Welche Verpackung ist die richtige? Die Ökobilanz kann ganz unterschiedlich ausfallen, je nach Gewicht, Zusammensetzung und Recyclingfähigkeit. Ein Interview mit Winfried Batzke vom Deutschen Verpackungsinstitut (DVI).
Herr Batzke, Ihren Kunststoffverpackungen geht es ja derzeit richtig an den Kragen ...
Ich kann die Aufregung und die Debatte um die Kunststoffverpackungen absolut verstehen, denn wir haben nur diese eine Welt, auf der wir leben. Und wenn dann in den Mägen von verendeten Walen kiloweise Plastikmüll gefunden wird, dann macht das den Menschen Angst. Das geht so nicht. Aber bei aller berechtigten Kritik: Was sind die Alternativen zu den Kunststoffverpackungen? Da wird es dann sehr eng, weil die Plastikverpackung eine sehr leichte, sehr vielseitige und vor allem auch preiswerte Variante ist, zum Beispiel, um Lebensmittel zu verpacken.
Aber ist die Gewinnung des Kunststoffgranulats, also das Schreddern alter Plastikverpackungen, nicht ziemlich arbeits- und energieintensiv?
Das ist zum Teil richtig, doch mittlerweile gibt es bei den Abfallverwertern Hochleistungsmaschinen, die automatisch die verschiedenen Kunststoffarten erkennen und vollautomatisch aussortieren. Dass Menschen an den Bändern stehen und verschiedene Kunststoffe aussortieren, kommt nicht mehr so häufig vor. Und bei der Herstellung von neuen Plastikgebinden wird Wärme gebraucht. Aber dafür müssen sie nicht neuen Kunststoff herstellen, denn sie dürfen ja eines nicht vergessen: Plastik ist immer auch ein Produkt, dessen Grundstoff Erdöl ist, und je weniger davon gebraucht wird, desto besser. Und im Übrigen macht es ja Sinn, wenn man ohnehin vorhandenes Plastik wiederverwertet.
Was ist mit Alternativen?
Selbstverständlich gibt es Alternativen, aber bleiben wir zunächst mal beim Kunststoff. Wie gesagt, der kann ja zum Beispiel nach dem Gebrauch recycelt werden. Aber da stoßen Sie dann an rechtliche Grenzen. Denn recycelter Kunststoff ist für Verpackungen mit direktem Kontakt zu Lebensmitteln in Europa nicht zugelassen. Also dürfen Sie die Margarine nicht in recyceltem Kunststoff einpacken. Begründung: Die recycelte Verpackung könnte verunreinigt sein. In einer früheren Seltersflasche könnte man ja zum Beispiel auch Motoröl eingelagert haben.
Aber dafür gibt es neuerdings Biokunststoffe, oder?
Es gibt zwei große Arten von Biokunststoffen, und da muss man dann auch sehr genau differenzieren. Es gibt Biokunststoffe, die aus nachwachsenden Ressourcen hergestellt werden, also sind die biobasiert. Die werden zum Beispiel aus Mais oder Zuckerrohr hergestellt. Da stellt sich dann natürlich die Frage, ob es das in Anbetracht des Hungers in der Welt gut ist, landwirtschaftliche Anbauflächen für die Gewinnung von Verpackungen zu benutzen, aber das ist eine andere Debatte.
Diese Verpackungen sind zumindest kompostierbar.
Vorsicht, das ist dann die zweite Sorte von Biokunststoffen: Verpackungen, die biologisch abbaubar sind. Das heißt, Kunststoffverpackungen, die kompostierbar sind, die nach einer gewissen Zeit verrotten und sich auflösen. Aber das heißt nicht, dass alle Biokunststoffe aus nachwachsenden Ressourcen auch biologisch abbaubar, also kompostierbar sind. Dass eine bedingt nicht das andere. Das liegt daran, dass biobasierte Kunststoffe nur zum Teil aus Biomasse, also Mais oder Zuckerrohr, bestehen.
Woran erkenne ich denn als Kunde, was ich da für eine Kunststoffverpackung in der Hand halte?
