Nächste Woche startet die Regionalliga Nordost 2019/20. Platz eins wird umkämpfter als zuletzt, den Aufstieg bedeutet er aber noch nicht.
Wenn die neue Saison am 26. Juli mit der Begegnung Lok Leipzig gegen Hertha BSC II startet, dann wissen die ambitionierten unter den 18 Clubs der Regionalliga Nordost, dass der Meister am Ende (wieder) in die Relegation muss. Dank des Turnus konnte der Chemnitzer FC 2018/19 ohne diesen Umweg in die Dritte Liga aufsteigen, nun muss sich der Erstplatzierte noch mit dem Sieger aus der West-Staffel messen. Mit Absteiger Energie Cottbus kommt obendrein ein Verein dazu, dem per se gute Chancen auf Platz eins zugetraut werden. Die Lausitzer waren schließlich im Nordosten vor zwei Jahren schon das überragende Team mit am Ende 31 Punkten Vorsprung auf Platz zwei. Nun sind die Cottbusser also nach nur einem Jahr wieder zurück in der Vierten Liga – doch die Vorzeichen durchaus anders. Das spürte wohl auch Claus-Dieter Wollitz – Energies Trainer knüpfte sein Verbleiben nach dem Abstieg jedenfalls an die Bedingung, ein Budget für eine mögliche Rückkehr in die Dritte Liga zur Verfügung gestellt zu bekommen. Der Verein und Wollitz erzielten darüber zwar Einigung, Sparmaßnahmen sind aber dennoch angesagt. Ein gutes Dutzend Spieler ohne Vertrag für die Regionalliga verließ den Club ablösefrei. Demgegenüber stehen als Zugänge vor allem Talente – mit Tobias Hasse (rechte Außenbahn, aus Erfurt) und Jan Koch (Abwehr, BAK) besitzen bislang nur zwei Neue ausreichende Erfahrung in der vierten Spielklasse. Vieles bei Energie wird also wohl damit zusammenhängen, ob „Pele" Wollitz ein Team mit dem entsprechenden Geist bilden kann – eine herausragende Rolle wie noch 2017/18 werden die Lausitzer so aber nicht spielen.
Meister muss in die Relegation
Ginge es darum, einen Verein zu benennen, der mit dem Aufstieg „an der Reihe wäre", käme man an Wacker Nordhausen nicht vorbei: Nur einmal in den letzten fünf Spielzeiten landeten die Thüringer nicht unter den „Top 3" der Regionalliga Nordost. Heiko Scholz, der im vergangenen Winter bei Wacker anheuerte, bewies mit seinem Schnitt von rund zwei Punkten pro Spiel in der Rückrunde 2018/19, dass er der Richtige für das Traineramt ist. Mit Jan Löhmannsröben (28, von Kaiserslautern) kehrt dazu ein gestandener Spieler mit reichlich Drittligaerfahrung (Magdeburg, Jena, FCK) zurück nach Nordhausen, wo er sich dem laut „transfermarkt.de" teuersten Kader der Spielklasse anschließt (Stand: 1. Juli). In der Vorbereitung besiegte man sogar den Zweitligisten Dynamo Dresden in einem Test mit 3:2 – das Ergebnis wollte Trainer Scholz aber selbstredend nicht überbewerten. Nimmt man die Erfolgsgeschichte des Chemnitzer FC – Aufstieg trotz Insolvenzverfahrens – aus der vergangenen Saison, ist diesmal auch mit dem FC Rot-Weiß Erfurt zu rechnen. Ex-Profi Thomas Brdaric wird dort erstmals in seiner Trainerlaufbahn in ein zweites Jahr gehen und hat den Kader trotz des einen oder anderen Abgangs noch einmal verstärkt. Mit Alexander Schmitt (Mittelfeld, aus Halberstadt), Marc Brasnic (Sturm, BFC Dynamo) und dem hünenhaften Sinisa Veselinovic (Sturm, Norderstedt) verstärkt Rot-Weiß vor allem die Offensive. Auch ein weiterer großer Name des „Ostfußballs", der 1. FC Lokomotive Leipzig, hegt Hoffnungen auf eine Spitzenposition in der beginnenden Spielzeit. Der Tabellensechste der vergangenen Saison hat sich punktuell mit Romario Hajrulla (Sturm, Meuselwitz) und Aykut Soyak (Mittelfeld, Viktoria 89) von der unmittelbaren Konkurrenz bedient, dazu kommt mit Leon Heynke ein 19-jähriges Talent für die Abwehr von Drittligist Magdeburg. Nach dem Wiederaufstieg des Stadtrivalen BSG Chemie wird es 2019/20 dazu auch wieder zwei brisante Leipziger Derbys um Punkte geben.
