Ein halbes Jahrhundert nach der Mondlandung rückt der Erdtrabant wieder in den Fokus. Gleiche mehrere Nationen wollen ihn wieder besuchen oder gar besiedeln. Ähnliche Projekte gibt es für den Mars. Dabei hat sich in den vergangenen 50 Jahren in Sachen Antriebstechnik nichts geändert.
Wernher von Braun hatte schon 1948 eine Vision. Obwohl der Mond noch in weiter Ferne lag, plante er bereits Flüge zum Mars. Es klingt zwar wie Science-Fiction, was der Wissenschaftler da vorhatte, aber in seinem Buch „The Mars Project", das 1952 in den USA veröffentlicht wurde, beschrieb er detailliert seine Vorstellungen. Zehn Raumschiffe sollten es sein mit einer Besatzung von 70 Personen, die für die erste Marsmission vorgesehen waren. Ein gigantisches Projekt, das aber bald in der Versenkung verschwand.
Spätestens 1961, nach der berühmten Kennedy-Rede, begann der Wettlauf zwischen den USA und der Sowjetunion zum Mond, der in der unglaublich kurzen Zeit von acht Jahren 1969 zur erfolgreichen Landung der ersten Menschen auf dem Erdtrabanten führte. Die Russen dagegen scheiterten mit ihrem Mondprogramm kläglich. 1972 war dann erst einmal Schluss mit bemannten Flügen zum Mond, und es schloss sich eine lange Pause an – auch aus finanziellen Gründen. Es gab zwar in den 70er-Jahren mit Skylab und Sojus-Apollo noch bemannte Flüge, aber nicht mehr zum rund 380.000 Kilometer entfernten Mond, sondern nur noch in Umlaufbahnen um die Erde. Sojus-Apollo, ein Gemeinschaftsprojekt mit der UdSSR, erwies sich als zaghafte Annäherung der beiden großen Raumfahrtnationen, die aber in der amerikanischen Öffentlichkeit heftig kritisiert wurde.
Weitere Missionen waren danach nur in einer internationalen Kooperation denkbar, aber es dauerte bis 1988, ehe mit dem Bau der ISS, der internationalen Raumstation, begonnen wurde. Jetzt war auch der ehemalige Erzfeind, die Sowjetunion, wieder mit im Boot – neben zahlreichen anderen Nationen. Auch für Deutschland begann eine fruchtbare Zeit der Zusammenarbeit, denn die ISS entwickelte sich zu einem gigantischen Forschungslabor. Allerdings mit Verfallsdatum, denn 2024 soll Schluss sein mit der Internationalen Raumstation – es sei denn, die Lebensdauer wird um einige Jahre verlängert. Technisch wäre das ohne Weiteres möglich.
Ein neuer Wettlauf um die Vorherrschaft im All hat begonnen
So langsam kommt auch wieder Bewegung in die Planung von neuen bemannten Missionen, zunächst zum Mond und später zum Mars. In der jüngsten Zeit überschlagen sich geradezu die Ankündigungen, wann wieder Menschen auf dem Mond landen und leben können. Elon Musk, amerikanischer Unternehmer und Raumfahrt-Astrologe vom Dienst, sieht die erste Landung bereits 2022, und bis 2024 hat er vor, Astronauten zum Mars zu schicken. Wie er das schaffen will, lässt er allerdings offen. Es ist schon ein großer Unterschied, ob er mit seiner SpaceX-Rakete die 400 Kilometer von der Erde entfernte ISS mit Gütern versorgt oder die rund 57 Millionen Kilometer zum Mars fliegt. Aber Trommeln gehört zum Geschäft, und vielleicht will er ja auch nur Autos verkaufen.
Ernst zu nehmen sind dagegen die Pläne der Nasa, bis 2025 wieder US-Astronauten zum Mond zu schicken. Technisch ist das kein allzu großes Problem, aber um dann später eine Mondbasis zu bauen, müsste der amerikanische Steuerzahler tief in die Tasche greifen. Das Apollo-Programm hat nach heutigen Preisen weit mehr als 100 Milliarden Dollar verschlungen. Neue Mondpläne würden vermutlich mit einem Vielfachen zu Buche schlagen. Kritiker warnen bereits jetzt davor und sehen kaum einen Nutzen für die Menschheit.
Dem lässt sich entgegenhalten, was Wernher von Braun zu diesem Thema zu sagen hatte, dem ich 1971 in Houston genau diese Frage gestellt habe. Seine damalige Antwort: „Wir haben Elemente in der Raumfahrt, die heute schon Geld machen. Denken Sie an die Nachrichtensatelliten. Ich glaube, dass die Geschichte der Menschheit und vor allem die der Wissenschaft und Technologie bewiesen hat, dass die Zunahme des Wissens ein sehr hoch verzinsbarer Wert ist."
