Der 29. Juli ist der Erdüberlastungstag – wir haben die Ressourcen unseres Erdballs für dieses Jahr ausgeschöpft. Danach sind wir im Soll. Was wir jetzt verbrauchen, geht auf Rechnung künftiger Generationen. Doch bereits beim Ersatz für die alltägliche Plastikverpackung wird es schwierig, Alternativen zu finden.
Die Frage ist berechtigt und kommt eigentlich viel zu spät: Wie viele Plastikverpackungen braucht der Mensch? Auf jeden Fall zu viel. Jeder Deutsche produziert pro Jahr durchschnittlich beinahe 40 Kilogramm Verpackungsmüll. Das sind 6,2 Millionen Tonnen pro Jahr. Tendenz weiter steigend.
Dabei entsteht ein nicht unerheblicher Teil davon nur beim Einkauf des täglichen Bedarfs. Aber irgendwie müssen wir ja Obst und Gemüse, Apfelsaft und Pizza nach Hause schaffen. Das alles unverpackt in den Jutebeutel stopfen? Macht eigentlich auch keinen Sinn für die Umwelt, einfach die Verpackungen im Laden zu lassen. Der Verpackungsmüll ist ja trotz alledem da.
Die großen Lebensmittelhändler treten seit einigen Monaten schon auf die Verpackungsbremse oder versuchen es zumindest. Denn auch sie unterliegen dem deutschen Lebensmittelrecht und das ist in seinen Bestimmungen recht pingelig. So dürfen zum Beispiel keine Verpackungen aus recyceltem Kunststoff für den direkten Kontakt mit Lebensmitteln benutzt werden. Also: Was bei Duschgel funktioniert, ist bei der Marmelade verboten.
Allerdings: „Mit dem Recycling von Kunststoffen ist das auch so eine Sache", so Winfried Batzke vom Deutschen Verpackungsinstitut in Berlin. Denn allein eine herkömmliche Flasche fürs Duschgel kann aus bis zu vier verschiedenen Kunststoffarten bestehen, die sich gegenseitig bei der Wiedergewinnung blockieren. „Das heißt, diese ganzen Kunststoffe müssen alle voneinander getrennt werden, weil wir sonst kein brauchbares Plastikgranulat rausbekommen." Und das geht meistens nur per Handarbeit, was die Kosten für das wiederverwertbare Granulat nach oben treibt.
Also wird nun auf die Hersteller hingewirkt, zukünftig Verpackungen aus einer Sorte Kunststoff herzustellen, damit diese Verpackungen sofort wiederverwertet werden können. Dazu wurden extra das Verpackungsmittelgesetz verändert und die Recyclingrate hochgesetzt. Das Verpackungsinstitut (siehe ab Seite 80) bietet extra Schulungen für Verpackungsentwickler bei den Markenherstellern an. Unter dem Motto „Recycling for Design" sollen die Designer die Grundlagen der unterschiedlichen Kunststoffe kennenlernen: Welche gehen zusammen, welche schließen sich bei der Wiederverwertung aus?
Das fängt schon bei einer simplen Seltersflasche an. Der Flaschenkörper ist aus PET, doch der Verschluss ist aus einem anderen Kunststoff, beide zusammen können nicht recycelt werden. Doch das war dem Getränkeabfüller gar nicht so recht bewusst. Bis er von seinen Abnehmern mal darauf hingewiesen wurde.
Tonkrüge sind effizient, aber zu schwer
Aber könnte man nicht gleich Glasflaschen nehmen, die bis zu 50 Mal wiederbefüllt werden können? „Das ist sicherlich richtig und wäre ein Weg. Aber dabei muss man bedenken, Glasflaschen sind erheblich schwerer und müssen vor der Wiederverwertung ausgekocht werden", sagt Winfried Batzke. Also mehr Transportgewicht und sehr hohe Energiekosten schon bei der Produktion von Glas und dann bei der Wiederverwendung.
Aber auch bei sozusagen ganz natürlichem Verpackungsmaterial zum Beispiel aus Gras ist ein Haken dabei. Zwar haben Grasverpackungen eine bessere Energieeffizienz als zum Beispiel Verpackungen aus Altpapier. Doch das richtige Gras zur Produktion von Verpackungen ist nicht in den Mengen verfügbar, wie man das annehmen sollte. Also müsste man landwirtschaftliche Flächen umwidmen, auf denen dann nur Gras wachsen darf und keine Schafe, Pferde oder Kühe weiden dürften. Denn die würden das kostbare Gras ja wegfressen. Aber wovon sollen die Tiere dann leben, wenn wir ihr Gras für die Verpackungen brauchen?
Außerdem dürften Grasverpackungen auch nicht direkt mit Lebensmitteln in Kontakt kommen, weil sie aus organischem Material sind, das schimmeln oder faulen könnte. Das heißt, die Verpackung aus Gras müsste mit einer dünnen Kunststoffschicht überzogen werden, wie bei Getränkedosen. Doch damit ist die Verpackung aus Gras dann auch schon nicht mehr wirklich bio, weil nicht kompostierbar.
Ein anderer Weg raus aus dem Plastikwahnsinn wäre ein Grundstoff aus vergangenen Zeiten: gebrannter Ton. Wollen wir zukünftig tatsächlich umweltverträglich einkaufen, empfehlen sich Tonkrug oder Tonschale. Bereits vor 24.000 Jahren wussten die Menschen um die Vorzüge dieser Gefäße. Sie sind leicht zu verschließen, schützen vor Feuchtigkeit, Licht und Ungeziefer und können Lebensmittel kühlen. Zwei Tonkrüge ineinandergestellt mit einer Zwischenschicht aus feuchtem Sand halten durch Verdunstungskälte jeden Inhalt frisch.
Ton kommt in unseren Breiten zur Genüge im Boden vor und braucht beim Brennen zum Keramikgefäß nur etwa ein Viertel der Energie, die für die Produktion von vergleichbaren Glasgefäßen benötigt wird. Damit ist der Tonkrug dem Glas in puncto Energieeffizienz zunächst mal überlegen, weil er ja auf den ersten Blick eine wesentlich bessere CO2-Bilanz hat.
Allerdings schmilzt dieser Vorteil beim Transport wieder dahin. Denn ein dickwandiger Tonkrug mit einem Füllvolumen von einem Liter ist gut und gern 100 Mal schwerer als eine dünnwandige Kunststoffflasche. Das wiederum erhöht das Gewicht beim Transport erheblich. Ein Lkw mit 40 Tonnen Zuladung könnte nicht mal mehr ein Drittel seiner herkömmlichen Ladung zum Supermarkt transportieren. Damit würden sich die Fahrten für die gleiche Menge verdreifachen – und das kostet wieder jede Menge CO2. Ganz abgesehen von den überfüllten Straßen und Autobahnen. Wie man es auch anstellt, irgendwie macht man es bei der Verpackungsfrage dann doch wieder verkehrt.
Bevor wir alle auf Ton umsteigen, sollte der Erdüberlastungstag Anlass genug sein, über unseren Verbrauch an Lebensmitteln, Textilien und Treibstoff insgesamt nachzudenken. Statt immer mehr von allem vielleicht mal weniger von manchem. Die Erde wird sich nicht endlos überlasten lassen.