Das ist das große Problem. Die Biokunststoffe sind mittlerweile so gut gemacht, dass Sie als Kunde kaum eine Chance haben, sie von den herkömmlichen Kunststoffen zu unterscheiden. Sie müssen sich also darauf verlassen, was der Hersteller auf die Verpackung schreibt. Bei der Entsorgung wird es nun richtig kompliziert. Der Biokunststoff, der sich nicht selbst abbaut, gehört eigentlich in den gelben Sack. Doch die Recyclingfirmen sortieren den dann wieder aus, weil der das neu entstehende Kunststoffgranulat verunreinigt. Habe ich eine biologisch abbaubare Plastikverpackung, könnte man die ja einfach mit in die Biotonne werfen, denn sie baut sich ja von selbst ab und löst sich auf. So weit, so richtig. Aber die professionellen Verwerter beim Müllrecycling sortieren die biologisch abbaubaren Verpackungen wieder aus, weil der Verrottungsprozess viel zu lang dauert. Und damit landet dann unser Biokunststoff, egal ob abbaubar oder nicht, im Zweifel wieder im Hausmüll und damit in der Müllverbrennungsanlage und sorgt dann dort für weitere CO2-Emissionen.
Also weg vom Kunststoff, hin zum Beispiel zu Verpackungen aus Bananenblättern?
Grundsätzlich gebe ich Ihnen Recht. Allerdings nur, wenn Sie die Bananenblätter auch da einsetzen, wo die Bananen auch wachsen, dann sind sie als Ersatz für Kunststoff unschlagbar. Doch wenn die Bananenblätter erst mal hergeschafft werden müssen – mit dem Schiff oder sogar mit dem Flugzeug – macht das von den CO2-Emissionen her schon keinen Sinn mehr. Und wenn Sie in Deutschland die Verpackungen aus Bananenblättern in die Biotonne werfen, wird der Kompostierer die da rausholen, denn Bananenblätter brauchen viel länger für den Verfallsprozess als etwa Gras. Und dann landen sie im Zweifelsfall wieder im Hausmüll.
Das heißt, wie man es auch dreht und wendet, wir landen immer wieder beim Kunststoff ...
Zumindest bei der Lebensmittelversorgung würde der flächendeckende Ersatz von Kunststoff sehr aufwendig und dann auch recht teuer. Als Verbraucher kann ich dann nur Folgendes machen: Ich habe immer meine Glasschälchen oder meinen Tonkrug mit dabei und fülle mir im Laden alles darin um. Bedenken Sie dann auch, wie viel Sie dann nur an Verpackungen mit zum Laden schleppen müssten. Und die große Preisfrage ist dann, wie kommen die Erdbeeren, oder die Fertigsuppe in die Läden. In großen Kübeln? Das Umsteuern ist schön und gut. Aber in unserer heutigen Zeit mit Fertiggerichten und Tiefkühlkost wird das nicht so einfach. Natürlich muss man darüber nachdenken, wie man sparsamer und effizienter mit Kunststoff umgeht, aber ganz darauf verzichten wird man zumindest bei der Lebensmittelversorgung wohl nicht können.
Vor allem in einer Zeit, wo immer mehr im Internet bestellt wird …
Das kommt da noch mit hinzu. Wobei die Umverpackungen im Konsumgüterbereich ja schon auf Kunststoff verzichten und dafür Altpapier nehmen. Aber auch hier gilt wieder, wenn ich aus Altpapier neue Verpackungen mache, brauche ich dafür viel Energie. Das Altpapier wird vom Lkw eingesammelt, dann von der Sammelstelle in meiner Stadt zu einem zentralen Recyclinghof gefahren, die sind von Berlin aus bis zu 600 Kilometer entfernt. Dort wird das Altpapier mit sehr viel Wasser und Hitze aufbereitet und dann werden die neuen Verpackungen gepresst. Also auch die Schadstoffemissionen beim Altpapier sind nicht ganz ohne. Auch wenn sich das im ersten Augenblick ganz anders anhört.