewodniczanski. Die Fachpresse kürte seinen Riesling als besten Weißwein des Jahres. Seitdem vergeht kein Jahr, indem sich die Kritiker nicht mit Lob über seine Weine überschlagen. 2012 ehrte das österreichische Weinjournal „Falstaff" ihn mit dem Titel „Winzer des Jahres". Im Folgejahr war es sein Riesling Sekt Brut 1900, der die Spitze erreichte. Mit Preisen wurde er zu Recht überschüttet, zuletzt ehrte ihn der Vinum Weinguide Deutschland 2019 als Winzer des Jahres.
Die Weine vergären ausschließlich spontan
Vor mehr als fünf Jahren begannen die Bauarbeiten an der neuen Manufaktur auf dem Wiltinger Schlossberg. Bereits im vierten Jahr werden dort oben, an exponierter Stelle gelegen, die Riesling-Trauben aus fast allen Tälern an der Saar gekeltert. „Wir bewirtschaften nur Spitzenlagen an den steilsten Hängen des Saartals, setzen auf naturnahen Anbau und reduzieren die Erträge bereits im Weinberg durch grüne Lesen und zeitigen Rückschnitt. Wichtig ist uns immer der späte Lesebeginn, dann, wenn die Trauben ihre physiologische Reife, das höchstmögliche Verhältnis von Zucker und Säure, also ihre Geschmacksreife, erreicht haben", erzählt Niewodniczanski. Noch vor zehn bis 15 Jahren Jahren habe die Riesling-Weinlese Ende Oktober begonnen und bis Anfang Dezember gedauert. „In Zeiten des Klimawandels wird dies aber auch hier an der Saar mit ihrem besonderen Mikroklima immer schwieriger. Der Lesebeginn verschiebt sich weiter nach vorne zu Ende September hin. Der früheste Lesebeginn fand im Hitzejahr 2018 statt", erklärt der Weinbauer. „Damit müssen wir Winzer in Zukunft wohl leben."
Der Entschluss, eine neue Manufaktur zu bauen, die den Anforderungen an die klimatischen Veränderungen gerecht wird, war dringend notwendig. Mittlerweile ist das Weingut auf etwa 90 Hektar Rebfläche angewachsen, was eine Menge Mehrarbeit für die vielen Mitarbeiter bedeutet. Sie werden allerdings durch sehr gut strukturierte Prozessabläufe weitgehend entlastet, denn bei Van Volxem ist alles Handarbeit. „Bei 100 Hektar ist Schluss", sagt der Eifelaner, der an der Saar eine neue Herausforderung gefunden hat. „Jetzt steht erst einmal die offizielle Eröffnung am 7. Juli an, zu der alle Liebhaber von Weinen aus besonderen Lagen eingeladen sind."
Mit zum Erfolg des Saarweinguts Van Volxem trägt auch der Önologe und Kellermeister Dominik Völk bei, der seit 16 Jahren die Stilrichtung der Weine entscheidend mitgeprägt hat. „Jährlich ringen wir der Natur schonend das Maximum ab", sagt Völk, und Niewodniczanski fügt hinzu: „ …denn wir wollen ja Weine erzeugen, die durstig machen." Und das machen die beiden Winzer Völk und Niewodniczanski.
Van-Volxem-Weine vergären ausschließlich spontan mithilfe natürlicher Weinbergshefen. Im Keller geht es puristisch zu – so wenig wie möglich, so viel wie nötig. Gärung bei niedrigen Temperaturen und ein Verzicht auf Behandlungsstoffe sind ihre Philosophie. „Wir wollen die Charakteristik der einzelnen Weinbergslagen herausarbeiten, trockene Naturweine mit moderatem Alkoholgehalt produzieren, die einen gleichbleibenden Spannungsbogen von Mineralität und Salzigkeit gewährleisten."
Mit der neuen Manufaktur in modernem italienischem Stil und kommenden Projekten wird Roman Niewodniczanski eines der größten und weltweit renommiertesten Weingüter Deutschlands schaffen. Der Manufaktur-Komplex auf dem Wiltinger Schlossberg, links gegenüber dem Weindorf Schoden zwischen Saarburg und Konz gelegen, ist weithin sichtbar. Der zweiteilige Gebäudekomplex, bestehend aus dem Turm mit Vinothek und Produktionshalle mit Kelterbereich, könnte sich zu einem Wahrzeichen der Region erheben. Der konsequente Nachhaltigkeitsgedanke war für den Erbauer höchstes Anliegen. Die Fassaden von Turm und Produktionsanlage sind einheitlich mit Travertin, einem Muschelkalkgestein, verkleidet. Regenwasser, das auf der großen Dachfläche anfällt, speist einen Teich mit naturnaher Bepflanzung.