Es gibt aber auch ganz andere Gründe – nicht nur für die USA –, einen neuen Wettlauf um die Vorherrschaft im All zu starten. Der neuen Weltmacht China ist es in diesem Jahr gelungen, mit der Sonde Chang’e-4 auf der Rückseite des Mondes zu landen und erfolgreich einen Rover abzusetzen. In wenigen Monaten soll Chang’e-5 folgen. Außerdem setzt China auf den Bau einer eigenen Raumstation, die wie die ISS eine Umlaufbahn von etwa 400 Kilometern um die Erde haben soll. Die China Space Station (CSS) könnte 2020 mit dem ersten Modul in Betrieb gehen, und in zehn Jahren will das Reich der Mitte am Südpol des Mondes eine Forschungsstation errichten. Es ist bekannt, dass China solche Projekte mit ungeheurem Tempo vorantreibt, was natürlich eine Herausforderung für die Amerikaner ist. Sputnik lässt grüßen.
Aber heute forschen Amerikaner und Russen gemeinsam und planen bis 2024 den Bau einer Station, die den Mond umrunden soll. Der Projektname: Deep Space Gateway. All das läuft allerdings unter dem Vorbehalt, dass der amerikanische Kongress die entsprechenden Mittel absegnet, und da gibt es noch viele Fragezeichen. Auch Europa soll mit der ESA beteiligt werden, aber es geht auch hier um viele Milliarden Euro, die erst einmal aufgebracht werden müssen.
Es gibt immer wieder neue Ansätze, solche Programme billiger zu gestalten, und bereits während des Apollo-Programms hat sich Eberhard Rees, Direktor des Marshall Space Flight Centers in Huntsville, Alabama, und Stellvertreter Wernher von Brauns, darüber Gedanken gemacht, wie man den Transport der Bauteile einer Mond- oder Marsstation vereinfachen könnte. Der Mitkonstrukteur der gewaltigen „Saturn V"-Mondrakete konnte sich bereits damals einen Pendelverkehr mit einem Shuttle zwischen einer Station in der Erdumlaufbahn und einem Pendant in der Mondumlaufbahn vorstellen. Von dort aus wäre dann ein weiterer Pendelverkehr zum Mond möglich gewesen. Aber auch Rees hatte den Mars im Visier, den er mit neuartigen Raketen von einer Erdumlaufstation ansteuern wollte.
Ernst zu nehmende Vorhersagen sind aktuell nicht möglich
Das Problem war damals wie heute das Antriebssystem der Raketen. Seine Antwort 1971: „Wir haben bei diesem Programm früh an eine Nuklear-Rakete gedacht, die sehr geschickt sein würde, um so etwas zu machen. Wir haben viele Programme auf dem Papier ausgearbeitet, was für Raketenantriebe notwendig wäre, um zum Beispiel Menschen auf dem Mars zu landen oder noch weiter zu gehen, aber wir sind immer auf Flüssigtreibstoff-Raketen in Kombination mit Nuklear-Raketen zurückgekommen."
Damals gab es gegen die Atomenergie noch keine Vorbehalte. Heute würde das zumindest im Westen keiner mitmachen. Ob das aber auch für China gilt, ist die Frage. Immerhin wäre es die Lösung eines Problems.
Insofern wird es in der westlichen Welt aber noch lange Zeit bei den traditionellen Antrieben bleiben. Selbst das ist schwierig genug, denn für die 500 Tage dauernde Reise zum Mars einschließlich Aufenthalt sind erhebliche Lasten zu transportieren. Ganz abgesehen von ganz anderen Problemen, die noch lange nicht erforscht sind. So müssen die Astronauten mit lebensgefährlicher kosmischer Strahlung rechnen. Dafür benötigt das Raumschiff eine besondere Schutzhülle. Die wiederum erhöht das Gewicht beträchtlich und kostet zusätzlichen Treibstoff. Ernsthaft kann deshalb niemand eine Vorhersage machen, wann die ersten Menschen den Fuß auf den Mars setzen werden. Der deutsche ehemalige Astronaut Professor Ulrich Walter hat zwar das Jahr 2048 angepeilt, aber auch das ist nicht mehr als eine Vermutung.
Wissenschaftler denken zuerst an das technisch Machbare, aber weniger an die Kosten. Der amerikanische Präsident George Bush Senior soll 1992 erschrocken abgewinkt haben, als eine Schätzung für ein Marsprogramm auf 400 Milliarden Dollar kam. Die heutigen Kosten kann niemand seriös ermitteln. Der Nutzen steht ebenfalls in den Sternen, auch wenn Wernher von Braun anderer Ansicht war. Beim Apollo-Programm war die erste Euphorie schnell verflogen, denn eigentlich war geplant, mit dem Mondprogramm noch länger weiterzumachen. Das wurde damals zur großen Enttäuschung Wernher von Brauns nach Apollo 17 gestoppt. Und auch die Prophezeiung von Neil Armstrong „That’s one small step for (a) man – one giant leap for mankind", also: „Ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein Riesenfortschritt für die Menschheit", hat sich angesichts zahlloser Kriege und anderer Probleme auf der Erde nicht erfüllt.