Erster Kandidat im Meisterrennen aus der Hauptstadt dürfte auch diese Saison wieder der Berliner AK sein. Stolze 70 Punkte reichten vergangene Saison nur zu Platz zwei, wegen der Chemnitzer Dominanz hatte man aber gar nicht erst die Drittligaunterlagen eingereicht. Dennoch avancierten die Athleten in der Rückrunde 2018/19 zum punktbesten Team. Mit Koch (nach Cottbus) und Özcan (Münster) verliert Trainer Ersan Parlatan zwar zwei Stammspieler, bekommt aber gleich acht Neue mit Regionalligaerfahrung dazu. Bereit für positive Schlagzeilen ist man auch beim FC Viktoria 1989 – im Winter stand der Club noch vor dem wirtschaftlichen Aus. Inzwischen wurde aber ein Geldgeber gefunden, der den Spielbetrieb trotz Insolvenzverfahrens garantiert. Die Mannschaft bewies schon in der Rückserie Charakter und gewann dazu den Berliner Pokal. Die daraus resultierende Teilnahme am DFB-Pokal –
in der ersten Runde geht es gegen Zweitligist Arminia Bielefeld – dürfte da zumindest eine willkommene Zusatzeinnahme bescheren. Trotzdem musste man Qualität zur Konkurrenz ziehen lassen. Der neue Trainer Benedetto Muzzicato kennt bei Viktoria nur Yannis Becker, der wie er von Nord-Regionalligist BSV Rehden kommt. Dazu kehrt mit Christoph Menz (Braunschweig) ein enorm erfahrener Spieler nach nur einem halben Jahr wieder zurück.
Verjüngung des Kaders bei der VSG Altglienicke
Nachdem man in den vergangenen Jahren viel auf prominente Ex-Profis wie Brunnemann, Mattuschka, Quiring oder Ede gesetzt hatte, steht bei der VSG Altglienicke nun die Verjüngung des Kaders auf dem Plan. Zwei Jahre Abstiegskampf reichen den Verantwortlichen – diesmal soll es ein Platz werden, der dem finanziellen Aufwand gerecht(er) wird. Einziger bekannter, neuer Name in diesem Jahr: Coach Karsten Heyne (64), der früher unter anderem lange Jahre für die Reserve von Hertha BSC tätig war. Dort – bei der U23 des Bundesligisten –
nimmt ab dieser Saison wiederum „Zecke" Neuendorf auf der Trainerbank Platz, um Arbeit und gute Resultate seines Vorgängers Ante Covic fortzuführen. Abspecken heißt es dagegen beim BFC Dynamo: Aufgrund geringerer Einnahmen im Sponsoring müssen die „Weinroten" dieses Jahr die Ambitionen kleiner formulieren. Einige Stützen haben den Club verlassen, mit Andor Bolyki (Fürstenwalde), Daniel Schaal (Wiedenbrück) und Andreas Pollasch (FSV Frankfurt) waren dagegen nur drei Neuzugänge vergangene Saison Stammspieler in der Regionalliga. Vom ersten Tag nur um den Klassenerhalt wird es für Aufsteiger SV Lichtenberg 47 gehen. Der Kiez-Club aus dem Berliner Osten verfügt mit Abstand über den kleinsten Etat der Liga und wird auch eine Klasse höher versuchen, als verschworene Gemeinschaft zu punkten. Vielleicht profitiert man am Ende aber auch von einem Rückzug, so wie just Optik Rathenow: Sportlich waren die Havelstädter abgestiegen, doch der FC Oberlausitz ging freiwillig in die Oberliga zurück. Das mochte beinahe wie ein Präsent für Rathenows Trainer Ingo Kahlisch erscheinen – der feierte nämlich gerade sein 30. Jahr als Optiks Übungsleiter.