Trockener Cidre nach normannischer Methode
Eingebunden in diese einzigartige neu geschaffene Naturlandschaft sind Trockensteinmauern mit Bepflanzungen, die den kommenden heißen Jahren trotzen können. Auf dem Gelände werden 260 Bäume mit alten Apfelsorten stehen, aus denen Winzer Niewodniczanski französischen Cidre keltern will. „Viez, der hier klassischerweise gemacht wird, ist mir zu sauer. Ich präferiere die klassische normannische Methode, einen Cidre brut", erklärt er beiläufig.
Im Keller des Produktionsgebäudes reihen sich Holzfässer aus Eifeler Eiche – im Familienwald gewachsen und hergestellt vom besten Fassbinder der Zunft, dem Österreicher Franz Stockinger. Die kleinen Edelstahltanks im Keller daneben sind temperaturgesteuert, damit Weine aus einzelnen Weinbergsparzellen ihren Charakter behalten. Ein Highlight des gesamten Ensembles ist der Turm, der künftig die Vinothek beherbergen wird. Im Keller dieses Monolithen ist der Raritätenkeller untergebracht, in dem Weine zurückliegender Jahrgänge lagern. Dem Besucher wird ausführlich vermittelt, welche Reifefähigkeit und Wertigkeit der Saarwein erfährt und damit an eine reiche Geschichte anknüpft. Die Vinothek im Erdgeschoss ist an allen Tagen durchgehend geöffnet. Sie lädt zur Verkostung und zum Weinkauf ein.
Roman Niewodniczanski ist keiner, der den Stillstand erträgt. Diese Eigenschaft haben ihm seine Eifeler Vorfahren mitgegeben. Gemeinsam mit dem renommierten Wehlener Winzer Markus Molitor von der Mosel rekultivierte er einen Weinberg, den sich längst die Natur zurückerobert hatte.
Beharrlich kauften sich Niewodniczanski und Molitor von mehr als
50 Eigentümern Parzellen am Ockfener Geisberg zusammen, der einst – vor mehr als 100 Jahren – zu den besten Weinbergen der Welt gehörte. Niewodniczanski erzählt: „Vor ein paar Jahren probierten Markus und ich eine Flasche 1964er Geisberger. Der Geschmack war fantastisch, nach so vielen Jahren. Also beschlossen wir, gemeinsam in den Geisberg zu investieren."
Der Geisberg, ein von Süden nach Westen hin ausgerichteter Weinberg in steiler Hanglage, befindet sich in einem Seitental der Saar in Ockfen, in unmittelbarer Nähe zur Toplage Bockstein. Die gesamte Fläche beträgt 30 Hektar, fünf werden von Ockfener Winzern bewirtschaftet, neun Hektar am oberen Berg haben die beiden Herzblutwinzer der Natur wieder abgerungen und für den Weinbau nutzbar gemacht.
Alles war eine unglaubliche Arbeit. Viele 100 Bäume mussten gefällt, Gestrüpp und unzählige Sträucher entfernt werden, zudem musste der Berg begehbar gemacht werden. Auch mit diesem Weinberg wird es eine weitere Belebung des vergessenen Saarglanzes geben und wieder Spitzenweine erzeugt werden, die in Spitzenjahren um die Jahrhundertwende (19. bis 20. Jahrhundert) ebenbürtig mit Scharzhofberger (Saar), Brauneberger (Mosel) und Grünhäuser (Ruwer) waren. In der Blütezeit des Geisbergs um 1890 wurde laut alter Aufzeichnungen der Fass-Durchschnittspreis nur vom „Scharzhofberger"-Wein geschlagen.
Für Winzer Roman Niewodniczanski ist mit dem Neubau der Manufaktur erst einmal ein Höhepunkt in seinem Schaffen erreicht, und dies verdient außerordentlichen Respekt. Doch es lässt sich mutmaßen, dass sein Ideenpool noch lange nicht erschöpft ist. Er und andere werden weiter am besonderen Renommée des Saar-Rieslings arbeiten. Man darf wirklich gespannt sein, was die nächsten Jahre noch bringen.